Kommentar
13:00 Uhr, 15.02.2006

Mit reinem Gewissen in die Zukunft investieren

Schwedens Energieministerin Mona Sahlin hat ein ehrgeiziges Ziel: Bis zum Jahr 2020 soll ihr Land ganz ohne fossile Energieträger wie Erdöl, Erdgas oder Kohle auskommen. Stattdessen setzt die Regierung in Stockholm auf erneuerbare Energien wie Bio und Wind. Für Anbieter entsprechender Technologien klingt das nach vollen Auftragsbüchern. Auch einige Emissionshäuser haben den Trend erkannt und Zertifikate auf Umwelt- und Nachhaltigkeitsindizes begeben.

Von Unternehmern werden sie immer seltener belächelt: Umweltschützer und sonstige Idealisten, die sich – lange Zeit scheinbar bar jeder ökonomischen Vernunft – für eine bessere, aber nicht greifbare Zukunft einsetzen. Schließlich neigt man dazu, im Hier und Jetzt zu leben. Daher wurden die geforderten Auflagen oft als unnötige und teure Zusatzbelastungen empfunden, denen jeglicher Realitätsbezug zu fehlen schien. Doch seit ein paar Jahren hat ein grundlegender Paradigmenwechsel eingesetzt. Die Einsicht hat sich durchgesetzt, dass man mit der Zerstörung der Umwelt sich selbst die Lebensgrundlage entzieht. Wichtige Denkanstöße liefert freilich die deutliche Zunahme von Naturkatastrophen, die nicht nur Leib und Leben bedrohen, sondern auch einen quantifizierbaren, volkswirtschaftlichen Schaden anrichten. Hurrikan „Kathrina“ beispielsweise wütete im Golf von Mexiko und legte die dort angesiedelte Ölindustrie lahm. Der volkswirtschaftliche Schaden wird auf mehr als 100 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Zeit zum Umdenken

Gleichzeitig treibt die angespannte geopolitische Lage im Nahen Osten den Ölpreis weiter nach oben und macht dabei eines klar: Die fossilen Rohstoffe, die der Weltwirtschaft bislang als unersetzliche Energiequelle dienen, sind begrenzt. Die Schätzungen, wie lange die Erdölreserven noch ausreichen, unterliegen starken Schwankungen. Denn auf der einen Seite werden ständig neue Ölvorkommen entdeckt, während der weltweite Verbrauch auf der anderen Seite, allen voran in China, stetig zunimmt. Bei einer Steigerungsrate von zwei Prozent, die im Bereich der Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA) liegt, würden innerhalb der nächsten 25 Jahre über die Hälfte des verbleibenden konventionellen Erdöls gefördert und die jetzt bekannten Reserven fast aufgebraucht sein. Unabhängig von den tatsächlichen Zahlen steht heute schon fest: Um eine ausgewachsene Krise abzuwenden, muss der Energiebedarf auf alternativem Weg abgedeckt werden. Viele Experten weiten den Begriff „alternativ“ dabei großmütig auf die Kernenergie aus. Diese weite Definitionsauslegung geht „grünen Hardcore-Aktivisten“ selbstverständlich viel zu weit. Sie setzen ausschließlich auf regenerative Energien wie Wasser, Wind und Sonne.

Die Effizienz lässt noch zu wünschen übrig

Doch auch Ökostrom ist nicht über Kritik erhaben. Neben der Verschandelung der Landschaft und dem Eingriff in natürliche Flusswege ist die Ineffizienz immer noch das größte Manko der regenerativen Energieformen. Um alleinig den steigenden Energiehunger stillen zu können, sind noch weitere technologische Errungenschaften vonnöten. Konsequenter Weise ist weitere Forschung in diesen Bereichen nötig. Deutschland nimmt international eine Vorreiterrolle ein. Selbst die neue Regierung kann sich dieser Entwicklung nicht verschließen, auch wenn die Union den Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Atomenergie immer wieder zur Sprache bringt. Immerhin sind alternative Energieträger zu einem eigenen Wirtschaftszweig erwachsen. Die Branche erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von rund acht Milliarden Euro und beschäftigt rund 130.000 Menschen. Eine Fortführung der Förderung ist daher auch wirtschaftlich sinnvoll, zumal sich die Technologien über kurz oder lang auch zu einem echten Exportschlager entpuppen könnten – vorausgesetzt natürlich, dass der Innovationssprung glückt und der wirtschaftliche Nutzen von Windparks und Solarzellen letztendlich die Produktions- und Unterhaltungskosten auch ohne staatliche Subventionen übersteigt. Bei einem weiter steigenden Ölpreis stehen die Chancen hierfür aber nicht schlecht.

