Kommentar
09:50 Uhr, 08.04.2024

PDD HOLDINGS - Täuscht sich die Wall Street bei Temu?

Im neuesten OMR-Podcast diskutiert Philipp Klöckner kritisch, ob der Temu-Hype nachhaltig ist. Außerdem hinterfragt er die Wall Street Annahmen, sowie die kritische Financial Times-Analyse von Finanzjournalist Dan McCrum, bekannt für die Aufdeckung des Wirecard-Skandals. Erfahre, warum Skepsis geboten ist!

Erwähnte Instrumente

  • PDD Holdings Inc
    ISIN: US7223041028Kopiert
    Kursstand: 117,860 $ (Nasdaq) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
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  • Meta Platforms Inc
    ISIN: US30303M1027Kopiert
    Kursstand: 527,340 $ (Nasdaq) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
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  • PDD Holdings Inc - WKN: A2JRK6 - ISIN: US7223041028 - Kurs: 117,860 $ (Nasdaq)
  • Meta Platforms Inc - WKN: A1JWVX - ISIN: US30303M1027 - Kurs: 527,340 $ (Nasdaq)
  • Alphabet Inc. (Class C) - WKN: A14Y6H - ISIN: US02079K1079 - Kurs: 153,860 $ (Nasdaq)

In der aktuellen OMR-Podcastfolge gehen Host Philipp Westermeyer und Pip Klöckner unter anderem der Frage nach, wie nachhaltig der Temu-Hype ist.

Philipp Klöckner (kurz Pip) wirkte zwischen 2005 und 2011 bei Idealo.de in Schlüsselrollen, gestaltete anschließend für Rocket Internet internationale digitale Projekte mit und hat in den letzten 15 Jahren an über 100 Startups mitgearbeitet, wovon mehrere zu Unicorns wurden; seit 2017 berät er Top-Investmentfirmen und investiert selbst als Angel Investor.

Hintergrund ihrer Diskussion ist ein Artikel in der Financial Times von Dan McCrum. Der Finanz-Journalist, der maßgeblich in der Aufdeckung des Wirecard-Bilanzskandals mit involviert gewesen war. Hier gehts zu dem FT-Artikel "The mysterious rise of the Chinese ecommerce giant behind Temu" (Paywall). Philipp Klöckner hat berechtigte Zweifel an den finanziellen Annahmen der Wall Street, die ich im Folgenden mit Dir teilen möchte. Für mehr, empfehle ich Dir in die Podcast-Folge reinzuhören. Hier klicken.

Temu weitaus weniger attraktiv als angenommen?

Eine kritische Analyse durch Dan McCrumm in der Financial Times und der generellen Intransparenz von Temu und ihrer Muttergesellschaft Pinduoduo (PDD) wirft die Frage auf, inwiefern die Annahmen der Wall Street zu den Geschäftsaktivitäten von PDD wirklich zusammenpassen.

PDD ist das Mutterunternehmen von Temu, einem chinesischen Unternehmen, das ursprünglich sein Geld mit dem Group Buying von Agrarprodukten verdient hat. PDD's Geschäftsmodell basierte letztlich auf einem Marktplatz-Modell, wobei man eine Provision von 3 bis 5 % auf den Wert der über die Plattform abgewickelten Güter vereinnahmt und als Innenumsatz verbucht. Damit würde der Außenumsatz (GMV) das 33- bis 20-Fache des Innenumsatzes spiegeln.

In 2021 wurde das Bruttowarenvolumen (Wert der über die Plattform vertriebenen Güter = Gross Merchandise Volume = GMV) von PDD mit 300 Mrd. USD angegeben bei einem Innenumsatz von 10 bis 12 Mrd. USD und seitdem nicht mehr separat veröffentlicht. Die offiziellen Angaben zum GMV basierten noch auf der traditionellen Geschäftstätigkeit von PDD, die sich hauptsächlich auf Group Buying und den Verkauf verschiedener Waren per Provisionsmodell konzentrierten. Also noch vor dem Launch von Temu.

Darum ist Philipp Klöckner (zu Recht) skeptisch

Dann kam Temu hinzu und die Wall Street extrapolierte die bisherige Rechnung einfach. Bei einer Provision von 3 bis 5 % und einem Temu-Innenumsatz von 35 Mrd. USD müsste das GMV somit bei rund 700 Mrd. USD liegen, was Temu größer als Amazon machen würde.

