Kommentar
10:03 Uhr, 08.10.2015

Niedrige Rohstoffpreise werden auch für die Nutznießer zum Risiko

Neben dem wirtschaftlichen Umbau von China sind es insbesondere die drastisch gesunkenen Rohstoffpreise, welche die größten Risiken für die Weltwirtschaft darstellen. Davon ist der Internationale Währungsfonds (IWF) überzeugt. Vor allem deshalb senkte der IWF seine Prognose für das weltweite Wachstum vom Juli nochmals um 0,2 Prozentpunkte für 2015 und das nächste Jahr. Die Wirtschaft werde weltweit 2015 nur um 3,1% und im Folgejahr um 3,5% wachsen, heißt es in dem Weltwirtschafts-Ausblick des Fonds. „Wenn man die Risiken abwägt, zeigt die Tendenz noch immer eher nach unten", schreibt der IWF weiter.

Dabei profitieren zunächst eine Reihe von Ländern – allen voran die Bundesrepublik – von dem süßen Gift der niedrigen Rohstoffpreise. Doch global gebe es zahlreiche Verlierer, betonte der neue Chefvolkswirt des Währungsfonds, Maurice Obstfeld. Neben Energieexporteuren wie Kanada oder Norwegen macht der niedrige Ölpreis Ländern wie Venezuela, dem Irak oder Nigeria zu schaffen. Die Wirtschaft der Schwellenländer wächst daher laut IWF nur noch um 4%, nach 4,6% im Vorjahr. Genau diese Länder, die üblicherweise den Löwenanteil des weltweiten Wachstums ausmachen und für mehr als die Hälfte der weltweiten Wirtschaftsleistung verantwortlich sind, geben den Ausschlag für die eingetrübten Erwartungen des IWF.

Etwas Weitblick dürfte daher auch bei deutschen Exporteuren dafür sorgen, dass sie den „Segen niedriger Rohstoffpreise“ auf Dauer nicht nur bejubeln werden. Längst ist das, was der hiesigen Industrie als süßes Gift erscheint, für zahlreiche Importeure – den Abnehmern deutscher Exportgüter – zur bitteren Pille geworden.

Für Deutschland sieht der IWF mit 1,5% im laufenden und 1,6% im Jahr 2016 nur ein leicht schwächeres Wachstum als bisher prognostiziert. Dennoch sind die Bremsspuren für die deutsche Industrie, die von den eingetrübten Perspektiven in den Schwellenländern ausgehen, bereits spürbar geworden. Dies macht der unerwartete Rückgang bei den Auftragseingängen im August deutlich, der mit einem Minus von 2,2% überraschend deutlich ausfiel.

Tokio öffnet Geldschleusen trotz China-Flaute nicht weiter
Die Bank of Japan (BoJ) lässt die Geldschleusen weit geöffnet. Allerdings sieht man in Tokio vorerst keinen Grund, die ohnehin schon expansive Geldpolitik zusätzlich zu lockern. So hat der Lenkungsrat der Notenbank in Tokio am gestrigen Mittwoch beschlossen, den Ankauf von Staatsanleihen im bisherigen Umfang von monatlich ca. 50 Mrd. € weiter fortzusetzen.

Am Kapitalmarkt wächst indessen der Druck auf die BoJ, die geldpolitischen Zügel angesichts der eingetrübten Entwicklung beim größten Handelspartner China sowie des geringen Preisanstiegs im Inland abermals zu lockern. Die BoJ ist dagegen der Überzeugung, dass die Inflation ohne die deutlich gesunkenen Energiepreise steige. Japan befindet sich laut ihrer Notenbank nicht mehr länger in einer deflationären Situation. Volkswirte gehen dennoch davon aus, dass die BoJ auf ihrer kommenden Sitzung am 30.10. eine zusätzliche Lockerung der Geldpolitik beschließen und sich somit dem politischen Druck und der Forderung des IWF beugen wird.

Indessen mehren sich die Zweifel an einer Zinswende der US-Notenbank Fed noch in diesem Jahr. Aufgrund der eher enttäuschenden Entwicklung am Arbeitsmarkt in den Monaten August und September könnte Fed-Präsidentin Janet Yellen davor zurückschrecken, im Dezember, wie immer noch von vielen erwartet, das Ende der Nullzins-Politik einzuläuten, um die Konjunktur nicht abzuwürgen. Schließlich halten sich alle Mitglieder des Federal Open Market Committee der Notenbank, die in den vergangenen Wochen noch eine Zinswende für 2015 möglich gehalten haben, immer ein Hintertürchen offen. Stets fügen sie ihren Aussagen den Zusatz an: Zinswende ja, sofern sich die Wirtschaft weiter erholt und sich die Unsicherheiten in den Schwellenländern in harten Konjunkturdaten in den USA niederschlagen. Allerdings scheint die vom IWF prognostizierte Reduzierung des Wirtschaftswachstums nicht der erhoffte Nährboden zu sein.

