Kommentar
01:00 Uhr, 03.03.2008

Pleitewelle bei Banken ? - Belastungstest der Tiefs am Aktienmarkt ?

Erwähnte Instrumente

US-Notenbankchef Ben Bernanke hat in dieser Woche vor möglichen Pleiten im US-Bankensektor gewarnt. Das ist starker Tobak. Wenn der Chef der wichtigsten Finanzbehörde der Welt zu derart markigen Worten greift, dann bedeutet dies zweierlei:

Zum Einen dürfte eine Lösung der Finanzkrise noch in weiter Ferne liegen. Und zum Zweiten ist die Lage vermutlich wesentlich schlimmer als dies in der Öffentlichkeit bislang bekannt ist.

Denn eines muss klar sein: Wenn die sonst üblichen Beschwichtigungsreden derart ungehemmt fallen gelassen werden, dann muss die Lage wirklich ernst sein. Und auch wenn Bernanke davon spricht, dass die großen, international agierenden Konzerne nicht gefährdet seien, muss man davon ausgehen, dass es in absehbarer Zeit erste Konkurse im Bankensektor geben wird.

Wichtiger Hinweis: Diese Markteinschätzung ist Teil der Weekend Edition auf GodmodeTrader. Diese Week End Edition können Sie immer Samstags und Sonntags einsehen. Ab Montag 00.00 Uhr wird die Week End Edition wieder ausgeblendet. Besuchen Sie uns also auch am Wochenende und lesen Sie die Kommentare mit Wochenrückblick und -ausblick.
Was macht den Notenbankchef eigentlich so sicher, dass Großkonzerne wie etwa eine Citigroup (US-Kürzel C) angesichts eines gigantischen Schuldenberges nicht gefährdet sein sollen? Für die beiden prominenten Spitzeninstitute Goldman Sachs (US-Kürzel GS) und Lehman Brothers (US-Kürzel LEH) jedenfalls erwarten Experten die schlechtesten Quartalsergebnisse seit Jahren. Die Äußerungen des Fed-Chefs klingen da eher wie das Pfeifen im Walde....

Man könnte es so sagen: Die Worte von Ben Bernanke sind ein klares Warnsignal. Der Notenbankchef möchte die Märkte vermutlich auf noch weit schlimmere Überraschungen vorbereiten, als wir sie bislang gesehen haben. Denn eine Bankenpleite, sozusagen aus „heiterem Himmel“, sofern man angesichts der aktuellen Gemengelage hiervon überhaupt sprechen kann, würde an den Märkten mit einiger Sicherheit einen dramatischen Einbruch auslösen.

Die sich bei den US-Banken abzeichnende Bodenformation jedenfalls wurde am Freitag mit einem Minus von mehr als vier Prozent in arge Bedrängnis gebracht:

Überhaupt kann man darüber sinnieren, ob nach der Hypothekenkrise die nächste Kreditkrise unmittelbar bevorsteht. Es stellt sich die Frage, ob die Verbraucher nach den monatlichen Ratenzahlungen für Haus und Auto auch beim Abstottern der Visa- und Mastercard-Schulden ins Hintertreffen geraten. Womöglich will das Kreditkartenunternehmen Visa ja auch aus diesem Grund in einem derart unruhigen Fahrwasser ganz plötzlich an die Börse...

Fakt ist: Die konsumfreudigen US-Bürger haben einen gewaltigen Schuldenberg aufgebaut. Allein in 2007 sind die Kreditkartenschulden auf 2,2 Billionen US-Dollar angewachsen. Die Gesamthöhe der Verbindlichkeiten ist in den vergangenen zwanzig Jahren um mehr als 300 Prozent gestiegen. Nach Angaben des Brancheninstituts CardTrack liegt die Zahl der insolventen Kunden auf dem höchsten Stand seit drei Jahren.

Verbrauchervertrauen bricht ein...
Es passt ins Bild, dass der Verbrauchervertrauensindex im Februar regelrecht eingebrochen ist: Mit 75 nach 87,3 Punkten hatte er deutlich unter den Erwartungen der Analysten von 84 Zählern gelegen. Dabei hatten sowohl die Einschätzung der gegenwärtigen Lage als auch die Erwartungen kräftig nachgegeben. Ein vergleichbarer Rückgang der Verbraucherstimmung war zuletzt im Herbst 2005 nach den verheerenden Hurrikans im Golf von Mexiko registriert worden...

