Kommentar
11:27 Uhr, 15.03.2017

Pessimismus pur bei Anleihen

Aktienanleger sind glücklich und optimistisch. Das Gleiche kann man von Anleiheinvestoren nicht behaupten. Sie malen ein ganz anderes Bild.

Ginge es nach den Aktienkursen, dann würde die US-Wirtschaft wohl bald tatsächlich wieder mit 3-4 % wachsen. Das ist auch Trumps Ziel. Erreichen wird er es höchstwahrscheinlich nicht, zumindest, wenn es nach dem Anleihemarkt geht.

Die Zinsen im kurzfristigen Bereich (bis 2 Jahre) sind in den letzten Monaten ordentlich gestiegen. Langfristzinsen konnten sich ebenfalls von ihren Tiefs lösen, doch der Anstieg bleibt hinter dem Anstieg der Kurzfristzinsen zurück. Zieht man von den Langfristzinsen die kurzfristigen ab, erhält man den Anstieg der Zinskurve. Normalerweise wird dabei die Rendite von zweijährigen Anleihen von der Rendite zehnjähriger Anleihen abgezogen.

Das Ergebnis der Übung ist in Grafik 1 dargestellt. Die Zinskurve flacht sich seit langem ab. Die Wahl Trumps hat das nur ganz kurz unterbrochen. Das ist ein Problem, denn die Zinskurve sagt das Wachstum recht zuverlässig voraus. Dies gilt insbesondere seit 2009. Wirtschaftswachstum und Zinskurve verlaufen nahezu deckungsgleich.

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In den Jahrzehnten davor gab die Zinskurve mehr die Tendenz an, nicht so sehr das Niveau des Wachstums. Setzt man eine Fortsetzung der hohen Korrelation der letzten 8 Jahre voraus, sinkt das US-Wachstum bis Ende 2018 auf 1 %. Von Beschleunigung hält der Anleihemarkt nichts.

Für gewöhnlich ist der Zinsmarkt sehr viel akkurater als der Aktienmarkt, wenn es darum geht, das Wachstum vorherzusagen. Wachstum wird es demnach geben, aber immer weniger. Der Aktienmarkt preist eine Beschleunigung ein. Früher oder später fliegt der Schwindel auf und Aktien korrigieren.

Aus fundamentalen Gesichtspunkten macht eine Korrektur sehr viel Sinn. Der Markt ist hoch bewertet. Er wirft auch fast keine Überrendite mehr ab. Betrachtet man die S&P 500 Gewinnrendite (hat der Index ein KGV von 10, liegt die Rendite bei 10 %; liegt das KGV bei 20, ist die Rendite 5 % usw.), sieht man auf den ersten Blick, dass sie den niedrigsten Wert des aktuellen Bullenmarktes erreicht hat (Grafik 2).

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Zieht man von der Gewinnrendite die Langfristzinsen ab, erhält man die Überrendite des S&P 500. Es dauert nicht mehr lange und sie liegt bei 0 %. Dann ist es theoretisch sehr viel sinnvoller einfach Anleihen zu kaufen. Diese bringen eine sichere Rendite und sind weniger volatil.

In der Praxis wird diese Theorie nicht immer umgesetzt. In den 80er und 90er Jahren war der Renditespread kontinuierlich negativ. Auch in den kommenden Jahren kann es noch dazu kommen. Der Markt ist zwar sehr hoch bewertet und preist zu viel Wachstum ein, doch das bedeutet nicht automatisch auch eine sofortige Korrektur.

Wiederholt sich die Euphorie der 90er Jahre, können Aktien noch einmal 20-30 % steigen, ohne eine Trendumkehr zu provozieren. Persönlich bin ich nicht so optimistisch. Trump muss in diesem Jahr liefern. Ob das große Ausgabenprogramm wirklich kommt bzw. ob es wirklich so groß ist und die Steuern tatsächlich massiv sinken, sei dahingestellt. Die Pläne scheinen größer zu sein als der Rückhalt in der eigenen Partei. Eine Umsetzung ist daher schwierig. Die Party ist vermutlich zu Ende, bevor der Markt noch einmal 20 % oder 30 % gewonnen hat.

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2 Kommentare

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  • Schuby
    Schuby

    Bin short im Dax beim Stand 12020 Punkten, solange er auf Sicht vom Wochenschlusskurs nicht die 12000 deutlich bzw. "auffallend" knackt (hohes Volumen, lange Kerze) glaube ich nicht an höhere Kurse. Eine Korrektur ist m.M. nach fällig, die Vola ist niedrig, alle fühlen sich sicher, die Einbahnstraße lässt grüßen.....

    12:25 Uhr, 15.03.2017
  • Protheus
    Protheus

    Das ist noch kein Pessimismus. Historisch gesehen sind die Renditen bei Anleihen immer noch niedrig und das wird sich auf kurz oder lang auch widerspiegeln.

    11:38 Uhr, 15.03.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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