Kommentar
08:33 Uhr, 22.02.2008

Ölpreis nachhaltig im dreistelligen Bereich?

1. Die US-Lagerentwicklung ist derzeit völlig intakt. Der Lageraufbautrend beim Rohöl setzte sich in der vergangenen Woche mit 4,2 Mio. Barrels fort (Bloomberg-Median: 2,4 Mio. Barrels). Die Aufstockung der Benzinvorräte hat sich in den letzten Wochen etwas verlangsamt, sodass der Hochpunkt nunmehr kurz bevorstehen könnte, jedoch ist das Niveau der Benzinvorräte als zufriedenstellend einzuschätzen. In der vergangenen Woche konnte ein Plus von 1,0 Mio. Barrels Benzin im Lager verbucht werden (Bloomberg-Median: 0,5 Mio. Barrels). Die Heizöl- und Dieselvorräte sanken diesmal mit 4,4 Mio. Barrels recht kräftig, folgen aber einem durchaus saisontypischen Muster. Nur die Kapazitätsauslastung der US-Ölraffinieren ist mit einem erneuten Rückgang um 1,6 Prozentpunkte auf 83,5 % recht niedrig. Zwar befinden wir uns nahe dem saisonalen Tiefpunkt der Auslastung, diese lag jedoch im Durchschnitt der vergangenen Jahre um fast 5 Prozentpunkte höher. Dies spricht tendenziell für einen möglichen weiteren starken Aufbau bei den Rohöllagern, nicht jedoch bei den Produktvorräten.

2. Im gestrigen Tagesverlauf erreichte der Preis für die Rohölsorte WTI mit 101,32 US-Dollar pro Barrel ein erneutes Allzeithoch. Die Sorge, dass die OPEC-Länder bei ihrem Märztreffen die Förderquoten nicht erhöhen könnten, anhaltende Spannungen in Nigeria und Venezuela sowie eine Explosion in einer großen Ölraffinerie im US-Bundesstaat Texas sind nur einige der schlechten Nachrichten am Ölmarkt, die für die Preisanstiege sorgen. Trotz der Nachfrageschwäche in den USA, wo ein Viertel der weltweit geförderten Rohölmengen verbraucht wird, liefert aber auch die fundamentale Lage Argumente für einen hohen Ölpreis. Im Januar legten die Rohöl-Nettoimporte Chinas um mehr als 11 % im Vergleich zum Vormonat zu. Dies entspricht einem Zuwachs im Vergleich zum Januar 2007 von mehr als 58 %. Aber auch die Importe von raffinierten Ölprodukten nahmen im Januar kräftig zu, nachdem die Volksrepublik, die knapp 10 % des weltweiten Rohöls verbraucht, zu Jahresbeginn mit massiver Strom- und Dieselknappheit zu kämpfen hatte. Die ungebrochene Nachfragedynamik aus China darf als wichtiger Erklärungsfaktor für die Ölpreisentwicklung vor dem Hintergrund der US-Rezessionsängste nicht vernachlässigt werden. Es sprechen mehr und mehr Faktoren dafür, dass ein dreistelliger Rohölpreis keine Ausnahmeerscheinung bleibt.

3. Es ist derzeit nicht maßgeblich die spekulative Handelsaktivität, die den Ölpreis bewegt. In der vergangenen Woche bis einschließlich 12. Februar weiteten zwar die nicht-kommerziellen Rohölhändler an der New York Mercantile Exchange ihre Netto-Long-Positionen geringfügig um gut 12 Tausend Kontrakte aus, während der Ölpreis im selben Zeitraum um 1,2 % auf 91,0 US-Dollar pro Barrel anstieg. Vielmehr erfreut sich der Futuresmarkt für Rohöl insgesamt nach wie vor großer Beliebtheit als attraktiver Anlagehafen, da die Unsicherheit bezüglich der wirtschaftlichen Situation und die hohe Volatilität an den Finanzmärkten anhalten.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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