Kommentar
09:31 Uhr, 28.01.2016

Nach dem Selloff: Aktien jetzt günstig?

Die meisten europäischen Indizes haben von ihren Hochs mehr als 20% verloren. In den USA halten sich lediglich die Indizes über diesen Marken, die von Schwergewichten wie Facebook und Amazon oben gehalten werden. Die Indizes der zweiten Reihe sind sich ebenfalls im Bärenmarkt.

Von den Indizes der Schwellenländer muss man gar nicht reden. Diese befinden sich bereits seit Jahren im Abwärtstrend. Eine Ausnahme war der chinesische Aktienmarkt, der 2015 zunächst eine sensationelle Rally hinlegte und dann ebenso sensationell wieder in sich zusammenfiel.

Wie man es dreht und wendet, Anleger haben Angst. Wären Anleger zuversichtlich über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung, dann würden sie nicht wie wild auf den Verkaufsknopf hämmern. Ob ein Selloff aus fundamentaler Sicht letztlich berechtigt war, das weiß man natürlich erst im Nachhinein. Der Markt ist derzeit davon überzeugt, dass große Probleme aufziehen. Was aber, wenn sich diese Probleme niemals manifestieren?

Geht man davon aus, dass wir nicht kurz vor einer Rezession stehen, dann ist der erfolgte Selloff eine gute Gelegenheit, in den Markt einzusteigen. Die gerade begonnene Berichtssaison läuft anständig. Unternehmen außerhalb des Rohstoffsektors zeigen nach wie ein solides Wachstum. Das reicht jedoch nicht aus, um die Gesamtgewinne aller Unternehmen zu steigern. Der Gewinnrückgang im Rohstoffsektor ist größer als der Gewinnzuwachs in anderen Sektoren.

Grafik 1 zeigt den S&P 500 und den Gewinn je Aktie auf inflationsbereinigter Basis. Derzeit befindet sich der Gewinn je Aktie in einem Abwärtstrend. Im ersten Quartal 2016 werden die Gewinne wohl ihren vorläufigen Tiefpunkt erreichen. Das ist vor allem dem Ölpreis geschuldet, der selbst nach einer beeindruckenden Rallye in den vergangenen Tagen so niedrig ist wie seit 13 Jahren nicht mehr.

Blickt man etwas weiter in die Zukunft über das erste Quartal hinaus, dann sollten die Gewinne der Unternehmen wieder deutlich steigen. Die Grafik zeigt eine Gewinnprognose bis Ende 2017. Aktuell befinden sich die Gewinne unter den Rekorden, die 2007 verzeichnet wurden. Der S&P 500 steht allerdings 20 % über dem damaligen Niveau. Als Anleger muss man da nicht lange rechnen, um zu dem Schluss zu kommen, dass der S&P 500 heute teurer ist als damals.

An der Börse wird die Zukunft gehandelt und diese sieht gar nicht so schlecht aus. Die derzeitige Gewinnrezession sollte Anfang 2016 ihren Tiefpunkt erreichen. Danach ist damit zu rechnen, dass Rohstoffunternehmen nicht mehr die Gesamtgewinne nach unten ziehen werden. Es stellt sich damit automatisch ein Gewinnwachstum ein, da die meisten Sektoren außerhalb der Rohstoffbranche steigende Gewinne vermelden können. Ab dem zweiten Halbjahr 2016 können Rohstoffunternehmen dann einen positiven Beitrag zum Gewinnwachstum leisten.

Das bis Ende 2017 vorhergesehene Gewinnwachstum beruht auf Analystenschätzungen. Treffen die Prognosen so ein, dann stehen die Gewinne in zwei Jahren fast ein Viertel über den aktuellen Werten. Zugegebenermaßen folgt dieser Anstieg einem Rückgang von 13 % seit Ende 2014.

Die Schätzungen von Analysten treffen selten genau so ein wie vorhergesehen. Im Normalfall werden die Gewinnschätzungen übertroffen. Es vergeht selten ein Quartal, in dem nicht 75 % aller Unternehmen die Gewinnerwartungen übertreffen. Sofern sich die Wirtschaft also nicht auf eine Rezession zubewegt fällt bald der Startschuss zu einem außergewöhnlich hohen Gewinnwachstum.

Aktien müssen deswegen noch immer nicht billig sein. Grafik 2 zeigt den S&P 500 und das dazugehörige Kurs-Gewinn-Verhältnis. Durch die Korrektur zu Jahresbeginn ist das KGV auf 19 gefallen, von zuvor 22. Ein KGV von 19 ist kein Schnäppchen. Für Value Investoren ist der Markt als Ganzes noch lange nicht attraktiv.
Denkt man nun etwas weiter und nimmt an, dass das Gewinnwachstum bis 2017 so eintrifft wie prognostiziert, dann sinkt das KGV auf 16, wenn der S&P 500 weiterhin bei 1.900 Punkten steht. Das ist etwas niedriger als 2007, allerdings erreichten die Börsen im Jahr 2007 ihr zyklisches Hoch.

Die Fantasie für steigende Kurse fehlt, selbst bei dem zu erwartenden Gewinnwachstum. Historisch gesehen ist ein KGV von 16 ein Durchschnittswert, also weder besonders hoch, noch besonders niedrig. Nimmt man die vergangenen 30 Jahre als Maßstab, dann lag das durchschnittliche KGV bei 22. Gemessen an dieser Benchmark haben Aktien Aufwärtspotential.

Das KGV steht derzeit bei 19. Um auf den Mittelwert zu gelangen, müssten Aktien wieder um 15 % steigen. Rechnet man dann noch das zu erwartende Gewinnwachstum mit ein, dann ergibt sich eine mögliche Gesamtperformance von 35 %.

Bleibt der vom Markt befürchtete Abschwung aus, dann können Aktien vom aktuellen Niveau aus 35 % steigen. Für den S&P ergibt sich dadurch ein Kursziel von 2.585. Dort dürfte das finale, zyklische Hoch erreicht werden, immer vorausgesetzt, dass zuvor keine Rezession einsetzt. Die Chancen dafür stehen gut. Im vierten Quartal 2015 hat sich das weltweite Wachstum wahrscheinlich verlangsamt. Die US Wirtschaft ist vermutlich kaum gewachsen. Die ersten Daten des neuen Jahres deuten nun wieder auf eine Beschleunigung des Wachstums hin. Der Spuk könnte also schon wieder bald vorbei sein.

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6 Kommentare

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  • WaTor
    WaTor

    Dort kann man sich Gedanken machen.. ;)

    12:41 Uhr, 28.01. 2016
  • kingkong007
    kingkong007

    Bei 7500, eher nicht.

    12:40 Uhr, 28.01. 2016
  • WaTor
    WaTor

    Eure Artikel sind für die "dumme Masse" recht gut. :)

    bei 9.300 schreibt ihr ja nicht kaufen.. bei 9.800 lautet es Aktien jetzt günstig :))

    Der erfahrene Trader liest zwischen den Zeilen!!!

    AUF ZUR 9.300 !! und TIEFER!!!!!!!!!!!!!

    11:31 Uhr, 28.01. 2016
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Push, push. Koennte, wahre, haette. WIR SIND IN EINER DEFLATION! Wer das bestreitet, lebt in einer Hoehle.

    10:30 Uhr, 28.01. 2016
  • tschak
    tschak

    Beruhigend und objektiv zugleich! Danke f. den Artikel!

    10:20 Uhr, 28.01. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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