Kommentar
10:46 Uhr, 23.02.2007

Mit neuen Anleihen lebhafter Start ins neue Jahr

Für Unternehmen im riskantesten Segment des Anlagespektrums begann das neue Jahr vergleichsweise turbulent: Niedrige Kreditzinsen und kräftiges Wirtschaftswachstum kurbelten die Nachfrage nach Rentenwerten an. Entsprechend wurden in den ersten Wochen des neuen Jahres Anleihen im Wert von über acht Milliarden Euro an Anleger verkauft, die von den derzeit hohen Renditen profitieren möchten. Aber haben sie damit nicht vielleicht etwas übereilt gehandelt? Sind sie nicht einem erheblichen Verlustpotenzial ausgesetzt, falls der Markt sich wendet? Langfristig gibt es sicherlich Anlass zur Vorsicht, kurzfristig bietet sich allerdings eine Vielzahl attraktiver Chancen.

Auf der Jagd nach guten Renditen

Der Markt für High Yields ist das risikoreichere Segment des Anleihemarktes. Hier tummeln sich Unternehmen, die aus verschiedenen Gründen einen überdurchschnittlichen Verschuldungsgrad aufweisen. Höhere Verschuldung geht mit einem höheren Ausfallrisiko einher. Das klingt doch etwas riskant – warum sind Anleger dann so wild darauf, diesen Unternehmen Kredit zu gewähren? Das hat vor allem zwei Gründe: Erstens sind die Renditen herkömmlicher festverzinslicher Wertpapiere (Staatsanleihen und Investment-Grade-Unternehmensanleihen) gering – Investoren halten deshalb nach höher rentierlichen Anlagen Ausschau. Zweitens kommt es vor dem Hintergrund der gegenwärtigen konjunkturellen Dynamik bei nur sehr wenigen High-Yield-Unternehmen zum Zahlungsausfall. Für viele Investoren lohnt sich daher das Risiko.

In diesem Umfeld, in dem anscheinend so gut wie jedes Unternehmen Käufer für seine Anleihen finden kann, gehen wir nichtsdestotrotz mit der gebotenen Vorsicht und Selektivität vor. Einige Aspekte geben Anlass zu Bedenken: So sind die Konditionen für High Yields jetzt für Unternehmen günstiger als für Anleihegläubiger. Hinzu kommt, dass Unternehmen bei Neu-Emissionen sehr viel mehr Kredit gewährt wird. Als Investoren werden wir hier deshalb vorsichtiger bei Langfristanlagen sein.

Gedämpfter Opportunismus

Die massive Nachfrage seitens anderer Investoren ermöglicht uns auf kurze Sicht eine opportunistische Vorgehensweise. Da Rentenwerte die festgelegten Performance-Ziele jetzt erheblich schneller erreichen als früher, konnten wir unsere Haltedauer bei Anleihen deutlich verringern. Noch vor ein paar Jahren hätten wir die entsprechenden Werte wahrscheinlich für die Dauer von ein, zwei Jahren gehalten – jetzt erreichen wir unsere Performance-Ziele innerhalb weniger Wochen, wenn nicht sogar Tage. Damit ermöglicht uns die aktuelle Marktsituation ein weitaus höheres Maß an Flexibilität beim Portfolio-Management: Je schneller die Anleihen das gesetzte Ziel erreichen, desto schneller können wir die Portfoliobestände umschlagen.

Die Anleihen, die wir auf lange Sicht halten und die unseren Kernbestand ausmachen, verfügen in der Regel über bestimmte Merkmale: Sie wurden von Unternehmen mit stabilen oder sich verbessernden Finanzzahlen ausgegeben, die vorzugsweise auch ihre Bonität verbessert haben; entweder steht ihre Fälligkeit kurz bevor oder sie werden wahrscheinlich nach kurzer Zeit (in der Regel innerhalb der nächsten zwei, drei Jahre) vom Emittenten zurückgekauft. Diese bieten dem Anleihegläubiger durch bestimmte Auflagen höheren Schutz gegenüber Maßnahmen des Unternehmens, die den Interessen der Anleger zuwiderlaufen könnten.

Erfreuliche Aussichten – bis auf weiteres

Die Marktperspektiven sind zunächst noch recht positiv. Die Ausfallraten steigen, wenn es mit der Wirtschaft abwärts geht. Das heißt: Wenn sich eine weltwirtschaftliche Rezession abzeichnet, zieht man sich aus dem Rentenmarkt zurück. Unserer Einschätzung nach ist die Weltwirtschaft in guter Verfassung; wir rechnen bis auf weiteres nicht mit einer Rezession.

Zweifelsohne muss die Ausfallrate irgendwann auch wieder steigen. Tatsächlich kann ein starkes Wirtschaftswachstum insofern schon den Grundstein seines eigenen Niedergangs legen, indem es die „Stunde der Wahrheit“ für angeschlagene Unternehmen hinauszögert. Eine kräftige Konjunktur begünstigt nicht nur leistungsfähige Unternehmen, sondern auch jene, die dadurch reichlich Gelegenheit für zweifelhafte Business-Pläne, weitere Verschuldung und höhere Kreditaufnahme bei Anlegern erhalten. Sobald also eine Rezession droht, werden wir uns aus diesem Markt zurückziehen.

Bis dahin dürfte allerdings noch einige Zeit ins Land gehen. Mitte der 1990er Jahre verharrten die Ausfallraten fünf Jahre lang auf niedrigem Niveau. Auch jetzt sind die Ausfallraten bereits seit ein paar Jahren niedrig, wir könnten uns daher inmitten einer vergleichbaren Phase befinden. Bis auf weiteres sollten also die meisten Unternehmen ihren Zinsverpflichtungen nachkommen. Die Anleihekurse werden somit stabil bleiben. Solange die Konjunkturaussichten positiv bleiben, werden Unternehmensanleihen (insbesondere High-Yields) höhere Erträge bieten als Staatsanleihen.

Quelle: Schroders

Die Schroders-Gruppe ist eine führende internationale Vermögensverwaltungsgesellschaft, die 1804 gegründet wurde. Schroders verwaltet Anlagen für Pensionsfonds, Regierungsbehörden, Wohltätigkeitsorganisationen, Körperschaften, Familienunternehmen und vermögende Privatpersonen weltweit und ist ein führender Verwalter von Investmentfonds. Schroders bietet Anlagen in allen wichtigen Vermögenskategorien in entwickelten Ländern und Schwellenländern an: Aktien, Schuldtitel, Geldmarktinstrumente, Beteiligungen und Immobilien. Das weltweit verwaltete Vermögen betrug zum 31. März 2006 rund 184,2 Mrd. Euro.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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