Kommentar
09:48 Uhr, 25.11.2014

Milliardenverluste und trotzdem Milliarden wert?

Es gibt Unternehmen, die ihre Verluste Quartal um Quartal ausweiten und an der Börse trotzdem immer wertvoller werden. Das passt nicht zusammen. Eigentlich.

Erwähnte Instrumente

  • Zayo Group Holdings Inc.
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  • Lumen Technologies
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Ausweitung der Verluste und trotzdem steigender Börsenwert – das sind für gewöhnlich die Stories von Unternehmen, die noch jung sind und sich in einer hohen Wachstumsphase befinden. Dort gehören hohe Verluste zur Tagesordnung. Es sind aber nicht nur solche Unternehmen, die das können. Auch etablierte Unternehmen können ihre Verluste massiv ausweiten und trotzdem von Anlegern bejubelt werden. Besonders ausgeprägt ist das bei IT Infrastrukturunternehmen.

IT Infrastrukturunternehmen - Die leise Boombranche

IT Infrastruktur klingt zunächst etwas langweilig, ist aber einer der unterschätzten Megatrends. Alle reden vom Internet der Dinge, der komplett vernetzen Welt, Smartphones, Smart Grids, Smart Homes usw. Keiner redet davon wie das alles umgesetzt wird: durch langweilige IT Infrastruktur. In Deutschland ist seit Jahren die Rede vom Ausbau dieser Infrastruktur. Bis ganz Deutschland Breitbandinternet zur Verfügung hat vergehen noch viele Jahre. Es kostet auch viel. Die Gesamtinvestitionen für einen flächendeckenden Ausbau von Glasfasernetzen wird auf über 50 Mrd. EUR geschätzt.

In anderen Ländern ist das nicht anders. Auch die USA sind noch mitten im Ausbau, auch wenn sich dort in den vergangenen Jahren schon viel getan hat. Nichtsdestotrotz boomt der Sektor und die Aktie mit ihm, obwohl die Verluste teils gigantisch sind. Ein Beispiel ist Level 3 Communication. Das Unternehmen schrieb von 1998 bis 2013 kein einziges Mal Gewinn. Seit 1998 wurden insgesamt 14,3 Mrd. an Verlust angehäuft. 2014 dürfte Level 3 erstmalig einen merklichen Gewinn schreiben. Wie kann das überhaupt sein?

Level 3 ist an der Börse knapp 17 Mrd. USD wert. Da muss schon irgendetwas dahinterstecken und das tut es. Unternehmen wie Level 3, die Daten Zentren und Infrastruktur aufbauen und betreiben, weisen zwar hohe Verluste aus, gehen aber trotzdem nicht bankrott. Der Cash Flow ist stark positiv und das Ergebnis vor Abschreibungen und Zinsen sehr hoch. Zwischen EBITDA und Nettoergebnis klafft eine große Lücke.

Fremdkapitalkosten machen sicherlich einen Teil aus. Der absolut überwiegende Teil kommt aber aus Abschreibungen. Level 3 schreibt ab als gäbe es kein Morgen mehr. Die Abschreibungen könnten über längere Zeiträume getätigt werden. Die meisten Unternehmen tun dies nicht. Dadurch sieht die Jahresbilanz tiefrot aus. Es sind allerdings keine tatsächlichen Verluste, die anfallen. Wenn dann erst einmal das meiste abgeschrieben ist, dann sprudeln die Gewinne.
Zwei solcher Unternehmen sind Equinix und CenturyLink. Century Link macht 18 Mrd. Umsatz und knapp eine Milliarde Gewinn. Bei Equinix ist die Profitabilität noch etwas besser und steigt stark an. In ein oder zwei Jahren wird die Nettomarge um die 15% betragen. Level 3 sollte den Großteil der Abschreibungen hinter sich haben und ab jetzt steigende Gewinne ausweisen. In drei Jahren gehen viele Analysten von einer Nettomarge von 9% auf. Bei einem Jahresumsatz von 9 bis 10 Mrd. kommt da schon etwas zusammen.

Vor wenigen Wochen ging ein weiteres Unternehmen der Branche an die Börse. Zayo ist im Vergleich zu den anderen drei Unternehmen noch etwas kleiner. Der Umsatz wird 2014 ca. 1,3 Mrd. betragen. Der Verlust wird auf absehbare Zeit im Bereich mehrerer hundert Millionen sein. Im abgelaufenen Quartal wies Zayo einen Verlust von 110 Mio. USD aus. 96 Mio. davon gingen auf Abschreibungen zurück. 123 Mio. gingen auf Aktienvergütungen nach Börsengang vor einigen Wochen zurück. Ohne Sonderfaktoren war das Ergebnis positiv, mit durchschnittlichen Abschreibungen hätte Zayo ungefähr 70 Mio. verdient. Rechnet man so, dann ist das Unternehmen aufs Jahr gerechnet mit einem KGV von ungefähr 20 bewertet. Für ein Unternehmen, das 15 bis 20% wächst ist das nicht viel.

Zayo muss erst noch beweisen, dass sie die Erfolge der vergangenen Jahre beim Wachstum fortführen können. Level 3 und Equinix haben es bereits gezeigt. Level 3 ist gerade nach oben ausgebrochen, Equinix arbeitet noch daran. Wegen der kurzen Kurshistorie ist bei Zayo noch nicht abzusehen, ob die Aktie ungebremst weiter nach oben ziehen kann. Welches Unternehmen wirklich das beste ist, ist schwer zu sagen. Der Sektor als solcher ist aber hochinteressant und ein langfristiges Investment wert.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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