Nikkei nach 26-Jahres-Tief - Kaufgelegenheit nach Kursverfall?
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Der japanische Nikkei-Index erlebte im vergangenen Oktober den schlechtesten Handelsmonat aller Zeiten. Das Börsenbarometer verzeichnete Kursverluste von knapp 25% und verlor damit so stark wie noch nie innerhalb dieses Zeitraums. Von einem Kursniveau oberhalb der 11.500 Punkte am 1. Oktober rutschte der Nikkei im Tief auf 6.994,90 Punkte ab und beendete den tiefschwarzen Handelsmonat bei 8.847 Punkten, womit sich der bisherige Jahresverlust auf 44% summiert. Der Ausbildung eines neuen 26-Jahres-Tiefs schloss sich Anfang November eine kräftige Erholungsphase an, die den Nikkei Index wieder bis auf 9.500 Punkte nach oben hievte. Aktuell notiert das japanische Börsenbarometer knapp oberhalb der 9.000-Punkte-Marke. Sind dies nun bereits wieder Kaufkurse, oder handelt es sich nur um eine Bärenmarktrally, die schon bald wieder vorbei sein wird?
In der ersten Phase der von den USA ausgehenden und später globalen Finanzkrise fielen die Abschläge an den japanischen Aktienmärkten noch relativ moderat aus. Der Grund dafür lag darin, dass japanische Banken im Vergleich zu den US-Geldhäusern nur vergleichsweise geringe Abschreibungen tätigen mussten und augenscheinlich in der Krise besser aufgestellt waren. Ende Oktober änderte sich hier aber das Bild. So musste der Branchenprimus Mitsubishi UFJ Financial seine Gewinnprognose um zwei Drittel auf umgerechnet 1,8 Milliarden EUR zurücknehmen, während die Nummer zwei Mizuho Financial ihre Prognose auf zwei Milliarden EUR glatt halbierte. Das Problem notleidender Kredite und massiver Wertverluste börsennotierter Anlagen erreichte mit leichter Zeitverzögerung auch die japanischen Großbanken, womit die Verfechter der „Decoupling-Theorie“, die ein Sich-Abkoppeln der asiatischen Märkte von den weltweiten Finanzmarktturbulenzen für möglich gehalten hatten, widerlegt wurden.
In der Folge stürzten die japanischen Aktien vor allem deshalb auf breiter Front ab, weil die Ausweitung der globalen Finanzkrise zu einer Weltwirtschaftskrise die ohnehin schwächelnde heimische Konjunktur erheblich belasten wird. Besonders die exportabhängigen Unternehmen, die einen Großteil der Marktkapitalisierung des Nikkei darstellen, mussten deutliche Kursabschläge hinnehmen. Der jüngste Tankan-Bericht der Bank of Japan zeigte, dass sich die Stimmung in der japanischen Großindustrie bereits das vierte Quartal in Folge eingetrübt hat. Die Einschätzung des wirtschaftlichen Ausblicks ist so schlecht war wie seit fünf Jahren nicht mehr, da sich die Nachfrage in den wichtigsten Exportmärkten Japans, vor allem natürlich den USA, spürbar verringert hat. Die Binnennachfrage kann dies nicht kompensieren, da sich der japanische Konsument bereits seit einigen Jahren mit seiner Kauflust zurückhält. Recht bald ging deshalb das Rezessionsgespenst auch in Japan um, was wiederum die heimische Notenbank auf den Plan rief.
Um die Folgen des sich anbahnenden konjunkturellen Rücksetzers zu dämpfen, senkte die Bank of Japan im Einklang mit den anderen auf geldpolitischen Lockerungskurs eingeschwenkten globalen Zentralbanken ihren Leitzins am 31. Oktober um 20 Basispunkte von 0,5% auf 0,3%. Man wolle so die Auswirkungen der Kreditkrise auf die Wirtschaft abmildern, betonte die BoJ, die sich zudem besorgt über die weitere konjunkturelle Entwicklung zeigte. Ebenfalls Ende Oktober kündigte Japans Regierung ein weiteres Konjunkturpaket an. Mit einem Volumen von 5 Billionen JPY soll über diverse Zuschüsse die Inlandsnachfrage angekurbelt werden, zugleich sind Steuersenkungen und Beihilfen für kleine und mittlere Unternehmen geplant. Das Maßnahmenpaket konnte jedoch kaum für Entspannung an den japanischen Aktienmärkten sorgen, zumal es bereits das zweite innerhalb von zwei Monaten war. Schon Ende August wurde ein ähnliches Programm aufgelegt, dessen Schwerpunkt damals auf einer Bekämpfung der Folgen des hohen Ölpreises lag.
Ein großer Belastungsfaktor für Japans Wirtschaft kann jedoch weder durch Konjunkturprogramme noch durch die Zinssenkung aus der Welt geschafft werden, und dies ist der stark gestiegene Yen. Nachdem die heimische Valuta über Jahre hinweg sowohl gegenüber dem Euro als auch dem US-Dollar auf stetigem Abwertungskurs begriffen war, verzeichnete der Yen 2008 massive Kursgewinne, die das Kalkül der exportabhängigen Unternehmen durchkreuzten. Grund für die massive Yen-Aufwertung war natürlich nicht die Stärke der japanischen Wirtschaft, sondern die im Zuge der Finanzmarktturbulenzen einsetzende Auflösung von Risikopositionen, die zu einer Rückabwicklung von Carry Trades und damit zu umfangreichen Kapitalflüssen in den Yen führte. Trotz erster Stabilisierungsanzeichen bei den Wechselkursen verbleibt die japanische Währung auf einem deutlich erhöhten Niveau und sorgt damit für einen so schnell nicht zu kompensierenden negativen Einfluss auf die Ökonomie.
Zusammengenommen ist keine schnelle Wende zum Positiven für Japans Wirtschaft in Sicht. Grundlegende Belastungsfaktoren wie der globale Konjunkturrücksetzer, der starke Yen sowie die kaum abgeflauten Finanzmarktturbulenzen dauern an und sorgen dafür, dass es so bald nicht wieder deutlich nach oben gehen wird. Zudem hat der Nikkei Index von seinem 26-Jahres-Tief bereits wieder fast 30% an Wert gewonnen, womit der japanische Aktienmarkt auch nicht mehr besonders billig erscheint. Selbst wenn die laufende Aufwärtskorrektur des Nikkei Index noch etwas Kraft besitzen und nach einem Überwinden der 9.521 Punkte die 10.000-Punkte-Marke testen könnte, ist nicht mit einem Bruch des kurz- wie mittelfristigen Abwärtstrends zu rechnen. Besonders zwischen der 10.000- und 11.000-Punkte-Marke warten zahlreiche hartnäckige Widerstände auf den Index. Eine Aufhellung des charttechnischen Bildes wäre erst oberhalb der 12.196 Punkte, dem Jahreshoch von 2004, zu konstatieren. Für einen groß angelegten Neueinstieg beim Nikkei ist es deshalb noch zu früh, eine besondere Kaufgelegenheit ist auf dem aktuellen Kursniveau nicht zu erblicken.
Volker Zenk
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