Vom Solarboom profitieren

Die Börse ist vom Erfolg der Sonnenkraft augenscheinlich überzeugt. Zumindest stehen Solaraktien schon seit Längerem auf der Sonnenseite. Die in Bonn ansässige Solarworld beispielsweise „explodierte“ seit ihrem Börsengang vor rund sechseinhalb Jahren um mehr als 3.000 Prozent. Bereits im ZertifikateJournal 04/06 stellten wir einige Zertifikate vor, die von dem Solarboom profitieren, jedoch allesamt mehr oder weniger große Schwächen aufweisen. So macht der „Highflyer“ Solarworld im „New Energy Active“-Zertifikat (ISIN DE 000 696 259 0) von der WestLB mit einem Anteil von mehr als 80 Prozent ein erschlagendes Gewicht aus. Allein im vergangenen Jahr legte das Produkt 204,8 Prozent zu. Allerdings ist hier die Laufzeit bis zum 31. Januar 2007 begrenzt. Ohne Laufzeitbegrenzung kommt dagegen das erst im vergangenen November von ABN Amro aufgelegte „Renewable Energy“-Zertifikat (ISIN NL 000 004 834 6) aus, so dass Anleger zumindest über die (noch) steuerlich relevante Haltefrist von einem Jahr kommen können. Das ABN-Papier bezieht sich auf den „S&P Custom/ABN Amro Renewable Energy“-Index, der global nur zehn Unternehmen aus dem Bereich erneuerbare Energien beherbergt. Die enge Auswahl kommt zustande, da alle Indexmitglieder mindestens eine Marktkapitalisierung von 100 Millionen US-Dollar auf die Waage bringen und 60 Prozent ihres Umsatzes mit Wasserkraft, Solar-, Bio- oder Windenergie bzw. Brennstoffzellen oder Erdwärme erzielen müssen. Eine Indexüberprüfung erfolgt jährlich, wofür eine Managementgebühr von einem Prozent p.a. fällig wird. Zudem behalten die Holländer 25 Prozent der Dividenden ein.

Sinnvolle Alternative mit breiterer Mischung

Wie bereits vor zwei Wochen resümiert, bieten sich die bisher vorgestellten Produkte aufgrund ihrer Mängel nicht wirklich für ein Langfristengagement an. ABN Amro reagiert auf diese unzufrieden stellende Situation mit der Emission des Ökoinvest Zertifikats (ISIN NL 000 009 395 3), bei dessen Ausgestaltung auch das Team des ZertifikateJournals mitgewirkt hat. Dieses mischt erfreulicher Weise ganz nach dem Motto „Bäume wachsen trotz konsequenter Nutzung des Sonnenlichts nicht in den Himmel“ zu Solaraktien & Co noch andere wichtige Branchen hinzu. Schließlich ist bei den regenerativen „Kraftprotzen“ ein zwischenzeitlicher Schwächeanfall nicht gänzlich auszuschließen. Daher sind mit Whole Foods Market (USA) ein Vertreter der Lebensmittelbranche, mit der britischen Levern Trent und der österreichischen BWT zwei Wasserspezialisten und mit der britischen Body Shop ein Anbieter ökologisch vertretbarer Körperpflegemittel im zugrunde liegenden Ökoinvest-Index anzutreffen. Darüber hinaus halten noch der Schweizer Sanitärexperte Geberit, der amerikanische Innenausstatter Interface sowie die zwei Recycling-Gesellschaften Tomra Systems (Norwegen) und Mayr-Melnhof Karton (Österreich) Einzug in die Auswahl des insgesamt 16 Werte umfassenden Korbes. Die Hälfte speist sich allerdings erneut mit den regenerativen Energieanbietern Vestas, Motech, Energy Conversion Devices, Evergreen Solar, Solarworld, Q-Cells, Conergy und Solon. Dass die Sektorbeimischung keineswegs schadet, zeigt die bisherige Wertentwicklung des noch sehr jungen Zertifikats, das mit einem Anstieg von 28,5 Prozent seit Emission Anfang Januar einen fulminanten Start hinlegen konnte.

