Kommentar
08:45 Uhr, 28.10.2019

Pessimismus am Aktienmarkt: Jetzt wäre die richtige Zeit dafür

Die Stimmung könnte schlechter sein. Sie müsste sogar schlechter sein, wenn man die Beweislage betrachtet.

Das Anlegerlager ist ebenso gespalten wie das von bekannten Investoren. Einige schwören, dass der Bullenmarkt noch jahrelang weiterlaufen kann. Andere sehen das Top erreicht und einen Bärenmarkt aufziehen. Wenn man lange genug sucht, kann man Argumente für beide Sichtweisen finden. Die Beweislast ist allerdings erdrückend. Man denke nur an die Zinskurve, die über Jahrzehnte zuverlässig war. Alle Welt hatte im Sommer Angst, als die Zinskurve invertierte. Dabei ist das gar nicht der Schreckmoment. Dieser kommt später, nämlich dann, wenn die Zinskurve wieder in den positiven Bereich vordringt. Das ist jetzt der Fall.


Historisch hielt sich der Bullenmarkt nach einer Trendumkehr der Zinskurve nicht mehr lange. Es fällt auch schwer in der monatelangen Seitwärtsbewegung seit Frühsommer kein Top zu erkennen.

Der Aktienmarkt dreht nicht ohne Grund. Der Grund für eine Trendwende ist fundamental. Wächst die Wirtschaft nicht mehr bzw. wir erwartet, dass sie kaum noch wächst, sind niedrigere Gewinne der Unternehmen zu erwarten. Die Bewertung muss korrigiert werden. Der Aktienmarkt fällt.

Daher wundert es nicht, dass der Aktienmarkt den Frühindikatoren folgt (Grafik 2). Die Frühindikatoren bewegen sich aktuell nicht mehr vom Fleck. Es sieht düsterer aus als 2015/16, der letzten Wachstumsschwäche. Der Aktienmarkt korrigiert manchmal ohne wirtschaftliche Schwäche. Er korrigiert aber immer, wenn die Wirtschaft tatsächlich lahmt.


Die aktuelle Schwäche wurde noch nicht korrigiert. Das steht noch aus. Der Prozess muss nicht sofort beginnen. Anleger erwarten inzwischen fast mit 100 %-iger Sicherheit, dass die Notenbank die Zinsen im Oktober noch einmal senken wird (Grafik 3). Das wäre der dritte Zinsschritt in Folge.

Drei Zinssenkungen in so kurzer Zeit sind kein gutes Zeichen. Die Notenbank macht das ja nicht zum Spaß. Kommt der Zinsschritt, sollten sich Anleger ernsthaft Gedanken darüber machen, wann die Rezession beginnt (und nicht ob).

Eine weitere Zinssenkung würde zudem die kurzfristigen Zinsen weiter nach unten drücken. Bei mehr oder minder konstanten Langfristzinsen wird die Zinskurve wieder steiler. Entlang dieses Anstiegs fällt der Aktienmarkt für gewöhnlich.

Wenn nicht diesmal alles anders ist, kann man sich kaum vorstellen wie ein Bärenmarkt abgewendet werden soll. Technisch ist der Markt ebenfalls in keiner guten Verfassung. Immer weniger Aktien erreichen neue Hochs und der Anteil der Aktien, die oberhalb der 200-Tage-Linie notieren spricht nicht gerade für Stärke.

Aktien sind volatil. Es gibt keinen Grund, weshalb kurzfristig nicht noch einmal neue Hochs erreicht werden sollten. Das ändert nichts daran, dass ein kurzfristiges Überschießen keinen neuen Bullenmarkt lostritt. Im Gegenteil, die Wochen des Bullenmarktes scheinen vielmehr gezählt.

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1 Kommentar

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  • Joey-the-bee
    Joey-the-bee

    Sehe ich ebenso! Die Beweislage ist eindeutig und zum Spaß oder fürn Herrn Trump wird mit Sicherheit nicht der Zins gesenkt. Obwohl der Wahljahbonus für steigende Kurse spricht, wird der Markt aufgrund der fundamentalen Lage nicht mitspielen....

    18:34 Uhr, 28.10.2019

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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