Multi Asset – Lehren aus der Krise
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In der Theorie besteht der Charme von Multi-Asset-Fonds darin, dass sie in mehrere Anlageklassen investieren, die gering oder sogar negativ korreliert sind. Brechen also beispielsweise die Aktienbörsen ein, geht es in der Regel an den Märkten für Staatsanleihen bester Bonität – beispielsweise aus den USA oder Deutschland – nach oben, was diesen Portfolios einen geradlinigeren Renditeverlauf beschert, als Produkten, die nur in eine Art von Vermögenswerten investieren. Und tatsächlich wirkt sich das geeignete Mischen unterschiedlicher Anlageklassen positiv aus. Das zeigt der Blick auf die größtenteils von der Coronavirus-Pandemie geprägte Wertentwicklung einiger Multi-Asset-Fonds seit Jahresanfang.
In der „heißen Phase“ dieser Krise sind jedoch die langfristig bestehenden Korrelationen zwischen den einzelnen Arten von Vermögenswerten kurzzeitig stark zusammengelaufen. Der wichtigste Grund für dieses Phänomen: Der plötzlich auftretende und gewaltige Hunger vieler Anleger nach Liquidität, die daher alle Anlageklassen gleichermaßen abstießen. Noch dazu setzten die Ausgleichseffekte von Gewinnen im einen und Verlusten im anderen Teil von Portfolios teilweise zeitverzögert ein. Und schließlich fielen die Aufschläge in „sicheren Häfen“ wie Gold oder Staatsanleihen bester Bonität nicht unbedingt so hoch aus wie die Abschläge bei riskanteren Vermögenswerten. „Es kommt also neben den richtigen Zutaten auch auf ein optimales Mischungsverhältnis und ein gutes Timing an. Vor diesem Hintergrund stellt sich dann natürlich die Frage, wie zweckmäßig starre Vorgaben für den Aktien-, Anleihen- oder Goldanteil eines Multi-Asset-Fonds sind“, sagt Thomas Graby, Fondsmanager des DWS Invest Conservative Opportunities.
Oftmals unvollständige Vorstellungen vom Risiko einzelner Anlageklassen
Solche Quoten für einzelne Anlageklassen, die sich institutionelle Investoren selbst auferlegen oder die durch den Regulierer definiert werden, sollen gewissermaßen gleich in der DNA eines Produkts ein bestimmtes Rendite-Risiko-Profil einpflanzen. „Nicht zuletzt die Ereignisse an den Kapitalmärkten im ersten Quartal dieses Jahres haben aber wieder gezeigt, dass die damit einhergehende Begrenzung der Flexibilität der Fondsmanager dazu führen kann, dass sie die mit festen Allokationsvorgaben verbundenen Risikoziele etwa in Form von maximalem Verlust oder Schwankungsbreite oftmals verfehlen“, sagt Graby. Was als Brandmauer gedacht sei, verkehre sich also im Zweifel in einen Brandbeschleuniger.
Zur Verdeutlichung verweist er auf ein theoretisches Multi-Asset-Portfolio, in dem ein Anteil von 50 Prozent an in Euro ausgestellten Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Bonität festgeschrieben ist. Mit solchen Schuldtiteln wird typischerweise ein geringes Schwankungs- und Verlustrisiko in Verbindung gebracht, weshalb es viele institutionelle Investoren gerne sehen, wenn ihnen ein hoher Anteil zukommt, der außerdem nicht zur Disposition des Fondsmanagers steht.
„Die Frage ist jedoch, ob nicht ein deutlich niedrigerer Anteil von beispielsweise zehn Prozent an Aktien und 40 Prozent an Bargeld in Verbindung mit einem geeigneten Risikomanagement eine sinnvollere Alternative gewesen wäre, als die 50-prozentige Quote an Unternehmensanleihen durch die Krise zu halten“, sagt Graby.
So seien Aktien deutlich liquider, weshalb sie auch in Krisenzeiten zu jenem Preis gehandelt werden könnten, der für Marktteilnehmer sichtbar sei. Unternehmensanleihen wiesen aufgrund der geringeren Liquidität hingegen oftmals deutliche Preisabschläge auf. „Während der Corona-Krise wurden beispielsweise Exchange Traded Funds für Unternehmensanleihen zum Teil mit Abschlägen von fünf Prozent gegenüber dem Nettoinventarwert gehandelt“, erläutert der Portfoliomanager. Neben der besseren Verkaufsmöglichkeit böten Aktien mit Future-Kontrakten auf Indizes wie den Dax aber auch das deutlich bessere Absicherungsinstrument als Credit Default Swaps bei Unternehmensanleihen.
Risikosteuerung über Bargeld von Investoren zu negativ gesehen
Auch die negative Beurteilung hoher Kassepositionen sollte nach Ansicht von Graby hinterfragt werden. Schließlich sei Bargeld die einzige risikolose Anlageklasse, weshalb sie verstärkt zur Steuerung des Risikos eingesetzt werden könne – vor allem in Phasen von Liquiditäts-Crashs. „Insgesamt wäre daher zu überlegen, direkte Vorgaben für maximalen Verlust und Schwankungsbreite als zeitgemäße und effiziente Brandmauern in den Fokus bei Anlagebegrenzungen zu rücken und dem Umweg über Quoten für einzelne Anlageklassen eine geringere Bedeutung beizumessen“, so der Fondsmanager.
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