Insgesamt signalisiert der kräftige Einbruch ein steigendes Risiko, dass die US-Verbraucher ihr Konsumverhalten künftig drosseln werden. Und es wird immer offensichtlicher, dass die US-Wirtschaft auf eine Rezession zusteuert, oder besser gesagt: Sie befindet sich bereits mittendrin.

Das belegen auch jüngste Konjunkturdaten: Der Chicagoer Einkaufsmanager-Index war im Februar auf 44,5 Punkte eingebrochen, nach 51,5 Punkten im Vormonat. Volkswirte hatten einen Rückgang auf 49,5 Punkte prognostiziert.

Dollar im Sinkflug...
Auch der jüngste Schwächeanfall des US-Dollar dürfte vielen US-Bürgern nicht gefallen. Die schwache US-Währung sorgt für einen rasanten Anstieg der in US-Dollar notierten Rohstoff-Preise, was insbesondere in den USA zunehmend Probleme macht:

Während der starke Euro hier zu Lande die Teuerungen an der Tankstelle oder im Supermarkt noch ein wenig abfedern kann, schlagen die hohen Preise in den USA voll durch. Auch angesichts der extrem niedrigen Sparquote in den USA, wird den US-Konsumenten gar nichts anderes übrig bleiben, als den Gürtel enger zu schnallen.

Der jüngste Kursverlauf beim Wechselkurs-Verhältnis Euro / Dollar ist sehenswert und deutet darauf hin, dass das Ende der Entwicklung noch nicht erreicht ist. Die psychologisch wichtige Marke von 1,50 US-Dollar je Euro wurde in dieser Woche locker übersprungen:

Gold und Öl honorierten den Schwächeanfall des US-Dollar in dieser Woche mit weiteren Rekorden: Beim Ölpreis ist die Zone von 100 US-Dollar je Barrel gefallen, beim Gold rückt die magische 1.000-Dollar-Marke in greifbare Nähe:

Es ist bemerkenswert, dass die US-Notenbank den Einbruch des Greenback in dieser Woche nicht weiter kommentierte. Bei früheren Gelegenheiten hatte man immer wieder betont, der Dollar sei stark und werde seiner Rolle als Weltleitwährung auch in Zukunft gerecht werden. Jetzt sieht so aus, als hätte die Notenbank geradezu ein Interesse daran, den Dollar weiter abwerten zu sehen. Darauf weisen etwa die sorgenvollen Äußerungen der Fed über das abnehmende Wirtschaftswachstum hin, womit weitere Zinssenkungen in Aussicht gestellt wurden.

Aus der Sicht der Notenbank hat der Verfall des Dollar auch Vorteile: Zum einen sorgt die billige US-Währung dafür, dass US-Exportgüter wieder verstärkt nachgefragt werden. Die amerikanische Exportindustrie dürfte hierdurch stimuliert werden. Insbesondere international tätige US-amerikanische Großkonzerne könnten davon profitieren. Zum anderen bewirkt die mit der Dollarschwäche über steigende Rohstoffpreise einhergehende Inflation, dass die Schuldenbelastung sinkt.

Aus antizyklischer Sicht ist bemerkenswert, dass sich die Aktienkurse angesichts der schlechten Konjunkturnachrichten und der Rekordjagd beim Ölpreis recht gut gehalten haben – jedenfalls bis jetzt. Es fragt sich nur, wie lange die Optimisten den hohen Ölpreis noch ignorieren können.

