Kommentar
10:59 Uhr, 13.11.2008

Nun ist es offiziell - Deutschland ist in der Rezession

1. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt sank im dritten Quartal unerwartet stark um 0,5 % qoq (Bloomberg: -0,2 % qoq; DekaBank: -0,1 % qoq). Dies ist der zweite Rückgang in Folge, womit das technische Kriterium einer Rezession erfüllt ist. Das Vorjahresniveau wird nur noch um 1,3 % übertroffen, unter Ausschaltung von Kalendereffekten um 0,8 % qoq.

2. Wie immer handelt es sich bei der Erstveröffentlichung um eine Schnellschätzung, bei der keine Details bekannt gegeben werden. Folgendes lässt sich jedoch aus den Indikatoren ableiten:

• Die Nettoexporte haben das Wachstum massiv gebremst. Dies resultierte jedoch weniger von der abgeschwächten Exportaktivität als von einem enormen Anstieg der Importe. Die Exporte schwächten sich zwar ab, blieben aber gemessen an dem Einbruch der Auslandsaufträge um knapp ein Vier tel seit November letzten Jahres noch robust. Zu verdanken war dies den Restauftragsbeständen der guten Quartale zuvor, die Schlimmeres als ein leichtes Minus bei den Exporten verhinderten.

• Das kräftige Plus bei den Importen dürfte in die Lager geflossen sein. Wir gehen daher von einem starken Wachstumsbeitrag der Lagerinvestitionen aus, der sich allerdings als Hypothek für das kommende Quartal erweisen könnte.

• Die Ausrüstungsinvestitionen dürften erneut gesunken sein. Das hat mit dem durch vorgezogene Käufe (Stichwort: Abschaffung der degressiven Abschreibungen zum 1.1.2008) gestillten Investitionshunger zu tun, mehr aber noch mit den sich rapide eintrübenden Geschäftserwartungen. Angesichts wegbrechender Absatzmärkte im Ausland und eines privaten Konsums, der sich bestenfalls auf dem erreichten Niveau halten kann, fehlt den Unternehmen der Anreiz neue Produktionskapazitäten zu schaffen. Unternehmen erweitern ihre Kapazitäten nur dann, wenn sie auch hoffen können, diese auszulasten. Dem ist derzeit nicht so.

• Die Bauinvestitionen, die in den letzten Quartalen Spielball der Wetterkapriolen waren, sollten ungefähr das Vorquartalsniveau gehalten haben. Mehr ist angesichts der Konjunktur- und Einkommensperspektiven nicht zu erwarten.

• Der Konsum schließlich ist der einzige echte Lichtblick. Entgegen dem gesamtwirtschaftlichen Trend dürfte er leicht zugelegt haben (+0,1 % qoq). Nach drei Quartalen Schrumpfung ist das schon eine gute Nachricht. Möglich wurde dies durch den noch (!) robusten Arbeitsmarkt, hohe Lohnzuwächse und eine rückläufige Inflation.

3. Die bange Frage, ob Deutschland in eine Rezession schlittert, ist mit dem heute gemeldeten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts beantwortet: Deutschland befindet sich in der Rezession. Und es handelt sich erst um den Beginn der Rezession! Die schwierigen Quartale stehen uns noch bevor. Sie werden geprägt sein durch schrumpfende Exporte und einen starken Rückgang der Investitionen. Die Rezession wird schmerzhafter als jene zu Beginn des neuen Jahrtausends, vor allem aber wird die Erholung schleppend sein, denn die Aufräumarbeiten in den Ruinen der Finanz- und Immobilienmärkte wird einige Zeit beanspruchen. Für das laufende Jahr erwarten wir nach den heutigen Daten einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 1,7%, im Jahr 2009 wird die Wirtschaftsleistung hingegen um 1,2% schrumpfen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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