Kommentar
08:25 Uhr, 31.12.2021

Ohne Inflation hätten wir keinen Boom

Geht es nach den Wirtschaftsdaten, erleben wir einen außergewöhnlichen Boom. Kaum eine Woche vergeht, in der man nicht von zweistelligen Wachstumsraten z.B. beim Konsum hört. Die Sache hat einen Haken.

Dieser Haken heißt Inflation. Jahrelang lag die Inflationsrate im sehr niedrigen einstelligen Bereich. Wurde von einem Konsumwachstum von 4 % gesprochen, entsprach das real (nach Abzug der Inflation) tatsächlich einem Wachstum. Nun liegt die Inflationsrate im mittleren einstelligen Bereich. 4 % nominelles Wachstum entsprechen real einem Rückgang.

Die meisten Wachstumsraten, die veröffentlicht werden, sind nominale Wachstumsraten. Besonders auffällig ist das, wenn Einzelhandelsumsätze oder insgesamt Konsumausgaben genannt werden. In den USA wuchs der Einzelhandelsumsatz zuletzt auf Jahressicht um mehr als 10 %. Das ist sensationell, doch nach Abzug der Inflation bleibt gerade einmal die Hälfte übrig.

Das ist immer noch ein hervorragender Wert. Ein Großteil des Einzelhandelsumsatz entfällt auf Güter und nicht Dienstleistungen. Ein Teil der Güter, wie etwa Benzin, ist gegenüber dem Vorjahr sehr viel teurer geworden. Der Preis ist um 50 % angestiegen. Die Ausgaben an Tankstellen sind ebenfalls um 50 % gestiegen. Deswegen wird nicht mehr getankt oder anderweitig konsumiert. Die verbrauchte Menge ist gleichgeblieben.

Der Dienstleistungskonsum hinkt dem Güterkonsum weiterhin hinterher. Auch dort spielt Inflation eine große Rolle. In den USA liegt der Gesamtkonsum 11 % über dem Vorkrisenniveau. Das ist das, was berichtet wird. Nach Abzug der Inflation liegt das Plus bei 3 %. Der Konsum ist über einen Zeitraum von fast zwei Jahren um gerade einmal 3 % gestiegen. Das kann man nicht als Boom bezeichnen. Zudem tendiert der reale Konsum praktisch schon das Ganze Jahr 2021 seitwärts (Grafik 1).

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Das stockende Wachstum lässt sich erklären. Die nominellen Einkommen steigen derzeit entlang des Vorkrisentrends (Grafik 2, dunkelblaue Linie). Tatsächlich sind die Einkommen höher, da der Staat die Transferzahlungen erhöhte. Das selbst verdiente Realeinkommen liegt hingegen unter dem Vorkrisenniveau (hellblaue Linie) und ist weit vom Vorkrisentrend entfernt.

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Steigen die Realeinkommen nicht, steigt auch der Realkonsum nicht – zumindest in der Theorie. Praktisch sind die Realeinkommen seit Februar 2020 um 1 % gesunken und der Konsum um 3 % gestiegen. Die Differenz ist auf staatliche Transferzahlungen zurückzuführen.

Mit immer höheren Inflationsraten sinkt das Realeinkommen zunehmend. Der Konsum stagniert. Das wiederum ist eine Folge der Ersparnisse, die zu Beginn der Krise angehäuft wurden. Gegenüber dem Vorkrisentrend wurden in den USA fast 2,5 Billionen Dollar zusätzlich gespart (Grafik 3).

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Nun ist die Sparquote tiefer als 2019. Die Ersparnisse beginnen einen Abwärtstrend. Der Konsum kann gegenüber fallenden Realeinkommen immerhin stagnieren, weil Erspartes angezapft wird. Das stabilisiert die Situation. Es ist aber kein nachhaltiges Fundament.

Der Boom der letzten Quartale ist nach Inflationsabzug eher bescheiden. Reales Wachstum kann es langfristig nur geben, wenn auch die Reallöhne steigen. Das ist nicht der Fall. Zusätzlich sind die meisten Konjunkturprogramme nun beendet. 2022 könnte ein überraschend enttäuschendes Jahr werden.


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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