Insbesondere der US-Transport-Index zeigte in dieser Woche eine schwache Vorstellung. Der zuletzt angedeutete leichte Aufwärtstrend löste sich am Freitag in Wohlgefallen auf. Wegen der Funktion der Transportfirmen als Frühindikator für den breiten Markt, muss man auf die weitere Entwicklung in den kommenden Tagen besonders achten. Wichtig ist jetzt, dass der Index in der kommenden Woche nicht nachhaltig unter die blau eingezeichnete 50-Tage-Linie rutscht. Am Freitag hatte der Index die Linie kurzzeitig unterschritten:

Doch womöglich muss man gar nicht so schwarz sehen. Ein anderer Index, der ebenfalls Frühindikator-Funktion besitzt, zeigt erste zaghafte Ansätze einer Bodenbildung. Bei den US-Halbleiter-Firmen weisen positive Divergenzen (blaue Linien) bei MACD und RSI auf eine möglicherweise bevorstehende Trendwende hin:

Auch hier ist die 50-Tage-Linie (blau) zu beachten. Gelingt in den kommenden Tagen der Sprung über diese Hürde, könnte im Technologie-Sektor eine Aufholjagd starten. Auf dieses Signal sollte man sicherheitshalber aber noch warten.

Insgesamt scheint die Lage im Technologiebereich besser zu sein als die Stimmung: Internationale Großkonzerne wie Hewlett-Packard (US-Kürzel HPQ) oder IBM (US-Kürzel IBM) konnten zuletzt mit glänzenden Ergebnissen überzeugen. Vor allem im traditionell starken zweiten Halbjahr könnten die Gewinne in der IT-Branche zulegen. Die verprügelten Aktien aus dem Nasdaq 100 könnten dann wieder interessant werden.

Risikobereite Trader könnten etwa zum Mini Future Long auf den Nasdaq100 mit der WKN GS2MMV DE000GS2MMV3 von Goldman Sachs greifen. Die Knock-Out-Schwelle liegt bei 1.460 Punkten, der Hebel bei 5,0.
Deutlich riskanter ist das Turbo-Bull Zertifikat der Commerzbank mit der WKN CB9CAT, ISIN DE000CB9CAT1. Die variable Knock-Out-Schwelle liegt bei 1.650 Punkten, der Hebel bei 14,6.
Für vorsichtige Anleger ist das währungsgesicherte Open End Index Zertifikat auf den Nasdaq 100 von ABN Amro mit der WKN ABN8HY, ISIN NL0000194405 geeignet.

Wer schon jetzt einsteigt, sollte den Stop-Loss knapp unterhalb von 1.690 Punkten nicht vergessen.

Und es gibt noch weitere Hoffnungsschimmer: Nach Angaben des Handelsblattes haben die Aktien-Käufe deutscher Firmeninsider zuletzt sogar die bisherigen Rekordwerte aus dem Frühjahr 2003 übertroffen. Von da an ging es mit den Kursen seinerzeit steil bergauf.

Dabei muss man aber berücksichtigen, dass auch die Insider beim Timing oftmals kein allzu gutes Händchen haben: Gerade in ausgeprägten Abwärtstrends geht den Firmenlenkern mitunter der Gaul durch und sie steigen viel zu früh wieder ein – aber warum soll es den Bossen besser gehen als dem „normalen“ Börsianer?

Fazit und Empfehlung:

Auch wenn wir uns wiederholen müssen: Wir befinden uns in einem Bärenmarkt. Insbesondere im Finanzsektor könnte noch die eine oder andere unangenehme Überraschung für Aufregung sorgen. Sollte es in naher Zukunft tatsächlich zu Konkursen bei einigen Finanzinstituten kommen, dürften die Börsen mindestens eine Etage tiefer rutschen. Das wären dann allerdings erstklassige antizyklische Kaufgelegenheiten.

Auf der anderen Seite sprechen die gute Verfassung vieler Technologiefirmen und die massiven Insider-Käufe der vergangenen Monate dafür, dass ein Ende der Durststrecke in Sicht ist.

Konservativ agierende Langfrist-Anleger sollten das Feld bis zu einer Stabilisierung der Lage den kurzfristig agierenden Tradern überlassen. Längerfristig angelegte Positionen sollte man erst wieder aufbauen, wenn sich klare Richtungssignale ergeben.

Wie wir die Lage jetzt einschätzen und was wir unseren Lesern raten, das lesen Sie in der kommenden Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs, die demnächst erscheint. Anmeldungen unter [Link "www.antizyklischer-börsenbrief.de" auf www.antizyklischer-b%C3%B6rsenbrief.de/... nicht mehr verfügbar]

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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