Notenbanken verspielen Glaubwürdigkeit
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Die Aussagen der wichtigsten Notenbanken verlieren immer mehr an Glaubwürdigkeit. Besonders deutlich ist das aktuell in Großbritannien zu beobachten. Nachdem die Bank of England erst im August 2013 unter ihrem neuen Notenbankgouverneur Mark Carney eine sogenannte Forward Guidance, also eine Prognose über die künftige Zinsentwicklung abgegeben hatte, steht diese schon nach weniger als einem halben Jahr vor ihrem Aus.
Im August hatte die Bank of England noch großspurig verkündet, die Leitzinsen sollten erst dann wieder angehoben werden, wenn die Arbeitslosenquote auf sieben Prozent gesunken sei. Dieses Ziel lag damals noch in weiter Ferne. Die Bank of England ging in ihren Prognosen sogar davon aus, dass das Ziel einer Arbeitslosenquote von sieben Prozent erst im Sommer 2016 erreicht werden würde. In den vergangenen Monaten allerdings entwickelte sich die britische Wirtschaft ganz anders, als dies die Bank of England prognostiziert hatte. Vor allem ging die Arbeitslosenquote deutlich schneller zurück als erwartet. Zuletzt sank die Quote auf 7,1 Prozent. Damit liegt die Grenze von sieben Prozent in Reichweite und könnte bereits bei der nächsten Veröffentlichung der Arbeitslosenzahlen unterschritten werden.
Trotz des deutlichen Rückgangs der Arbeitslosenquote in den vergangenen Monaten bleiben Leitzinserhöhungen in Großbritannien aber noch für einige Zeit ausgeschlossen, deutete Carney nun bei einer Rede vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos an. Erst bei einem nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung seien Zinserhöhungen denkbar, sagte Carney. Ein solcher Aufschwung dürfe nicht nur von einem steigenden Binnenkonsum getragen werden, sondern müsse eine breitere Basis haben. Die britische Wirtschaft müsse auf „Fluchtgeschwindigkeit“ beschleunigen, bevor die Leitzinsen wieder angehoben werden könnten. Die erst im August veröffentlichte Forward Guidance der Bank of England ist also schon nach einem halben Jahr, in dem sich die Wirtschaft anders entwickelte als erwartet, wieder hinfällig. Offiziell angepasst oder aufgehoben wurde die Zinsprognose bisher allerdings nicht. Dies könnte im Februar geschehen, deutete Carney in Davos an.
Offiziell hatte die Bank of England immer betont, dass die Schwelle von sieben Prozent keinen Automatismus bei Leitzinserhöhungen auslöse. Aber damit die Schwelle überhaupt irgendeine Bedeutung hat, müssen Zinserhöhungen zumindest denkbar sein, wenn der entsprechende Grenzwert erreicht wird. Aber auch davon will die Bank of England nun offenbar nichts mehr wissen.
Die Schwierigkeiten der Bank of England mit ihrer Forward Guidance sind exemplarisch für die Probleme, mit denen früher oder später alle wichtigen Notenbanken zu kämpfen haben werden. Der Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik wird sich schwieriger gestalten, als Viele das aktuell noch wahrhaben wollen. Steigen die Zinsen zu schnell, kann das die wirtschaftliche Erholung abwürgen. Steigen die Zinsen zu langsam, werden neue Blasen erzeugt. Schon jetzt droht das Platzen einer Blase in den Schwellenländern, nachdem in den vergangenen Jahren viel Kapital in die aufstrebenden Länder geflossen ist. Da ein Ende der lockeren Geldpolitik in den Industriestaaten absehbar ist, ziehen die Anleger nun massiv Kapital aus Schwellenländern wie der Türkei ab.
Oliver Baron
Herr Baron, hat die BoE eine Alternative. Wenn Sie deutlich vor FED und EZB die Zinsen erhöht, dann wird dies neue Gelder nach England ziehen.
Aus meiner Sicht bedeutet dies eine Verteuerung der Exporte wegen stärkeren GBP. Dies könnte die Wirtschaft treffen. In einer Zeit in der Zinsen extrem von den Zentralbanken gesteuert werden, ist es schwierig, das wirtschaflich Sinnvolle zu tun.