Kommentar
15:18 Uhr, 06.12.2004

Neuer Anlauf für den Aufschwung

„Die Weltwirtschaft nimmt Anlauf für einen neuen Aufschwung“, so der Chefvolkswirt der DekaBank Dr. Ulrich Kater bei einem Pressegespräch in Frankfurt. Nachdem sich die Konjunktur weltweit in 2004 äußerst robust gezeigt habe, werde sie im kommenden Jahr zunächst eine Delle erhalten. Die Nachwirkungen der Rohölpreissteigerungen und die Straffung der Staatshaushalte wirkten sich zunächst dämpfend auf die Volkswirtschaften der Industriestaaten aus. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA dürfte im Jahr 2005 deshalb nur noch um 3,5 Prozent wachsen, nach 4,4 Prozent in diesem Jahr. Für Euroland prognostizieren die Volkswirte der DekaBank ein BIP-Wachstum von 1,6 Prozent (2004: 1,8 Prozent). Nach dieser Atempause sei aber wieder mit einem nachhaltigen, privatwirtschaftlich getriebenen Wirtschaftsaufschwung zu rechnen. Bereits 2006 dürfte das BIP der Industriestaaten wieder stärker wachsen – in den USA 3,6 Prozent und in Euroland 2,2 Prozent.

Größtes Konjunkturrisiko ist für Kater ein forcierter Dollarverfall und damit einhergehende stärkere Zinssteigerungen in den USA. Trotzdem seien Interventionen an den Devisenmärkten derzeit kein Thema. Die Notenbanken müssten sich das Pulver trocken halten, falls es zu einem starken Überschießen der Währungsrelationen kommen sollte.

In den USA bleibt nach Ansicht der DekaBank-Volkswirte der Aufschwung im kommenden Jahr stabil. Allerdings dämpften zunächst der gestiegene Rohölpreis und der Wegfall der Steuererleichterungen für Investitionen Ende 2004 das Wachstum, bevor die Dynamik im Jahresverlauf wieder etwas zunimmt. „Die Fortsetzung des Beschäftigungszyklus wird mit stärkeren Zuwächsen als zuvor erneut den privaten Konsum stärken“, so Kater. Insgesamt schwäche sich das Wirtschaftswachstum im Jahr 2005 zwar etwas ab. Die Wachstumsraten dürften dennoch leicht oberhalb des Potenzialpfades liegen. Denn die US-Unternehmen verstärkten dank noch immer gefüllter Kassen und der anhaltend positiven Nachfrageerwartungen wieder ihre Investitionen und schafften Arbeitsplätze. Dies führe im Jahr 2006 wieder zu einer Beschleunigung.

Die deutsche Konjunktur wurde 2004 allein vom Export getragen. Die Verlangsamung der weltwirtschaftlichen Expansion und die Euro-Aufwertung dämpfen inzwischen jedoch den Absatz deutscher Güter ins Ausland. Entlastung aus der Binnennachfrage ist nach Ansicht der Volkswirte der DekaBank auch im kommenden Jahr nicht in ausreichendem Maße zu erwarten. Insbesondere der private Konsum zeige weiterhin keine dynamische Entwicklung. Zu tief verwurzelt sei die Verunsicherung über die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Als bedeutenden psychologischen E ffekt führt Kater die steigende Arbeitslosenzahl durch die Umsetzung von Hartz IV ab Januar 2005 an. Diese werde zunächst auf über fünf Millionen ansteigen, da dann auch bislang nicht gemeldete Arbeitslose in der Statistik erfasst würden. Darüber hinaus sorgten einerseits weitere Kostenbelastungen – beispielsweise durch die private Absicherung von Zahnersatz und Krankentagegeld – sowie andererseits die eher moderate Lohnentwicklung zusätzlich für zurückhaltendes Konsuminteresse.

Erst für das Jahr 2006 erwarten die DekaBank-Volkswirte eine Belebung der deutschen Konjunktur und damit einen BIP-Anstieg von 1,9 Prozent. Mit dem Aufleben der Konjunktur und den dann tendenziell wieder sinkenden Rohstoffpreisen sei mit einer Zunahme der Erweiterungsinvestitionen zu rechnen. Und auch die Binnennachfrage sollte dann wieder an Schwung gewinnen. Entsprechend wird sich die Konjunktur der bedeutenden Volkswirtschaften Eurolands entwickeln. „Diese bewegen sich dank der einheitlichen Geldpolitik im gleichen makroökonomischen Fahrwasser wie Deutschland, das durch seine Größe die Taktzahl im europäischen Währungsraum vorgibt“, erläutert Kater.

Die internationalen Finanzmärkte würden 2005 und 2006 vor allem von der Finanz- und Geldpolitik der USA und den Wechselkursentscheidungen der großen Notenbanken getrieben. Die US-amerikanische Notenbank (Fed) werde ihre Leitzinsen weiter erhöhen müssen, um eine nachhaltige Inflation zu verhindern – auf 3,75 Prozent Ende 2005 und 4,25 Prozent Ende 2006. Die Gründe dafür seien die anziehende Konjunktur, steigende Gesundheitskosten, die zunächst noch hohen Rohölpreise sowie ein von Abwertung bedrohter US-Dollar. Für zehnjährige US-Treasuries erwarten die Volkswirte Ende 2005 ein Renditeniveau von 4,90 Prozent und Ende 2006 von 5,50 Prozent. Die Europäische Zentralbank könne wegen des starken Euro und der damit einhergehenden niedrigen Importpreise ihre Zinsen dagegen niedrig halten. Mit der ersten Zinserhöhung in Euroland rechnen die DekaBank-Experten frühestens im September 2005.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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