Kommentar
08:41 Uhr, 19.08.2015

ÖL: Bärenmarkt bis mindestens 2019

Die Research Abteilung der Credit Suisse weist seit längerem darauf hin, dass Öl-Bärenmarkte 11 bis 28 Jahre andauern können. Das sind keine guten Aussichten für Anleger, die auf eine schnelle Erholung wetten.

Die Berechnungen, die die Credit Suisse bereits im vergangenen Jahr anstellte, beruhen auf der Ölpreishistorie seit 1861. Bärenmärkte dauern demnach relativ lange an. Einschränkend muss man jedoch gleich einmal festhalten, dass die Bank ihre Berechnungen aufgrund des realen Ölpreises durchführt und einige Aufwärts- und Abwärtsbewegungen außer Acht lässt.

Definiert man einen Bären bzw. Bullenmarkt mit Preisbewegungen von mehr als 20% und einer Dauer von zumindest einem Jahr, dann gab es seit 1861 10 Bärenmärkte und 11 Bullenmärkte. Im Durchschnitt dauert eine Bewegung in die eine oder andere Richtung gut 6 Jahre an.

Grafik 1 zeigt die Bärenmärkte seit 1861 mit ihrer Performance und Dauer (in Zahlen bei den Balken in der Grafik). Die Analyse habe ich auf Basis nomineller Preise erstellt. Letztlich interessieren sich Anleger und Investoren derzeit mehr für die nominellen Preise. Sie wollen wissen, ob der Ölpreis im kommenden Jahr bei 70 Dollar steht und nicht, ob der Preis dann real bei 68,765 USD notiert.

Der längste Bärenmarkt, den ich nachvollziehen konnte, startete im Jahr 1871 und dauerte 22 Jahre. Das ist ein absoluter Extremwert. Ohne diesen Extremwert beträgt die durchschnittliche Dauer keine 6 Jahre. Die mittleren Kursabgaben lagen übrigens bei 52%. Das ist weniger als der Ölpreis von Sommer 2014 bis heute verloren hat.

Obwohl rein statistisch gesehen der Ölmarkt jederzeit drehen kann, sollte man als Anleger nicht darauf wetten. Wer den nächsten Bullenmarkt gleich um die Ecke vermutet und Preissteigerungen wie in den vergangenen Bullenmärkten erwartet, dürfte enttäuscht werden. Wenn der nächste Bullenmarkt startet, dann haben Anleger natürlich große Freude. Der durchschnittliche Bullenmarkt hält 6 Jahre und bringt eine Performance von über 300% (Grafik 2).

Derzeit können die Durchschnittswerte nicht mehr als ein dünner Strohhalm sein, an den man sich klammert. Man muss bei Öl, ebenso wie bei anderen Rohstoffen auch, zwischen konjunkturellen Bewegungen und Langzeittrends unterscheiden. Der kurze Bärenmarkt 2008/09 war ein durch die Konjunktur bedingter Bärenmarkt. Der Bärenmarkt, der in den 80er Jahren begann, kann man als Langzeittrend bezeichnen.

Die beiden Arten von Bärenmärkten unterscheiden sich durch die Ursache. Die kurzen Bärenmärkte fallen für gewöhnlich mit den Konjunkturzyklen zusammen und begründen sich durch kurzfristige Nachfrageschwankungen. Langzeittrends liegen andere Ursachen zugrunde. Es sind vor allem Investitionszyklen, die eine lange Dauer haben.

In den 70er Jahren waren Öl und andere Rohstoffe teuer. Bei Öl lag der Grund (Ölembargo) auf der Hand. Die hohen Preise führten zu einer Flut an Investitionen. Bis aus den Investitionen tatsächliches Angebot wurde, vergingen Jahre. Das Angebot kam in den 80er Jahren auf den Markt. Rohstoffe von Öl über Metalle bis hin zu Agrarrohstoffen wurden durch die Bank weg billiger. Genau das gleich Phänomen beobachten wir heute wieder. In den USA wird nicht erst seit gestern in den Ausbau des Fracking investiert, sondern bereits seit Jahren. Die Erschließung der Schieferölfelder begann 2003. Ab 2005, als Fracking von Umweltbestimmungen ausgenommen wurde, begann dann der richtige Boom. Erst 9 Jahre nach Beginn des Investitionszyklus wurde der Markt maßgeblich beeinflusst.

Man kann heute noch etwas beobachten: mit etwas gutem Willen ähnelt der Preisverlauf seit 1969 dem Preisverlauf von 1861 bis in das frühe 20. Jahrhundert. Der Vergleich ist in Grafik 3 dargestellt. Führt man den heutigen Preisverlauf mit dem von damals weiter, dann ergibt sich der grüne Preisverlauf. Demnach würde der Ölpreis noch bis 2016 oder 2017 fallen (bis 30 USD) und dann bis 2025 in einer Range von 30 bis 60 USD seitwärts tendieren.

Persönlich fehlt mir momentan noch die Vorstellungskraft für einen so ausgedehnten Bärenmarkt. Rein technisch ist das allerdings möglich. OPEC Länder haben bereits jetzt genug freie Kapazität, um das Nachfragewachstum bis 2020 aufzufangen. Gleichzeitig haben Iran und Irak große Pläne, was ihre Produktionsmengen anbelangt. Wenn einer der großen Produzenten (OPEC, USA) nicht deutliche Förderkürzungen zustande bringt, dann gibt es auf mittelfristige Sicht kein Argument für wieder steigende Ölpreise.

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  • S_o_r_o_s
    S_o_r_o_s

    Öl fällt auf 23 USD

    Anstiege in nächster Zeit sind Bärenmarkt - Rallyes

    Ob das bis 2019 fällt weiß ich nicht

    21:20 Uhr, 19.08.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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