Anders stellt sich die Situation in Großbritannien dar, wo sich Volkswirte darüber einig sind, dass die Bank of England (BoE) den Leitzins am heutigen Donnerstag bei 0,50% belassen wird. Grundsätzlich aber, so die einhellige Meinung, befindet sich die BoE auf einem Kurs in Richtung Zinserhöhung. Einzig die niedrige Inflation und die Besorgnis um die Weltwirtschaft hält die Zentralbank noch von einem solchen Schritt ab. Man darf gespannt sein, ob die BoE nach ihrer heutigen Sitzung eine Andeutung über den möglichen Zeitpunkt der Zinswende für UK signalisieren wird.

Höhere Verschuldung wegen Flüchtlingen?
In der schwächelnden Eurozone keimt etwas Hoffnung auf. Zumindest stehen die Zeichen wieder auf Wachstum, wenn auch nur in moderatem Ausmaß. Die Kombination aus günstigem Ölpreis, extrem lockerer Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und einem billigen Euro sorgen hier für etwas Schubkraft.

Bei differenzierter Betrachtung besteht aber kein Grund zur Entwarnung. So lassen etwa mehrere Indikatoren keine rasche Gesundung der griechischen Wirtschaft erwarten. Vielmehr rechnet Athen selbst mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 2,3% im laufenden Jahr und um 1,6% in 2016. Parallel dazu sollen nach einem Entwurf der neuen, alten Regierung von Alexis Tsipras die Schulden des griechischen Staates 2016 auf 333,5 Mrd. € steigen, was 192,4% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entsprechen würde. Dieser Wert, der nur von Japan übertroffen wird, lässt nichts Gutes für die Gläubiger Griechenlands erwarten. Schon bald wird das Wort „Schuldenschnitt" wieder in aller Munde sein und alle anderen Lösungen haben nur einen vorbereitenden Charakter.

Doch auch die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone wird ihre Schulden auf einen neuen Rekordstand treiben. So rechnet Frankreich für seinen Staatshaushalt 2016 mit einer leicht erhöhten Schuldenquote von 96,5% des BIPs nach 96,3%. Parallel dazu soll die Neuverschuldung von aktuell 3,8% auf 3,3% sinken, bevor bereits 2017 das EU-Ziel von 3,0% erreicht werden soll. Wer's glaubt, wird selig.

Kaum hatte Paris die neue Rekordverschuldung verkündet, brachte EU-Kommissar Pierre Moscovici die Überlegung ins Spiel, den europäischen Staaten angesichts der vielen Flüchtlinge schon bald mehr Schulden zu erlauben. In der Tat sind nach dem europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt bei außergewöhnlichen Umständen Ausnahmen in puncto Schuldenaufnahme möglich. Doch dabei sollten zwei Aspekte beachtet werden. Zum einen ist die Zusatzbelastung der Staatshaushalte durch die Flüchtlinge oft geringer als die gewünschte Zusatzverschuldung der betroffenen Eurostaaten. Und zum anderen müssten die Staaten, denen mehr Schulden erlaubt werden, auch ein entsprechendes Kontingent an Flüchtlingen aufnehmen, um eine weitere Aufweichung der Schuldenquoten rechtfertigen zu können. Wenn man so wenigstens ein Druckmittel für eine europäische Quotenregelung bei der Verteilung der Flüchtlinge erhalten würde, wäre ja sogar etwas gewonnen. Die EU muss aber zwingend darauf achten, dass die Flüchtlingskrise nicht als Ausrede für mehr Schulden missbraucht wird und diese Gefahr ist nicht zu unterschätzen!

S&P belohnt Spanien für Reformen – Regierung in Lissabon bei Wahlen abgestraft
Während die Ratingagenturen Reformanstrengungen und Sparkurse belohnen, bestraft die Bevölkerung mancherorts ein solches Verhalten. So könnte man die jüngsten Entwicklungen in den Eurostaaten Spanien und Portugal auf einen Nenner bringen.

