Nicht nur der Finanzmarkt hängt am Tropf der Geldpolitik
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Notenbanken sind in einer wirklich schwierigen Lage. Einerseits mussten sie sowohl 2008 als auch 2020 die Geldpolitik lockern, um Schlimmeres zu verhindern. Andererseits führt dies am Finanzmarkt zu Ungleichgewichten. Es ist dabei nicht die Geldpolitik per se, die zu diesem Ungleichgewicht führt. Das neu geschaffene Geld fließt nicht direkt in Aktien. Vielmehr sind Anleger aufgrund dieses empfundenen Sicherheitsnetzes viel risikofreudiger und spekulieren wild drauf los. Ideal wäre eine Geldpolitik, die den Markt stabilisiert, aber nicht zu Übermut unter Anlegern führt. Bisher gibt es keinen Hinweis, dass so etwas gelingt. Wie schwer der Entzug des Sicherheitsnetzes ist, konnten wir nach Ende der ersten drei QE-Programme erleben. Es war zäh und der Markt war nervös.
Beim nächsten Entzug wird es noch schwieriger, denn es ist nicht nur der Aktienmarkt, der am Tropf der Notenbank hängt. Es sind inzwischen auch normale Bürger, die gar nicht investieren. Das wiederum liegt an den zahllosen Konjunkturprogrammen. In den USA wurden bisher 3 Billionen Dollar ausgegeben bzw. beschlossen.
Nun, da die Demokraten eine Mehrheit haben, könnte ein weiteres Programm folgen und den Gesamtbetrag auf 4 Billionen erhöhen. Die Programme unterscheiden sich teils voneinander. Ihnen allen gemein sind jedoch Direktzahlungen und höhere Arbeitslosenhilfe (Grafik 1). Allein dadurch dürften Bürger innerhalb eines Jahres 1,3 Billionen an Geld vom Staat erhalten. Das ist beispiellos.
Transferzahlungen waren noch nie so üppig. Generell machen Transferzahlungen immer mehr von den Einkünften des Durchschnittsbürgers aus. Grafik 2 zeigt dazu alle Rezessionen seit 1960. Das Gesamteinkommen (Gehälter, Transferzahlungen) zu Beginn jeder Rezession ist auf 100 % normiert. 1960 machten Gehälter noch über 90 % der Einkünfte aus. 2020 waren es nur noch 80 %.
Die Differenz zu 100 % wird über Transferleistungen gedeckt. Diese stiegen zeitweise massiv an. Das Gesamteinkommen erreichte in der Spitze 115 %. Trotz Rezession stieg das Gesamteinkommen gegenüber dem Vorkrisenniveau um 15 %. Das führt dazu, dass der Konsum weiter finanziert werden kann.
Für viele Bürger ist es sogar eine Überlebensfrage. Ohne Direktzahlungen könnten sie nicht überleben. Das Geld löst natürlich das Problem nicht. Das Problem bleibt die Pandemie. Vor Jahresmitte wird sie nicht unter Kontrolle sein. Beinahe anderthalb Jahre konnten sich Bürger an höhere Transferleistungen gewöhnen.
Finanziert werden diese durch den Staat, der wiederum von der Notenbank finanziert wird. Eine Reduktion der Transfers wird nicht ohne Probleme sein. Aller Voraussicht nach ist die Arbeitslosigkeit Mitte 2021 noch viel höher als zu Jahresbeginn 2020. Man darf gespannt sein, ob Staat und Notenbank zu diesem Zeitpunkt den Entzug beginnen und wie die Bürger und der Konsum darauf reagieren. Ein Selbstläufer wird es wohl kaum.
Clemens Schmale
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