Kommentar
09:18 Uhr, 04.11.2009

Öl-Rally: Wenn schon die OPEC zweifelt...

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Die Ölpreise haben sich von der Wirklichkeit abgekoppelt. Getrieben von psychologischen, aber nicht-fundamentalen Faktoren rückt der Ölpreis nun auf eine höhere Ebene zwischen 75-85 Dollar auf. Und das, nachdem der Preis den gesamten Sommer über stabil zwischen 65-75 Dollar lag.

Es gibt eine vor allem zwei Gründe für die fortgesetzte Aufwärtsbewegung. Zum einen der schwache US-Dollar und zum anderen die wachsende Zuversicht der Anleger in die Konjunkturerholung, die sie zum Einstieg in den Aktienmarkt animierte, der zumindest bis Mitte Oktober stetig weiter stieg. Außerdem weicht die Skepsis an der Wirksamkeit der Konjunkturpakete der Regierungen und Zinssenkungen der Zentralbanken einer zunehmenden Überzeugung, dass die Finanzkrise zu Ende ist, die zu einem Zusammenbruch des Wachstums der etablierten Volkswirtschaften geführt hat. Anleger fühlen sich bestärkt durch starke Quartalsergebnisse der Banken aus den USA.

Aus dem Kanon der Einschätzungen bekannter Volkswirte und Analysten bildet sich keine klare Vision darüber aus, wie sich die Erholung wirklich gestalten wird. Es herrscht Uneinigkeit. Während die eine Seite eine langsame, Jahre in Anspruch nehmende und von Nachwirkungen der Krise begleitete Aufschwungphase sieht, geht die andere Seite von einer schnellen, problemlosen und v-förmigen Erholung aus.

Auf der anderen Seite stehen mehrere Repräsentanten der OPEC, die an der Verlässlichkeit der Preissteigerungen beim Öl zweifeln und eben jene in Frage stellen. Tatsächlich warnen mehrere OPEC-Mitglieder vor einem bevorstehenden Preisrückgang beim Öl, da sich keine Besserung der Ölnachfrage feststellen lässt, obwohl sich die Weltwirtschaft stabilisiert haben soll.

Daher ist der Anstieg des Ölpreises vor allem auf nicht-fundamentale Gründe zurückzuführen, die vor allem psychologischer Natur sind: Dazu gehört die Erwartung einer Erholung der Weltwirtschaft, die anhaltenden Versuche, vom schwächer werdenden US-Dollar zu profitieren, was unter anderem neue Investitionen in Öl auslöst, die steigende Nachfrage der chinesischen Nachfrage, die aber weder in den etablierten Volkswirtschaften des Westens noch in Japan zu beobachten ist.

Ein Grund zur Sorge ist daneben die Lagerreichweite an Mineralölprodukten und Rohöl in den etablierten Volkswirtschaften, die sich auf 60 Tage erhöht hat, was schon merklich über dem langjährigen Durchschnitt von 55 Tagen liegt.

Wie ich bereits in vergangenen Marktkommentaren dargelegt habe wird der Ölpreis massiv beeinflusst vom Dollar Carry Trade, der nur weiter bestehen kann, wenn der Dollar weiter abwertet, Investoren weiterhin Chancen in Rohstoffen und Aktien sehen und die Leitzinsen in den USA weiter niedrig bleiben. Während letzterer Punkt auf absehbare Zeit keinen Grund zur Besorgnis darstellt, sind die jüngsten Entwicklungen um die anderen beiden Punkte durchaus gefährlich. Der US-Dollar könnte sein Tief auf Sicht der nächsten Monate gesehen haben und in eine technisch bedingte Gegenbewegung zum Euro übergehen. Dies liegt vor allem auch daran, dass Investoren an den Aktien- und Rohstoffmärkten keine großen Sprünge mehr erwarten. Insider von Firmen verkaufen seit dem Sommer bereits in historischem Ausmaß ihre Bestände. Sie haben die Kurserholung genutzt, um das Risiko aus dem Markt zu nehmen. Umso mehr die Aktien- und Rohstoffpreise fallen, umso mehr wird die Risikoaversion in den Markt zurückkehren, was zu einer Flucht in den US-Dollar führen wird. Beides – wachsende Risikoaversion und ein steigender Dollar – werden den Ölpreis belasten.

Während der Ölpreis weiterhin Potenzial auf eine Ausweitung der Rally bis 90 Dollar hat, bleiben wir bei unserer Aussage: Das Gros der Rally beim Ölpreis ist gelaufen.

Die großen Chancen liegen in den kommenden Monaten beim Ölpreis nun auf der Unterseite.

Jochen Stanzl
Chefredakteur Rohstoff-Report.de

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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