Bei der jüngsten Parlamentswahl in Portugal hat die Mitte-Rechts-Koalition die Quittung für ihren Sparkurs erhalten. Das konservative Regierungslager von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho hat zwar mit 39% die meisten Stimmen bekommen, die Mehrheit im Parlament allerdings verfehlt. Costa selbst räumte seine Niederlage ein, will aber dennoch versuchen, eine Regierung zu bilden. Dagegen haben die linken Oppositionsparteien zusammen mehr als die Hälfte der Sitze erobert. Der Rentenmarkt zeigte sich von der Entwicklung allerdings wenig beeindruckt, was an einer portugiesischen Staatsanleihe (WKN: A1ZU1M) mit Laufzeit 10/2025 abzulesen ist. Der Titel notiert mit rund 105,02% sogar etwas fester, nachdem noch am 15.6. mit 96,75% ein Zwölfmonatstief erreicht worden war.

Im Gegensatz zur portugiesischen Bevölkerung reagierte dagegen die Ratingagentur Standard&Poor’s positiv auf den Sparkurs eines anderen Landes, nämlich den von Spanien. So stufte S&P die Bonität des Eurolandes um eine Stufe auf „BBB+“ herauf. Die Agentur begründete den Schritt mit Reformen am Arbeitsmarkt, die Spanien wettbewerbsfähiger machen. Die ehemals 15-jährige spanische Anleihe (A1ATVW), die im Juli 2025 fällig wird, zeigte sich von dieser Einschätzung etwas beflügelt und rentiert aktuell bei ca. 1,80%.

Deutsche Börse auf dem Parkett
Die Primärmarktaktivitäten bei den Corporate Bonds und Financials ähneln aktuell der Ruhe in den Zelten auf dem Münchner Oktoberfest nach dem alljährlichen Kehraus. Dennoch gab es vereinzelt Unternehmen, die sich präsent zeigten.

So wagte sich die Deutsche Börse AG auf das von ihr betriebene Parkett und begab eine 10-jährige Anleihe (A1684V) im Volumen von 500 Mio. € mit Fälligkeit am 08.10.2025. Der Bond bietet dem Investor dabei eine jährliche Verzinsung von nominal 1,625%. Die Anleihe wurde mit +80 bps über Mid Swap emittiert und somit wurde der Ausgabepreis mit 98,926% fixiert. Die Deutsche Börse AG hat bei dieser Emission die Mindeststückelung von 1.000 € gewählt, um die Anleihe auch für Privatanleger interessant zu gestalten.

Ebenso zeigte sich die französische Wendel S.A. am Primärmarkt aktiv und refinanzierte 300 Mio. € im Rahmen einer 5-jährigen Anleihe (A1Z7R2). Das Unternehmen zahlt dem Anleger einen fixen jährlichen Kupon in Höhe von 1,875% bis zum Laufzeitende am 10.04.2020. Das Papier wurde mit +170 bps über Mid Swap ausgegeben, was einem Reoffer von 99,608% entsprach. Die Anleihe ist allerdings mit einem jederzeitigen Emittentenkündigungsrecht zu festgelegten Spreads über Referenzanleihen ausgestattet. Das Papier besitzt eine Mindestanlagesumme von 100.000 € und zielt somit verstärkt auf institutionelle Anleger ab.

Hohe Kurse provozierten Gewinnmitnahmen
Das 184. Münchner Oktoberfest gehört nun der Vergangenheit an. Die gut 5,9 Millionen Besucher sowie 7,3 Millionen konsumierte Maß Bier sind wohl die wichtigsten Zahlen zur vergangenen Wies'n.

Am vergangenen Freitag wurde seitens der Börsianer allerdings einem anderen Zahlenwerk viel Beachtung geschenkt. So sorgten die Arbeitsmarktdaten aus den USA zum Wochenausklang für viel Bewegung an den Finanzmärkten. Infolge der schwach ausgefallenen Daten konnte der richtungsweisende Euro-Bund-Future deutliche Gewinne verzeichnen. Das Sorgenbarometer stieg innerhalb kürzester Zeit bis auf 157,67%. So hoch notierte der Bund-Future zuletzt Ende April 2015. Der Start in die neue Handelswoche verlief jedoch weniger verheißungsvoll. Deutsche Bundesanleihen tendierten wieder schwächer und litten teilweise unter Gewinnmitnahmen. So rutsche das Rentenbarometer weiter ab und fiel zur Wochenmitte bis auf 155,74% zurück.

