Kommentar
13:23 Uhr, 11.05.2016

Neue Schockwelle rollt auf den Rohstoffmarkt zu

Ein weltweit bisher wenig beachteter Handelsplatz droht den Rohstoffmarkt erneut unter Druck zu setzen. Die Korrektur könnte heftig werden.

Ein weltweit bisher wenig beachteter Handelsplatz droht den Rohstoffmarkt erneut unter Druck zu setzen. Die Korrektur könnte heftig werden.

An den Börsen wurden Rohstoffe – vor allem über Futures – zuletzt sehr aktiv gehandelt. Nirgends war der Handel jedoch so aktiv wie an der Dalian Commodity Exchange (DCE). Die DCE ist ein Handelsplatz in China, an dem Terminkontrakte für Rohstoffe gehandelt werden. Die DCE ist im Gegensatz zu ihren amerikanischen (ICE, CME Group) und europäischen (LME, LCE in London) Pendants relativ unbekannt. In den kommenden Wochen kann sich das ändern, denn es braut sich etwas zusammen.

An der DCE werden derzeit Terminkontrakte für 16 verschiedene Rohstoffe gehandelt, darunter etwa Futures für Sojabohnen, Kohle und Palmöl. Besondere Aufmerksamkeit genießt derzeit der Eisenerzhandel.

Eisenerz wird von Analysten und Händlern etwas stiefmütterlich behandelt, obwohl von kaum einem Rohstoff so viel gefördert wird. Die Förderung lag zuletzt bei geschätzten 3.300 Mio. Tonnen pro Jahr. Bei einem Marktpreis von aktuell knapp 60 Dollar je Tonne handelt es sich also um einen Markt mit einem Umsatz von ca. 200 Mrd. Dollar.

Der Preis für Eisenerz bildete zwischen Dezember 2015 und Januar 2016 ein Tief bei etwas über 30 Dollar je Tonne aus. Danach kam es zu einer beispiellosen Erholung. Wer dachte, Öl hätte eine bemerkenswerte Rally hinter sich, der hat den Eisenerzpreis nicht gesehen. Der Preis verdoppelte sich innerhalb von nur drei Monaten.

Der rasche Preisanstieg ist vielen Beobachtern ein Rätsel. Zugegen, der Preis stand kurzzeitig 85 % unter seinen Allzeithochs und hatte Aufholpotenzial, doch die Perspektiven sind nach wie vor schlecht. Der Eisenerzmarkt befand sich Schätzungen zufolge im vergangenen Jahr mehr oder minder im Gleichgewicht. In den kommenden zwei Jahren dürfte das immer weniger der Fall sein. Die Überproduktion soll bis 2017 über 60 Mio. Tonnen betragen.

Der niedrige Preis spiegelte diese Erwartung wider. Es war zweifelsohne viel Pessimismus im Markt. Eine Preisverdopplung rechtfertigt das jedoch nicht. Selbst Panikkäufe von Händlern, die Eisenerz leerverkauft hatten, erklären diesen Preisanstieg nur unzureichend.

Eisenerz war einer der ersten Rohstoffe, die einen Boden fanden. Fast alle Rohstoffe, auch Öl, fanden ihren Boden erst einige Tage bzw. Wochen, nachdem Eisenerz einen Boden gefunden hatte. Das lag nicht daran, dass sich im Eisenerzmarkt zuerst fundamental etwas geändert hatte, sondern vermutlich an Spekulationen an der DCE.

An der DCE erhöhte sich gegen Ende 2015 das Interesse an Eisenerz sprunghaft (siehe Grafik). Unter überdurchschnittlichem Volumen bildete sich ein Boden. Die richtige Rallye begann dann im Februar. Das Handelsvolumen verdoppelte sich und mit ihm der Eisenerzpreis.

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Seit etwas über zwei Wochen ebbt das Handelsvolumen nun wieder ab. Wie es der Zufall so will fällt seitdem auch der Eisenerzpreis. Der Preis gab innerhalb von zwei Wochen 10 % nach. Das kann der Anfang eines neuen Crashs sein.

Der Preisrückgang kommt nicht von ungefähr. Das Handelsvolumen war in den Monaten März und April so hoch, dass es in jedem dieser Monate fast die Hälfte der globalen Jahresproduktion abdeckte. Innerhalb eines Monats wechselten also 50 % der weltweiten Jahreseisenerzproduktion die Hände. Das wurde der DCE und dem Regulator unheimlich.

Der Markt wird nun zunehmend reguliert und die Handelsmöglichkeiten werden eingeschränkt. Die tägliche Handelsspanne wurde eingeengt. Ebenso wurden die Marginanforderungen verschärft. Das soll die Spekulation mit Eisenerzfutures eindämmen.

Dieses Vorgehen weckt Erinnerungen an den letzten Sommer. Durch schärfere Marginanforderungen, Begrenzung der Handelsspanne und anderen Maßnahmen sollte der Spekulationsexzess am chinesischen Aktienmarkt gebändigt werden. Die Folge dieser Aktionen war keine langsame Abkühlung der Spekulation, sondern etwas, was den Markt kollabieren ließ.

Die Spekulationsblase am Aktienmarkt platzte. Der Markt verlor schnell 20 %, 30 % und dann 40 %. So etwas ist nun auch beim Eisenerzpreis zu befürchten. Die Systematik ist schließlich genau die gleiche. Chinesische Spekulanten haben den Markt für sich entdeckt und treiben unter wahnwitzigem Volumen die Preise nach oben. Der Regulator versucht das einzudämmen. Die Spekulanten dürften schnell weiterziehen und den Markt kollabieren lassen.

Für die Welt ist das von großer Bedeutung. Echtzeitpreise gibt es von Eisenerz so gut wie keine. Die DCE ist eine der wenigen Handelsplätze, die den Handel überhaupt erst möglich machen. Brechen die Preise an der DCE ein, dann hat das Konsequenzen für den Weltmarkt. Das ist nicht so isoliert wie der Aktienmarkt. Stehen die Eisenerzpreise an der DCE bei 30 Dollar, dann können Rio Tinto und BHP Billiton ihr Eisenerz nicht um 60 Dollar verkaufen. Die DCE bestimmt den globalen Eisenerzpreis maßgeblich mit.

Wenn der Spekulationsexzess am chinesischen Aktienmarkt eine Lehre war, dann kann man sich auf einen erneuten Kursrutsch bei Rohstoffen einstellen.

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  • baerentatze66
    baerentatze66

    Danke, sehr interessante Markteinschätzung.

    19:23 Uhr, 11.05.2016

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