Pip geht nun davon aus, dass Temu nicht weiter provisionsbasiert funktioniert, sondern PDD 2021 sein Geschäftsmodell umgestellt hat, sodass ihr gesamter Außenumsatz nun direkt als Innenumsatz verbucht wird. Dies würde bedeuten, dass PDD den Verkaufswert der Waren so behandelt, als ob sie direkt Eigentümer dieser Waren wären. Normalerweise würde das dann auch bedeuten, dass PDD ein eigenes Inventar in der Bilanz führen würde. Aber Fehlanzeige. Das wirft natürlich Fragen auf, da Temu nicht als traditioneller Händler auftreten würde. Intransparenz, wohin man nur blickt.


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Ein weiterer Grund, der der These (Außenumsatz = Innenumsatz) beipflichten würde, ist, dass die hohen Marketingausgaben von Temu, geschätzt auf 10 bis 12 Mrd. USD, in keinem realistischen Verhältnis zu einem GMV von hunderten Milliarden USD stehen. Würde man hingegen davon ausgehen, dass für Temu gilt: Außenumsatz = Innenumsatz, dann würde die Relation aus den Marketingausgaben von 10 bis 12 Mrd. USD und dem Temu-Umsatzanteil von 35 Mrd. USD deutlich näher an den realistischen Aktivitäten des Unternehmens liegen, die auch große Werbekunden bei Google und Meta sind. Randnotiz: Sollten Shein und Temu deutlich weniger für Online-Werbung ausgeben, dann würde das auch eine Meta und Alphabet treffen. So gab Meta bekannt, dass China ca. 10 % der Werbeumsätze ausmachte.

Weiter argumentiert Philipp Klöckner, dass Versanddaten in den USA zeigen, dass schätzungsweise eine Million Pakete pro Tag aus China in die USA kommen (= 300 Mio. Pakete pro Jahr). In Kombination mit einem großzügig angenommenem durchschnittlichen Bestellwert von 50 USD, würde man somit auf einen Gesamtumsatz von 15 Mrd. USD in den USA kommen. Laut Pip machen die USA wiederum in etwa 60 % des Temu-Umsatzes aus. Die Gesamteinnahmen von Temu, wenn man die 15 Mrd. USD aus den USA und den Rest der Welt addiert, erreichen dann 25 Mrd. USD. Schließlich kommt noch das China Geschäft hinzu, dass mit 10 Mrd. USD durchaus realistisch zu sehen ist und sich damit auf die 35 Mrd USD Umsatz, die Temu derzeit verzeichnet, aufgeht. Somit schlussfolgert Pip, dass der Gesamtwert der über Temu verkauften Waren (GMV) weltweit eher zwischen 25 und 30 Mrd. USD liegt, und eher nicht, wie medial vermutet wird, in den hunderten Milliarden.

Als eine weitere Methode zur Bewertung des realen Umsatzvolumens führt er auch den Aspekt des Web-Traffics und der Conversion-Rate von Temu an. Mit 350 Millionen Web-Besuchen pro Monat und einer Conversion-Rate von 4 bis 5 % erscheint ein jährlicher Umsatz von etwa 35 Mrd. USD auch hier realistischer.

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Fazit

Auf Basis dieser Annahmen würde sich ein anderes Bild ergeben, denn fundamental erscheint das Unternehmen als eine Story, die zu schön ist, um wahr zu sein. Insbesondere die Intransparenz in der Buchführung und das Fehlen von Lagerbeständen in der Bilanz werfen Fragen auf hinsichtlich der Validität der gemeldeten Finanzergebnisse. Alleine schon diese Geschäftspraktiken legen nahe, dass Investoren eine kritischere Perspektive einnehmen sollten, wenn es um die Bewertung fundamentaler Kennzahlen bei PDD geht. Die Notwendigkeit, über die bloßen Zahlen hinauszuschauen und die zugrundeliegenden Geschäftsmodelle und -praktiken zu verstehen, ist entscheidend, und das ist hier nicht möglich.

Die Aktie ist eine sehr spekulative Wette, mit großen Chancen, aber eben auch Risiken. Ich bleibe vorerst mit meiner kleinen Position investiert. Aber auch die Kursreaktion nach hervorragenden Quartalszahlen zeigt die Skepsis der Wall Street gegenüber dem chinesischen E-Commerce Giganten.

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