Analyse
14:45 Uhr, 11.11.2006

Ölpreisverfall beendet? Oder geht der Abverkauf weiter?

Die Stimmung an den Ölmärkten ist schon seit Wochen ziemlich mies. Der Abverkauf wurde getrieben von der Erwartung einer deutlich steigenden Ölproduktion außerhalb der OPEC-Länder, der geringen Besorgnis über die geopolitische Situation und dem Eindruck, dass die OPEC sich einem fallenden Ölpreis nicht in den Weg stellen werde. Die schwache Hurrikansaison in den USA und ein schwacher El Nino, der die Erwartung eines milden Winters in den USA und Europa nährt, trugen ihren Teil zum Abverkauf bei.

Die Stimmung ist gekippt. Die spekulative Überhitzung zur Jahresmitte, die fundamental nur noch schwer zu rechtfertigen und vornehmlich als Risikoprämie begründet war, wurde abgebaut. Aus rein sentimenttechnischen Gründen kann auf eine baldige Wende am Ölmarkt spekuliert werden. Es gibt aktuell auch kaum einen Grund mehr, warum die Ölpreise noch weiter fallen sollten. Die verbrauchsstarke Winterzeit beginnt und die Nachfrage nach Erdöl, aber auch Erdgas, wird durch den erhöhten Heizbedarf wieder ansteigen.

Außerdem müssen die USA mit der Auffüllung ihrer strategischen Lagerbestände fortfahren, um die Zielmarke von 700 Millionen Barrel wieder zu erreichen. Die Auffüllung nach den Entnahmen in der Hurrikansaison 2005/06 ist noch nicht abgeschlossen, es fehlen weitere 11,7 Millionen Barrel Erdöl. Diese Menge ist bei einem täglichen Erdölverbrauch der USA von 21 Millionen Barrel relativ gesehen gering. Allerdings darf die symbolische Wirkung an den Erdölmärkten nie unterschätzt werden.

Eine größere Auswirkung auf das Erdölangebot hat hingegen die Entscheidung der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) über eine Fördermengenkürzung im Bereich von 1,2 Millionen Barrel pro Tag. Das wird in den nächsten Wochen für ein fallendes Erdölangebot an den Weltmärkten sorgen. Nur kurzfristige Auswirkungen hat hingegen die Meldung, dass es im Oktober, also vor dem Beschluss der Förderkürzung, ein höheres OPEC-Ölangebot auf den Weltmärkten gegeben habe.

Aus saisonalen Gesichtspunkten ist besonders in der zweiten Monatshälfte des Novembers und der ersten Hälfte des Dezembers Vorsicht angebracht. In dieser Zeit kommt es immer wieder zu kräftigen Kursrückgängen, wenn Wetterprognosen einen mehr oder weniger milden Winter vorhersagen. Kurzfristig agierende Spekulanten haben Anfang November ihre Shortpositionen in US Light Crude Oil und Heizöl deutlich ausgebaut, setzen also auf weiter fallende Kurse. Sollte sich die Stimmungslage an den Erdölmärkten also aufhellen, so kann es aus diesem Grund kurzfristig zu impulsiven Kurssteigerungen kommen.

Saisonal steht die Monatsmitte des Dezember im Vordergrund der Aufmerksamkeit für jene Anleger, die sich auf der langen Seite des Marktes positionieren möchten. Zertifikateanleger, die auf Sicht von mehreren Jahren in Erdöl anlegen möchten, können die ermäßigten Kurse zum Einstieg in risikoabgesicherte Zertifikate nutzen. Kurzfristig agierende Anleger setzen auf eine kurzfristige Gegenbewegung auf die Abverkäufe in den letzten Wochen.

Autor: Jochen Stanzl, Chefredakteur des Rohstoff-Reports

Mehr fundamentale Betrachtungen und Analysen finden Sie im Rohstoff-Report.de , dem reichweitenstärksten Börsenbrief im deutschsprachigen Internet mit Themenschwerpunkt Rohstoffe.

Sie können sich jederzeit kostenlos in den Verteiler des Rohstoff-Reports eintragen unter der Webadresse www.rohstoff-report.de

Hinterlassen Sie dort lediglich Ihre E-Mail-Adresse und Sie erhalten zukünftig zweiwöchentlich das Rohstoff-Report PDF in Ihr Postfach.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

Mehr über Harald Weygand
  • Prozyklisches Breakout-Trading
  • Pattern-Trading
  • Makro-Trades
  • Intermarketanalyse
Mehr Experten