Kommentar
17:10 Uhr, 30.03.2006

Mit Westfirmen lassen sich die Ostbörsen über die Bande spielen

Die Idee, die Ostbörsen über Firmen aus dem Westen zu spielen, ist beileibe nicht neu. Wie clever diese Strategie sein konnte, wird seit langem vor allem an der Wiener Börse demonstriert. Die Kursvervierfachung, die dem ATX-Index seit Oktober 2002 geglückt ist, hat nicht zuletzt auch mit der erfolgreichen Expansion zu tun, die viele österreichische Firmen in Osteuropa hingelegt haben. Als Paradebeispiel für eine gelungene Geschäftsausweitung im Osten gelten die österreichischen Banken. Diese sind in Osteuropa hervorragend positioniert und haben den deutschen Kreditinstituten in diesen Wachstumsmärkten die Butter vom Brot genommen. Für diese Weitsicht werden die Aktien von Bank Austria Creditanstalt, Erste Bank und Raiffeisen International Holding mit ansehnlichen Kurssteigerungen belohnt.

Ganz billig sind diese Titel inzwischen zwar nicht mehr. Aber die Aussichten auf in den nächsten Jahren überproportional gut laufenden Geschäften im Osten dürfte das Interesse der Anleger an diesen Werten hochhalten. Das gilt auch für andere europäische Banken, wie etwa die französische Societe Generale oder die belgische KBC, die in der Region ebenfalls mitmischen. Und natürlich auch für die griechischen Institute, die gerade speziell im Balkan-Raum dabei sind, ihre Präsenz noch weiter auszubauen. Einen Blick wert sind aber auch die in Osteuropa aktiven Versicherungen, zu denen Generali (hier soll das Osteuropa-Geschäft in der Generali Holding Vienna gebündelt werden) ebenso gehört wie die österreichische Uniqa.

Die Idee, die hinter einem Investment in Aktien von Unternehmen steckt, die in Osteuropa aktiv sind, ist nicht nur einfach zu verstehen, sondern auch einleuchtend. Denn wenn es sich um ein solide geführtes Unternehmen in einem intakten Geschäftsumfeld handelt, dann hat eine solche Gesellschaft mit dem Cash Flow, der im Westen generiert wird und dem vorhandenen Know How, gute Chancen, sich im Osten eine führende Marktposition zu erkaufen und zu erarbeiten. Außerdem gibt es etliche Unternehmen, die über Direktinvestitionen in der Region ihre Produktkosten senken und dadurch ihr Wettbewerbsposition auf den Weltmärkten verbessern.

Zertifikat, das die Strategie umzusetzen versucht, läuft nur unterproportional

Ganz so einfach wie es auf den ersten Blick aussehen mag, ist die Umsetzung der vorgestellten Strategie aber offensichtlich nicht. Darauf lässt zumindest die bisherige Performance eines von Merrill Lynch emittierten EU Erweiterungs-Baskets (ISIN: DE000A0DW9R9, 130,20 Euro) schließen, der im Verhältnis 1:1 von der Entwicklung der darin enthaltenen 25 Einzelwerte partizipiert. Denn die Wertentwicklung dieses seit dem 3. März 2005 gehandelten und bis zum 25. Februar 2010 laufenden Zertifikats ist zwar mit einem Plus von rund 30 Prozent deutlich nach oben gerichtet, mit den stolzen Kurssteigerungen der meisten Ostbörsen kann es aber nicht mithalten.

Eine genauso gute Performance war zwar vielleicht auch von vorneherein nicht zu erwarten. Dafür sind die Umsatz- und Ergebnisbeiträge die aus der Region stammen schließlich bei manchen Westfirmen noch zu klein. Und das Risikoprofil der meisten im Aktienkorb enthaltenen westlichen Großkonzerne ist ein anderes als das der meisten Ostaktien.

Wie immer kommt es aber auch hier auf das richtige Stock-Picking an

Aber die Erfahrungen mit dem Merrill Lynch Basket machen trotzdem deutlich, dass es auch bei dieser Strategie auf das richtige Stock-Picking ankommt. So sollte bei der Umsetzung wie eben schon erwähnt darauf geachtet werden, dass die Geschäfte im Osten gemessen an der Größe des Gesamtkonzerns nicht zu klein sind oder zumindest die Aussicht besteht, zügig eine kritische Größe zu erreichen. Ansonsten kommt es natürlich darauf an, dass Kaufkandidaten auf ihren Heimatmärkten über schlecht laufende Geschäfte nicht die Gewinne wieder verspielen, die sie im Osten erwirtschaften. Wo das Problem liegt, zeigt beispielsweise der im Basket enthaltene deutsche Handelskonzern Metro, der im bislang konsummüden Deutschland so sehr zu kämpfen hat, dass der Kurs trotz guter Wachstumschancen im Ausland seit rund zwei Jahren kaum von der Stelle kommt.

Und selbstverständlich zählt auch hier das Bewertungsargument, das heißt, die Titel sollten schon vernünftig bewertet sein, schließlich ist die Ostphantasie kein Allheilmittel. Eine Schwäche des Merrill Lynch Produktes ist vermutlich auch die Tatsache, dass alle 25 berücksichtigten Titel mit jeweils vier Prozent gleich gewichtet sind und die Zusammensetzung des Aktienkorbs bis zum Ende der Laufzeit fix ist.