ÖKO-INVEST sucht die Werte aus

Für die Zusammensetzung des Ökoinvest-Index ist die ÖKO-INVEST verantwortlich. Die Wiener Verlagsgesellschaft des visionären Max Deml hat sich einen Namen als Börsendienst für „Geldanlagen mit Verantwortung und Erfolg“ gemacht und u.a. auch schon zwei eigene Aktienindizes initiiert. Während der „nx-25“-Index 25 internationale Naturaktien auswählt, umfasst der „Photon-Photovoltaic-Aktien“-Index (PPVX) ausschließlich 26 Solarpapiere. Diese beiden Barometer können auf eine beeindruckende Vergangenheitsentwicklung zurückblicken (siehe Chart) und bilden das Universum, aus dem sich letztendlich die 16 Titel des Ökoinvest-Index rekrutieren. Bei der Auswahl spielen die Marktkapitalisierung und Liquidität der Aktien eine wichtige Rolle. So muss jedes Mitglied einen Börsenwert von mindestens 100 Millionen Euro und ein durchschnittlich tägliches Handelsvolumen über die vergangenen drei Monate von 500.000 Euro aufweisen. Einmal jährlich erfolgt eine Indexüberprüfung, wobei alle Mitglieder mit 6,25 Prozent wieder eine Gleichgewichtung erfahren. Dieses Konzept kommt bei „Outperformern“ einer automatischen Gewinnmitnahme gleich, während „Underperformer“ nachgekauft oder mit besseren Werten getauscht werden. Als Aufwandsentschädigung verlangt ABN eine jährliche Managementgebühr von 1,5 Prozent, was durch den Mix von zum Teil schwer handelbaren Werten als fair erachtet werden muss, zumal die Dividenden komplett an die Investoren gehen. Dass Deml nicht nur einen grünen Daumen, sondern auch bei der Auswahl ein glückliches Händchen besitzt, hat er mit dem „BNP Umwelt:Ethik 24“-Zertifikat (ISIN DE 000 583 586 2) bewiesen, das 2005 um 43,8 Prozent zulegte.

Der grüne Daumen fürs Depot zeigt nach oben

Während „Öko“ noch vor ein paar Jahren einem Schimpfwort gleichkam, hat sich das Bild mittlerweile geändert – spätestens seit man mit ethisch-ökologi­schen Investments auch Geld verdienen kann. Das Ökoinvest-Zertifikat ist eine chancenreiche Depotbeimischung für langfristig disponierende Anleger und leistet eine vollumfängliche Abbildung des „Öko-Megatrends“. Strikt ethisch orientierte Investoren werden sich über die klaren Auswahlkriterien freuen, deren Einhaltung man durch die transparente Zertifikatkonstruktion im Gegensatz zu Fonds jederzeit selbst überprüfen kann.

Zertifikate auf alternative Energien und Nachhaltigkeits-Indizes

WKN / ISIN

Zertifikat

Fälligkeit

Kurs (Euro)

Performance 2005

Performance YTD

696 259 / DE 000 696 259 0

New Energy Active

31.01.2007

74,12

205,8%

85,7%

583 586 / DE 000 583 586 2

umwelt:ethik 24

open end

121,59

43,8%

9,0%

SG1 ERX / DE 000 SG1 ERX 7

ERIX Open End

open end

128,54

n/a

36,7%

ABN 2Z5 / NL 000 009 395 3

Ökoinvest Open End

open end

128,54

n/a

29,6%

ABN 5GH / NL 000 004 834 6

Renewable Energy

open end

18,68

n/a

25,5%

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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