Kommentar
17:27 Uhr, 14.08.2011

Mein Name ist Bond. Euro-Bond

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Liebe Leser

Die vergangene Woche hatte es in sich. Einmal Hölle und zurück in den Aktienmärkten! Krisengesänge auf allen Kanälen. Der Euro, Bastard (im übertragenen Sinne des Wortes) unter den Währungen, kann sich zwar gegenüber seinem totkranken Bruder US-Dollar behaupten,aber sonst scheint er nicht ernsthaft gewillt, sehr alt zu werden. Seine unverheirateten Eltern können und wollen nicht ehelichen, und sie sollten es auch nicht. Sie sollten ihre Beziehung wieder etwas lockern und friedlich, freundschaftlich und prosperierend nebeneinander her leben - wie sie es viele Jahrzehnte erfolgreich getan haben.

Das gemeinste an der aktuellen Situation, jedenfalls gegenüber der Bevölkerung, ist dass ihr geschickt vorgemacht wird, es gäbe keine Alternativen. Erst heute musste ich lesen, die deutsche Wirtschaftsleistung würde mindestens 20, wenn nicht 30 %(!) einbrechen, würde die DM wieder eingeführt. Was für ein Humbug! Lügner aller Länder, vereinigt euch.

Immer die gleichen abgedroschenen Argumentationsketten. Der Export leidet wenn die Währung aufwertet! Ja klar. Die DM war immer sehr stark, und Deutschland trotzdem Exportweltmeister! Ohne Euro geht die Welt unter! Wie haben wir nur die ganzen Jahre ohne Gemeinschaftswährung gelebt? Ich sage Ihnen wie: Besser als jetzt!

Die vergangenen Tage kam es zu einem medialen Trommelfeuer für das finale Geschütz, dass die neurotischen Europavereiner aufzubieten haben: Euro-Bonds. Gemeinsam begeben von allen Euro-Staaten, mit gemeinsamer Haftung also.

Der italienische Finanzminister Tremonto, einer der glühendsten Verfechter der Euro-Bonds, sagte am Wochenende nach der Verabschiedung eines harten Sparpakets sinngemäß: Dieses Vorgehen (das Sparket) wäre nicht nötig gewesen, wenn man seinen Vorschlag der Euro-Bonds bereits früher umgesetzt hätte.

Alles klar? Kann es ein noch besseres Argument GEGEN Euro-Bonds geben? Mit Euro-Bonds kein Sparen nötig!

Wenn alle gemeinsam haften, dann hat JEDER einen Anreiz, so viel Schulden wie möglich zu machen. Es geht ja schließlich auf Kosten aller, und den Nutzen hat jeweils das eigene Volk. Stichwort Moral Hazard-Problematik! Und weil keiner der Depp sein will der allen alles bezahlt, werden alle mitmachen im fröhlichen Schuldenspiel!

So, jetzt kommt Wolfang Schäuble ins Spiel. Der Finanzminister lehnt zum Glück Euro-Bonds weiter ab. Es gebe keine Vergemeinschaftung von Schulden und "keinen unbegrenzten Beistand“. Mit einer Einschränkung:

"Ich schließe Eurobonds aus, solange die Mitgliedstaaten eine eigene Finanzpolitik betreiben und wir die unterschiedlichen Zinssätze benötigen, damit es Anreize und Sanktionsmöglichkeiten gibt, um finanzpolitische Solidität zu erzwingen", sagte er dem "Spiegel".

Oh Gott - soll mit der Krise jetzt die nächste Stufe der Europäischen Einigung angestoßen werden? Einheitliche Finanzpolitik - dann ist es nicht mehr weit bis zum Bundesstaat Europa!

Meine Damen und Herren, wir leben in einer Demokratie. In einem so unglaublich wichtigen Punkt wie der Gemeinschaftswährung hielt man es nicht für nötig, das deutsche Volk zu fragen - es ist ja nur das größte und finanzkräftigste Europas! Jetzt wird so langsam aber sicher die nächste Stufe eingeläutet, eine Haftungsunion und später dann noch eine politische Union - es läuft doch letztlich darauf hinaus.

Die Politik spielt mit dem Feuer - für die Bundestagswahlen 2013 bahnt sich bei Fortschreiten dieser Politk eine Watschn an, wie man sie vielleicht noch nie gesehen hat! Der Euro sollte eigentlich zur Einigung Europas beitragen, das Gegenteil ist leider der Fall. Die unbestreitbaren Vorteile, die die Gemeinschaftswährung bietet, wiegen die Nachteile offenbar nicht auf. Wenn ich Bundesbankchef wäre - ich würde bereits mit den Vorbereitungen für die Einführung der DM-neu beginnen. Nur zur Sicherheit...

Ihr
Daniel Kühn

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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