Kommentar
11:33 Uhr, 22.05.2014

Pause auf dem Weg aus der Eurokrise

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  • Die Verbesserung der Eurokrise geht weiter, sie wird in den nächsten Monaten aber eine Pause einlegen.
  • Auslöser dafür sind die Wahlen zum Europäischen Parlament.
  • Der Euro könnte auf den Devisenmärkten unter Druck geraten, wenn ausländische Investoren Gewinne realisieren.

Die Situation im Euroraum könnte sich bald ändern. Die letzten eineinhalb Jahre standen im Zeichen auf­kommenden Optimismus. Die Konjunktur besserte sich. Die Reformen in den Schuldnerländern Südeuropas stärkten die Wettbewerbsfähigkeit. Die Zinsen gingen zurück. Aktienkurse stiegen.

Ich fürchte, dass es damit jetzt erst einmal vorbei ist. Ich glaube zwar nicht, dass es zu einer neuen großen Krise kommen wird. Die Überwindung der Eurokrise wird mit­telfristig weitergehen. Ich glaube aber, dass es in den nächsten Monaten nicht so gradlinig verlaufen wird. Es wird Rückschläge geben.

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Um das an einem Bild festzumachen (siehe Grafik): Die Target-Salden der Bundesbank gegenüber dem Euro­system sind ein guter Indikator für die Stimmungslage

in der Währungsunion. Sie sind bis Juli 2012, dem Hö­hepunkt der Krise, stark angestiegen. Seitdem verrin­gern sie sich pari passu mit der besseren Situation im Euroraum. Das Tempo des Rückgangs war am Anfang sehr stark. Es hat sich dann wie erwartet verlangsamt. Im April 2014 hat sich die Entwicklung sogar umgekehrt und der Saldo ist leicht angestiegen. Das ist noch nicht tragisch. So ein Rückschlag kommt bei ökonomischen Zeitreihen häufi­ger vor. Es ist in der Grafik auch kaum zu erkennen. Es macht mich aber vorsichtig.

Auslöser dieser Entwicklung sind die bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament. An sich ist es po­sitiv, dass derzeit in der Öffentlichkeit so kontrovers über die Zusammensetzung des Parlaments gestritten wird. Das zeigt, dass Europa ernst genommen wird. Positiv ist auch, dass es europäische Spitzenkandidaten gibt. Das stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Gemein­schaft.

Negativ aber sind: Erstens der starke Anstieg der Popu­larität rechtsradikaler und europakritischer Parteien, vor allem in Frankreich und den Niederlanden. Das macht die Zusammenarbeit in Europa in Zukunft noch schwie­riger.

Zweitens und kurzfristig noch wichtiger: Die Gefahr von Kettenreaktionen von den Ergebnissen der Europawah­len auf die politischen Verhältnisse in einzelnen Län­dern. Wenn beispielsweise die linksradikale Partei Sy­riza in Athen mehr Stimmen bekommen sollte als die Regierungspartei Nea Dimokratia von Ministerpräsident Samaras, könnte dies eine Regierungskrise auslösen. Manche Vereinbarungen Athens mit der Troika könnten in Frage gestellt werden. Ich glaube zwar nicht, dass ein Land aus dem Euro austreten wird. Der Reformprozess könnte aber zumindest unterbrochen werden.

Drittens werden Themen auf den Tisch kommen, die bisher aus Rücksicht auf den Wahlkampf verdrängt wor­den sind. Eines ist der Zustand der öffentlichen Finan­zen in Griechenland. Er ist bei weitem nicht so gut, wie er vor kurzem vom Statistischen Amt der EU dargestellt wurde. Der ausgewiesene Primärüberschuss im Budget kam nur durch fragwürdige Herausrechnungen zustan­de. Wenn das stärker in der Öffentlichkeit diskutiert wird, dann kann die Zustimmung der Partner zu weiteren fi­nanziellen Hilfen für Athen wackeln.

Viertens könnte es eine zeit- und kraftraubende politi­sche Auseinandersetzung über die Frage geben, ob

der Europäische Rat den Spitzenkandidaten der Mehr­heitsfraktion wirklich zum Präsidenten der Europäischen Kommission wählen wird – und wie das Parlament rea­giert, falls das nicht der Fall sein sollte.

Nun sollte man solche politischen Auseinandersetzun­gen nicht überbewerten. Es gibt aber noch andere Grün­de, weshalb man vorsichtiger sein sollte. Einer ist, dass die Zinssenkung in den Schuldnerländern Südeuropas weiter gegangen ist, als dies aus Risikogründen ver­tretbar erscheint. In Spanien liegt der Zins für 10-jähri-

ge Staatspapiere derzeit unter 3 %. In Griechenland

(wo immer noch ein weiterer Schuldenschnitt im Raum steht) beträgt er 6,70 %. Hier ist eine technische Reak­tion nicht auszuschließen. Ansätze dazu gab es schon

in der letzten Woche. Auch die Verbesserungen an

den Aktienmärkten sind zu schnell gegangen. Es ist in den vergangenen Monaten viel Geld, nicht zuletzt von Hedge-Fonds, nach Europa geflossen. Es wäre verwun­derlich, wenn die In­vestoren nicht irgendwann ans "Kas­se machen" denken. Die griechischen Aktienmärkte sind kürzlich um 10 % zu­rückgegangen.

Noch ein Grund: Derzeit profitiert der Markt von der Er­wartung weiterer Lockerungsmaßnahmen durch die Eu­ropäische Zentralbank. So wie es jetzt aussieht, wird die EZB auch "liefern". Es ist aber unsicher, ob sie so viel tut, wie der Markt im Augenblick erwartet. Zudem hat

die EZB ihr Pulver damit weitgehend verschossen. Eine solche Situation mögen die Märkte nicht.

Schließlich: Erfahrungsgemäß ist das letzte Drittel bei der Überwindung einer Krise am schwierigsten. Jeder sieht das Ende vor sich und wird ungeduldig, warum

das denn immer noch so lange dauern muss.

Für den Anleger

Die Überwindung der Eurokrise geht weiter. Es gibt nach wie vor viele Chancen, am Turnaround auf den Kapital­märkten zu verdienen. Aber es wird jetzt erst einmal ei­ne Pause geben. Es kann auch zu dem einen oder an­deren Rücksetzer kommen. Das gilt sowohl für Aktien als auch für Renten. Wenn ausländische Investoren Ge­winne realisieren, kann das auch Auswirkungen auf den Devisenmarkt haben. Der Euro würde sich dann leicht schwächen, was einigen Ländern zu Pass kommt.

Anmerkungen oder Anregungen? Ich freue mich auf den Dialog mit Ihnen: martin.huefner@assenagon.com.

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