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16:01 Uhr, 24.09.2024

Merz: Übernahme der Commerzbank wäre "verheerendes Zeichen" für Deutschland

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - CDU-Chef Friedrich Merz lehnt eine komplette Übernahme der Commerzbank als "ganz verheerendes Zeichen für die Stabilität des Industriestandortes Deutschland" ab, hat aber generell nichts gegen die Beteiligung einer europäischen Bank an dem deutschen Finanzinstitut. Dieses würde die Konsolidierung im europäischen Bankensektor vorantreiben. Merz warnte, dass bei einer Übernahme der Commerzbank die Finanzierung des deutschen Mittelstands und der Exporttätigkeit Schaden nehmen würde.

Merz, der auch Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag ist, kündigte an, für die morgige Sitzung im Parlament die Bundesregierung in einer aktuellen Stunde zum Vorgang um die Commerzbank befragen zu wollen. Man wolle wissen, was der Bundeskanzler und der Bundesfinanzminister vorab von dem Anteilskauf der italienischen Bank Unicredit wussten, ob sie einverstanden gewesen seien mit dieser Transaktion oder ähnlich überrascht worden seien wie die Öffentlichkeit.

"Die Beteiligung einer französischen oder einer italienischen Bank an der Commerzbank ist nicht völlig ausgeschlossen. Aber die Übernahme der Commerzbank durch eine italienische Bank ist ein Sachverhalt, über den wir sprechen müssen", sagte Merz vor der Fraktionssitzung. "Denn die Commerzbank finanziert ungefähr ein Drittel des deutschen Mittelstandes und sie finanziert etwa ein Drittel des gesamten deutschen Außenhandels. Eine solche Bank jetzt in die Hände der Unicredit zu begeben, hat erhebliche Auswirkungen auf den deutschen Mittelstand, hat erhebliche Auswirkungen auch auf die gesamte deutsche Exportfinanzierung."

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt eine Übernahme der Commerzbank durch die Unicredit ab. Am Montag war bekannt geworden, dass Unicredit den Anteil an der Commerzbank weiter erhöht hat. Mithilfe von Finanzinstrumenten hat sie sich über den von ihr gehaltenen Anteil von gut 9 Prozent hinaus Zugriff auf weitere gut 11,5 Prozent gesichert, so dass sie jetzt auf rund 21 Prozent kommt. Vorletzte Woche war Unicredit mit gut 9 Prozent bei der Commerzbank eingestiegen, indem sie ein Aktienpaket des Bundes von 4,5 Prozent übernommen und weitere 4,5 Prozent über den Markt zugekauft hatte. Der Bund hält derzeit noch rund 12 Prozent an der Commerzbank.

Merz sieht Deutschland bei Bankenkonsolidierung hinterherhinken

Das Thema Bankenkonsolidierung ist nach Ansicht von Merz seit Jahren ein Thema, das nicht vorankommt. Deutschland habe seit Jahren den Anschluss verloren etwa im Vergleich zu Spanien und zu Frankreich und zu Italien, sagte er. Diese Länder seien alle bei der inländischen Bankenkonsolidierung wesentlich besser gewesen seien als Deutschland. Man habe hierzulande sehr starr an dem Drei-Säulen-Modell im Bankensektor festgehalten - um den Preis der Schwächung von Deutschlands international tätigen Banken.

"Das ganze darf jetzt nicht weitergehen mit der Übernahme eines der beiden großen, international tätigen Institute aus Deutschland", sagte Merz mit Blick auf die Commerzbank. Wenn der Commerzbank das gleiche Schicksal drohen sollte wie vor Jahren der von der Unicredit übernommenen Hypovereinsbank, dann werde Deutschland eine weitere wichtige, stabile Säule des Bankenmarktes verlieren.

Deutschland würde so eine wesentliche Möglichkeit zur Finanzierung seiner Wirtschaft verlieren. "Es geht hier nicht um eine einzelne Bank, sondern es geht um die Struktur, die Finanzierung unserer Industrie. Dazu wird die Commerzbank in Deutschland gebraucht", so Merz.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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