Kommentar
10:48 Uhr, 06.12.2011

Notenbanken lassen Börsen jubeln

Den starken Kursverlusten der Vorwochen folgte in den vergangenen Handelstagen eine fulminante Aufholjagd. Gestützt von einer konzertierten Aktien der wichtigsten Notenbanken verzeichneten die internationalen Aktienmärkte zum Teil zweistellige Kurszuwächse.

Notenbanken lassen Börsen jubeln

Hoffnungen auf finanzielle Hilfen für Italien, gute Konjunkturdaten aus den USA und vor allem aber eine konzertierte Aktion der sechs führenden Notenbanken haben die Notierungen an den internationalen Aktienmärkten beflügelt. Mit der global koordinierten Maßnahme wollen die Währungshüter den zunehmenden Dollar-Refinanzierungsproblemen europäischer Banken entgegenwirken. Mit Wirkung zum 5. Dezember senkten sie dazu den Zinssatz für die von den Notenbanken zur Verfügung gestellte Liquidität um 50 Basispunkte. Europäischen Banken war es zuletzt kaum noch gelungen, sich von US-Instituten Geld zu leihen. Der Geldmarkt drohte nun vollständig auszutrocknen, was die Gefahr einer möglichen Kreditklemme verschärft hätte. Gleichzeitig stellten die hohen Kosten für die Beschaffung bei den Zentralbanken eine Belastung für das Ergebnis dar. Das gemeinsame Vorgehen erinnert an die Eingriffe zu Zeiten der Lehman-Krise und hat die Erwartungen der Marktteilnehmer weit übertroffen. Entsprechend euphorisch fiel die Reaktion an den Aktienmärkten aus. Da sich in den Wochen zuvor alle Marktteilnehmer auf weiter fallende Notierungen eingestellt hatten, entwickelte sich eine regelrechte Kursrallye.

Der Deutsche Aktienindex stieg an vergangenen fünf Handelstagen um 10,7 Prozent. Es war der höchste Wochengewinn seit November 2008 und die sechsbeste Woche in der Geschichte des Börsenbarometer. Noch stärker kletterte lediglich der EURO STOXX 50, dessen Gewinn sich auf volle elf Prozent summierte. Im Blickpunkt der Marktteilnehmer standen dabei vor allem Bankaktien. Titel der Deutschen Bank schossen fast 23 Prozent in die Höhe, die der Commerzbank mehr als 19 Prozent. Darüber hinaus waren besonders zyklische Werte gefragt, die zuvor hohe Verluste erlitten hatten. Papiere von Volkswagen stiegen daher um 14 Prozent und Anteilsscheine des Chemieunternehmens BASF legten um 16 Prozent zu.

US-Arbeitsmarkt mit widersprüchlichen Signalen

In den USA setzte sich die Serie von guten Konjunkturdaten weiter fort. So fiel der Einkaufsmanagerindex für die Region Chicago deutlich besser als erwartet aus. Darüber hinaus gab es positive Impulse vom Häusermarkt. Die jüngsten Daten deuten auch hier auf eine Stabilisierung hin. Ins gleiche Horn stieß auch die Notenbank Fed in ihrem regelmäßigem Konjunkturausblick - nach der Farbe des Umschlags auch Beige Book genannt. Die Währungshüter gehen ebenfalls von einem moderaten Wachstum aus. Uneinheitliche Signale sendete hingegen der US-Arbeitsmarktbericht aus. Positiv schlugen 120.000 neu geschaffene Stellen außerhalb der Landwirtschaft zu Buche. Darüber hinaus wurden nun schon zum dritten Mal in Folge die Daten aus dem Vormonat kräftig nach oben revidiert. Letztlich ergibt sich daraus ein Dreimonatsschnitt von 91.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Das ist der höchste Wert seit Herbst 2000. Auf den ersten Blick fiel auch die Arbeitslosenquote mit einem Rückgang auf nur noch 8,6 Prozent sehr erfreulich aus. Bei näherem Hinsehen muss man jedoch gestehen, dass dies im Wesentlichen einem Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials von 315.000 Arbeitnehmern geschuldet ist. Es könnte also auch so interpretiert werden, dass viele die Situation als derart schlecht einschätzen, dass sie sich gar nichts erst um Arbeit bemühen. Ein zusätzlicher Wermutstropfen im insgesamt dennoch positiv zu sehenden Bericht war auch der leichte Rückgang der Stundenlöhne. Weniger Einkommen bedeutet letztlich weniger Konsum. Beflügelt von den guten Konjunkturdaten und mit dem Rückenwind der europäischen Aktien legten auch die US-Indizes kräftig zu. Der Dow Jones Industrial Average (DJIA) stieg um sieben Prozent und verzeichnet somit seit Jahresbeginn wieder ein Plus.

Boeing macht Boden gut

Größter Gewinner im DJIA war die Aktie des Flugzeugherstellers Boeing. Ebenso wie der europäische Konkurrent Airbus hatte der Konzern von der Regierung zinsgünstige Darlehen für die Entwicklung neuer Flugzeugmodelle erhalten. Diese wettbewerbsverzerrende Handlung rügte nun jedoch die Welthandelsorganisation.

Während die EU nun handelte und Airbus demnächst weniger Unterstützung erhält, blieben mögliche Sanktionen gegen Boeing bislang aus. Von diesem Versäumnis profitierten die Aktien, weil das Unternehmen mit den günstigeren Entwicklungsmöglichkeiten nun eventuell im engen Rennen Boden gut machen kann.

Ausblick

In den kommenden Handelswoche wird sich alles auf die Ereignisse am Donnerstag konzentrieren. Es wird erwartet, dass die EZB den zweiten Zinsschritt um 25 Basispunkte vornimmt und den Leitzins somit auf ein Prozent senkt. Als Begründung dürfte ein schwacher Konjunkturausblick dienen.

Am gleichen Tag beginnt auch der nächste EU-Gipfel. Mit Ergebnissen ist allerdings nicht vor Freitag zu rechnen. Nach den letzten Treffen reagierten die Aktienmärkte stets mit Kursgewinnen. Die Euphorie währte jedoch nur kurz. So mussten wenige Tage später oft Verluste beklagt werden, weil die Beschlüsse als nicht ausreichend erachtet wurden, um die Krise endgültig einzudämmen.

Quelle: Union Investment

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