Da hinsichtlich der künftigen Zinspolitik der amerikanischen Notenbank weiterhin keine Klarheit herrscht, wird diese Unsicherheit auch in den kommenden Wochen die Handelsaktivitäten prägen. Heute Morgen startet der Bund-Future bei 156,47% in den Handelstag, was einer Rendite für 10-jährige Bundesanleihen von ca. 0,57% entspricht.

In volatilen Marktphasen stellt die Charttechnik eine gute und oftmals die einzige Orientierungshilfe dar. Das neue Kontrakthoch bei 157,67% ist die Marke, die es auf dem Weg nach oben zu überwinden gilt. Der Blick in die andere Richtung offenbart uns die erste Unterstützung bei 155,13% (mehrere Hochs / Tiefs September).

Geringer Emissionsbedarf bei den Staaten der Eurozone
In dieser Handelswoche üben sich die Staaten der Eurozone in Zurückhaltung bezüglich der Neuemission von Anleihen. Lediglich 7 Mrd. € werden am Primärmarkt refinanziert, obwohl im gleichen Zeitraum ca. 16 Mrd. € zur Rückzahlung fällig werden. Bereits am Dienstag wurde Österreich mit der Aufstockung zweier Anleihen (A1HJL5 / 2023 und A1Z3D2 / 2025) aktiv. Am gleichen Tag erhöhte auch Deutschland das Volumen der im Jahre 2046 endfälligen inflationsindexierten Anleihe (103057) um 500 Mio. € auf insgesamt 3 Mrd. €. Die Zuteilung der 1,9-fach überzeichneten Gattung erfolgte bei einer realen Durchschnittsrendite von -0,09%. Am gestrigen Mittwoch folgte dann die im Emissionskalender veröffentlichte Aufstockung der 10-jährigen Bundesanleihe (110238) um 4 Mrd. € auf insgesamt 17 Mrd. €. Hierbei hielt sich allerdings die Nachfrage in Grenzen und in Anbetracht der Tatsache, dass lediglich Gebote im Volumen von 3,693 Mrd. € vorlagen, muss von einer technischen Unterzeichnung gesprochen werden. Die Zuteilung erfolgte bei einer Durchschnittsrendite von 0,62%.

Das Highlight des Tages stellt heute sicherlich die Begebung der neuen 15-jährigen Anleihe Irlands dar. Entgegen den Erwartungen der Marktteilnehmer wird Irland im vierten Quartal aber lediglich diese Emission begeben und somit darf man auf die finalen Konditionen gespannt sein.

Die Tatsache einer guten finanziellen Ausstattung scheint allerdings nicht nur auf Irland zuzutreffen, sondern führte auch bei der Finanzagentur der Bundesrepublik Deutschland im IV. Quartal zu einer Reduzierung des Refinanzierungsvolumens des Bundeshaushalts und seiner Sondervermögen um 6 Mrd. €. Vor dem Hintergrund der finanziellen Belastung infolge der Flüchtlingswelle ist dieser Tatbestand sehr bemerkenswert.

Euro trotz der Grippe
Der Altweibersommer ist nun endgültig vorbei und der triste Herbst hat uns fest im Griff. Optimale Voraussetzungen für eine Grippewelle! Denn, so scheint es zumindest, jeder Zweite hat Husten und eine laufende Nase.

Ganz und gar nicht verschnupft zeigte sich die Gemeinschaftswährung der Euroländer zu Beginn dieser Handelswoche. Aus dem Stand machte sie einen Satz von 1,1150 auf 1,1317 USD, nachdem die in USA neugeschaffenen Stellen weit hinter den Erwartungen zurück geblieben sind. Dieses Niveau konnte der Euro jedoch nicht dauerhaft verteidigen und fiel wieder bis auf 1,1170 USD zurück. Doch so leicht gibt sich der Euro nicht geschlagen und notiert aktuell infolge der schwindenden Zinserhöhungs-Phantasie in den USA bei 1,1257 USD.

Gegenüber dem australischen Dollar tat sich der Euro in dieser Woche schwerer. Konnte er vor dem Wochenende noch bis auf 1,6145 AUD zulegen, ging es anschließend nur noch bergab. Grund hierfür war, dass die australische Notenbank ihren Leitzins den fünften Monat in Folge unangetastet ließ. Die Gemeinschaftswährung verbilligte sich bis auf 1,5509 AUD.

In diesem nassen Herbst empfanden Privatanleger Fremdwährungsanleihen auf türkische Lira, US-Dollar und südafrikanische Rand als richtige Medizin für ihr Depot .

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