Wenn es dagegen darum geht, in Firmen zu investieren, die sich im Osten neue Absatzmärkte erschließen, dann boten und bieten hierfür nach wie vor der Finanzsektor sowie die Bauwirtschaft und die Konsumbranche dafür die allerbesten Voraussetzungen. Denn in allen diesen Bereichen hat die Region verglichen mit dem im Westen anzutreffenden Niveau unverändert großen Nachholbedarf und das wird auch in den nächsten Jahren so bleiben.

Wir werden uns in den nächsten Tagen direkt vor Ort anschauen, was einige griechische Unternehmen in Osteuropa vorhaben. Speziell im Balkan-Raum eröffnen sich vielen griechischen Gesellschaften ganz neue Chancen und Perspektiven. Wenn uns nun die Firmen auch noch davon überzeugen können, dass sie in der Lage sind, das geplante Wachstum auch zu stemmen, dann könnte es sein, dass demnächst weitere griechische Aktien in unser Musterdepot Eingang finden werden. Wir haben jedenfalls schon einige Kaufkandidaten ins Visier genommen, wollen vor dem Kauf aber die Unternehmen erst noch eingehender überprüfen.

Der Schweizer Glasbehälterhersteller Vetropack nutzt die Märkte im Osten geschickt

Schon jetzt ein positives Urteil haben wir uns zu den beiden Schweizer Werten Vetropack und Hügli Holding gebildet. Bei Vetropack (ISIN: CH0006227612, 1.230 Franken) handelt es sich dabei um einen Schweizer Glasbehälterhersteller. Der tolle Lauf, den die Aktie in den vergangenen Jahren hatte, ist unter anderem auf eine weitsichtige Expansion in Osteuropa zurückzuführen. Tätig ist Vetropack in der Region Osteuropa mit eigenen Werken inzwischen nämlich in Kroatien, Tschechien sowie der Slowakei und seit Ende Januar ist man zudem über eine Mehrheitsbeteiligung von 75 Prozent an der Gostomel Glass Factory in der Ukraine aktiv und kontrolliert dadurch mit einem Schlag 22 Prozent des Marktes. Denn durch seine Aktivitäten dort profitiert das Unternehmen nicht nur von niedrigeren Produktionskosten, sondern auch von anders als im stagnierenden Westen wachsenden Märkten für Behälterglas. So ist es der Gesellschaft 2005 trotz schwieriger Rahmenbedingungen gelungen, bei einem Umsatzplus von 7,1 Prozent auf 519,8 Mio. Schweizer Franken den Nettogewinn sogar um 22 Prozent auf 50,9 Mio. Franken zu verbessern. Seit 2002 hat sich das Ergebnis dadurch inzwischen schon verdoppelt und nach einem Zwischenjahr 2006, das von hohen Investitionen in die Zukunft geprägt sein wird, stehen die Chancen auf in den kommenden Jahren weiter steigende Gewinne gut. Mit einem KGV von rund 13 scheint die Aktie angesichts der soliden Geschäftsperspektiven weiter kaufenswert zu sein. Und auch der einwandfreie Aufwärtstrend spricht für weiter steigende Notierungen. (Internet-Adresse: www.vetropack.com)

Auch der Schweizer Nahrungsmittelhersteller Hügli ergreift die Chancen im Osten geschickt

Ebenfalls eine gute Positionierung in Osteuropa darf dem Schweizer Saucen und Suppenproduzenten Hügli Holding (ISIN: CH0004647951, 600,50 Schweizer Franken) konstatiert werden. Wie gut der Nahrungsmittelhersteller aufgestellt ist, zeigt auch die unlängst veröffentlichten Zahlen für das Geschäftsjahr 2005. Den Angaben zufolge hat es Hügli geschafft, den Umsatz um 16,5 Prozent auf 271,7 Mio. Franken zu steigern und der noch nicht bezifferte Gewinn ist überproportional gestiegen. Ebenfalls überproportional zugenommen hat der in Osteuropa erzielte Umsatz. Auf lokaler Währungsbasis stand hier für 2005 ein Plus von 28,5 Prozent (in Franken: plus 38,2 Prozent) auf 31,5 Mio. Franken zu Buche. Insgesamt stammen damit nun bei steigender Tendenz zwölf Prozent der Umsätze aus unserer Zielregion. Das KGV ist bei der Hügli-Aktie auf 15 zu beziffern, was zwar nicht mehr ganz günstig ist. Die auf Jahre hinaus positiv zu beurteilenden Geschäftsaussichten und die mehr als solide Bilanz lassen den Titel aber weiter interessant erscheinen. (Internet-Adresse: www.huegli.com)

Neben Vetropack und Hügli haben wir bekanntlich mit dem Werbezeitenvermarkter Arbomedia (ISIN: DE0005489306, 8,00 Euro) auch bereits ein deutsches Unternehmen im Musterdepot, das in Osteuropa sehr aktiv ist. Nachdem dieser Wert zuletzt sehr gut gelaufen ist und seit der Erstempfehlung in Ausgabe 01-06 um 34 Prozent zugelegt hat, hoffen wir darauf, dass auch eine zweite deutsche Aktie, der wir erheblichen Ost-Charme zubilligen, sich ähnlich gut entwickeln wird. In der Vollversion des OstbörsenReports verraten wir, um welchen Titel es sich dabei konkret handelt.

Bleiben Sie mit dem Ostbörsen-Report up-to-date in Sachen Osteuropa-Börsen! Nachdem der DAX und MDAX in Deutschland schon stark gestiegen ist, schlummert großes Potential in Märkten Osteuropas! Lassen Sie sich diese Chancen nicht entgehen. Informieren Sie sich unter http://www.ostboersen-report.de/

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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