Niedrige Zinsen: Fluch und Segen
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Zinsen sind das wichtigste Instrument der Geldpolitik. Eigentlich muss man sagen: sie waren das wichtigste Instrument. In der Eurozone sind die Zinsen seit Jahren bei 0 % und so schnell wird sich das nicht ändern. In Japan ist auch nicht absehbar, dass die Zinsen in naher Zukunft, wenn überhaupt jemals wieder, steigen werden. Immerhin gibt es noch einige Länder, in denen Zinsen von den Notenbanken verwendet werden. Dazu gehören die USA und Kanada. Vor allem Kanada ist ein interessantes Beispiel, wenn es darum geht, den negativen Effekt niedriger Zinsen zu evaluieren.
Kanada war wie viele andere Länder vor einiger Zeit einmal ein Hochzinsland. Anfang der 90er Jahre lag der Leitzins bei mehr als 10 % (siehe Grafik). Die Zinsen sanken sukzessive Richtung 3 % bis Anfang des neuen Jahrhundert.
Der Schuldendienst entwickelte sich parallel zum Zinssatz. Früher oder später setzten sich höhere Leitzinsen auch bei Krediten und Hypotheken durch. Es dauert daher manchmal etwas, bis der Schuldendienst steigt. Dieser beinhaltet auch nicht nur Zinsen, sondern auch das Abzahlen der Schulden.
Relativ zum verfügbaren Einkommen sank der Schuldendienst auf gut 10 % im Jahr 1993. Dass er trotz hoher Zinsen nicht höher war, lag einfach an den geringen Kreditvolumina. Sind die Zinsen hoch, überlegt man sich genau, ob man einen Kredit aufnimmt. Es hemmt die Kreditvergabe bzw. die Kreditnachfrage.
Mit den niedrigen Zinsen 2005 änderte sich das. Das Zinsniveau war auf einmal so attraktiv, dass Kredit in Massen aufgenommen wurde. Der Schuldendienst stieg von 11,5 % auf 15 %. Während der Finanzkrise sank der Prozentsatz wieder, da die Zinsen sanken. Seit 2015 steigt er nun aber wieder.
Die niedrigen Zinsen haben erneut zu einer sehr hohen Kreditnachfrage geführt. Jetzt, da die Zinsen wieder steigen, steigt auch der Schulddienst massiv an. Obwohl der Zins im historischen Kontext immer noch sehr niedrig ist, zahlen Kanadier so viel für ihre Schulden wie noch nie.
Niedrige Zinsen führen zu hoher Kreditnachfrage. Diese Kreditberge entstehen, weil es ja günstig ist, sich zu verschulden. Die massiven Schuldenberge und immer höhere Verschuldungsquoten führen dann bei moderat steigenden Zinsen schon zu einem überproportionalem Anstieg der Ausgaben für die Schulden.
Bereits moderat höhere Zinsen belasten die Volkswirtschaft überproportional. Würde die Notenbank die Zinsen auf 3 % anheben, käme es sofort zu einer Rezession, weil der immer höhere Schuldendienst das verfügbare Einkommen für den Konsum auffrisst.
Niedrige Zinsen bedingen daher niedrige Zinsen. Höhere kann sich keiner mehr leisten. Notenbanken haben es verpasst, die Zinsen wieder rechtzeitig anzuheben. Sie waren zu lange niedrig, um einen Schuldenexzess zu verhindern. Das ist in Kanada nicht anders als in der Eurozone. Will die Notenbank die Wirtschaft nicht abwürgen, kann die Zinswende nur sehr homöopathisch erfolgen.
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