Kommentar
15:41 Uhr, 05.12.2007

Mexico im Sog des Dollars

Der US-Dollar steht unter Druck. Mit Recht stellen sich Investoren derzeit die Frage, ob es besser wäre, sich als Investor vorerst von Mexiko fernzuhalten. Nicht nur, dass der Peso noch immer stark vom Dollar abhängt, auch die Exportwirtschaft lebt größtenteils vom großen nördlichen Nachbarn. Und tatsächlich: ABN AMRO Asset Management hat seine Positionen in Mexiko aktuell untergewichtet. Bei genauerem Hinsehen jedoch spricht langfristig noch immer vieles für das Land.

Mexiko ist ein Markt mit zwei Gesichtern. Gut 85 Prozent der Exporte des Landes gehen in die USA. Deshalb ist es wie kaum ein anderes den Gefahren eines Konsumrückgangs in den Vereinigten Staaten ausgesetzt. Gleichzeitig hat Mexiko eine der weltweit dynamischsten Volkswirtschaften mit hohen Investitionen in die Infrastruktur, starkem Kreditwachstum und einem erstaunlichen Reformeifer.

Langfristig bleibt Mexiko interessant

Seit ihrem Antritt hat die neue Staatsführung um Präsident Felipe Calderón bereits wichtige Reformen durchgeführt. Die Umstellung des Rentensystems und die Fiskalreform haben die Staatsfinanzen nachhaltig verbessert und die Abhängigkeit des Landes von seinen Erdölexporten verringert.Weitere Veränderungen sind in den kommenden Jahren zu erwarten. Am vielversprechendsten sind die Wahl-, die Arbeitsmarkt- und die Energiereform.

In den kommenden drei Jahren sollen rund 150 Milliarden Dollar in neue Straßen, Eisenbahnstrecken, Flughäfen,Wasserleitungen und Wasserkraftwerke fließen. Zudem könnten weitere Fiskalreformen jährlich noch einmal zwei Prozent des Inlandsprodukts für zusätzliche Investitionen freimachen. Diese Investitionen sollten den privaten Konsum weiter antreiben und dieWirtschaft weniger anfällig für eine US-Rezession machen.

Die Einkommen wachsen stark

Das Wachstum der Binnennachfrage Mexikos erweist sich ohnehin als solide und wird durch die stark wachsenden Einkommen und ein hohes Vertrauen in dieWirtschaft unterstützt. Beide Faktoren zusammen haben das jährliche Kreditwachstum auf über 30 Prozent angehoben. Dennoch ist die Verschuldung der privaten Haushalte und der Unternehmen insgesamt niedrig. Das lässt ausreichend Raum für weiteres Kreditwachstum. Gefährdet ist dieser Trend kurzfristig durch möglicherweise steigende Zinsen.

Auch wenn die Exportquote in die USA immer noch hoch ist, hinsichtlich der Kapitalflüsse hängt Mexiko längst nicht mehr so stark von Mittelamerika ab wie früher.

Frisches Kapital fließt über ausländische Direktinvestitionen ins Land, wird von den im Ausland arbeitenden Mexikanern überwiesen und mit Erdölexporten erzielt. Der Zufluss aus diesen Kapitalquellen dürfte nicht allzu stark schwanken und sollte das Bankensystem weiterhin mit reichlich Liquidität versorgen.

Kursverfall des Dollars ist ein Problem

Ein wesentlicher Grund, warum ABN AMRO Asset Management derzeit trotzdem nicht so zuversichtlich nach Mexiko blickt, liegt im Kursverfall des US-Dollars. Denn der Peso gehört zu den wenigenWährungen in der Welt, die gegenüber dem Dollar kaum aufwerten. Damit profitiert Mexiko bezüglich der Inflation nicht vom preisdämpfenden Effekt einer aufwertenden Währung. Mit diesem könnten die Auswirkungen der weltweit stark steigenden Energie- und Nahrungsmittelpreise abgeschwächt werden. Ohne diesen Effekt droht in der Folge die Inflation in Mexiko wieder anzuziehen, sodass die Zinsen möglicherweise weiter angehoben werden müssen. Steigende Zinsen aber könnten die Kreditnachfrage und damit den Konsum bremsen.

Ein weiteres Problem liegt für Mexiko im Niedergang der US-Automobilindustrie. Mexikos Zulieferer für die US-Autobauer sind die wichtigsten Exporteure des Landes. Deshalb kann die US-Krise sehr unmittelbare Folgen für die weitere Entwicklung der Wirtschaft Mexikos haben. Die immer noch enge wirtschaftliche Bindung an die USA erweist sich somit einmal mehr als Achillesferse Mexikos. Doch die von der Regierung Calderón bereits eingeleiteten Schritte, diese Abhängigkeit zu verringern, zeigen erste Wirkung.

Quelle: ABN Amro Asset Management

ABN Amro Asset Management ist die Kapitalanlagegesellschaft der ABN Amro Bank. Weltweit beschäftigt ABN Amro Asset Management 1.600 Mitarbeiter in über 24 Ländern, darunter Portfoliomanager und Analysten rund um den Globus. ABN Amro Asset Management verwaltet ein Vermögen von insgesamt 209 Mrd. Euro in Spezialfonds (31. März 2007) und über 500 Publikumsfonds.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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