Kommentar
10:54 Uhr, 21.03.2016

Nur riskante Anleihen bringen Spaß und Beta

Risiko an, Risiko aus, Helikopter-Geld, Zentralbanken-Promis und Untergangsszenarien – das sind derzeit die Finanzmärkte

Vor zwei Wochen hat Chris Iggo, CIO Fixed Income bei AXA Investment Managers einen eher positiven Blick auf die Anleihemärkte geworfen. „Glück gehabt“, sagt er heute, „seit Mitte Februar hatten wir eine Rallye – bei US-High-Yield-Anleihen sind die Spreads seit dem 11. Februar um fast 200 Basispunkte gesunken und bei Schwellenländeranleihen in Hartwährung um 100 Basispunkte. Noch wichtiger aber sei, dass die Untergangspropheten sich zurückgezogen hätten und weniger über eine drohende globale Wirtschaftskrise gesprochen werde.

Nach Meinung des Fixed-Income-Experten könnte es so weiter gehen, vorausgesetzt es naht keine Rezession in naher Zukunft. Iggo ist sich durchaus bewusst, dass das Wachstum derzeit nicht sehr belastbar ist und jederzeit von Schocks oder negativen Stimmungen aus der Bahn geworfen werden kann. „Die Zentralbanken experimentieren mit ihren erweiterten Werkzeugen, die Inflation bleibt nahe null, die Zinsen liegen bei null, da ist nicht viel Raum für einen Anstieg der Renditekurve. Eine zehnjährige Staatsanleihe von einem Industrieland, die mehr als zwei Prozent Rendite bringt, ist heutzutage ein Luxus���, so Iggo. Nur risikobehaftete Anleihen brächten noch Spaß und Beta. Nachdem die Spreads ein Jahr lang immer weiter geworden seien, hätten sie sich schnell verengt, als sich die Risikowaage Mitte Februar in Richtung bullish neigte. Und europäische High Yield Bonds profitierten künftig von der Großzügigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie Inflationsspreads von der Federal Reserve (Fed), die sich entschieden habe, der Inflation zu erlauben zu steigen.

Tatsächlich habe sich jedoch gar nicht so viel im gesamtwirtschaftlichen Umfeld verändert. Die USA trudelten irgendwo nahe einer zweiprozentigen Wachstumsrate herum, der Euroraum werde in diesem Jahr vermutlich nicht mehr als 1,5 Prozent wachsen, und auch das Wachstum der Schwellenländer sei schwach, angeführt von China. „Dass die Wachstumserwartungen niedrig sind, das Wachstum des nominalen Bruttoinlandsprodukts niedrig bleibt und die meisten Ökonomen weiterhin ihre Erwartungen für ein potenziales Wachstum nach unten revidieren, hält mich davon ab, an dieser Stelle zu bullisch zu sein“, sagt Iggo. Der Abwärtspuffer für Wachstum sei begrenzt, und alles, was das Wachstum störe (Marktvolatilität, Brexit, schwache chinesische Märkte) werde die Vorhersagen von einer einbrechenden Weltkonjunktur, Deflation und geringen Erträgen auf risikoreiche Anlagen wieder aufleben lassen. Anleger sollten darum die Bewertungen von Anleihen sehr genau beobachten. Derzeit seien die Renditen risikofreier Anleihen extrem niedrig, während die Credit Spreads grundsätzlich etwas oberhalb der Spanne lägen, die man langfristig als faire Bewertung ansehen würde. Das bedeute, dass es viele Durationsrisiken in den Anleiheindizes gebe – so sei die Duration von Staatsanleihen-Indizes auf einem Rekordhoch, während die Renditen sich in einem Rekordtief befänden. „Short-Duration-Anleihestrategien sind in solch einem Umfeld sehr attraktiv“, erklärt Iggo, und veranschaulicht: „Noch vor einem Monat gab es vergleichbare Möglichkeiten bei Bankanleihen sowie im Energie-, Metall- und Bergbausektor – doch die meisten haben sich schon wieder aufgelöst.“

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