Kommentar
08:59 Uhr, 16.10.2012

Mehr Rendite durch weniger Risiko

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Was paradox klingt ist inzwischen anerkannte Tatsache. In den meisten Depots ist diese Erkenntnis allerdings noch nicht angekommen. Dafür gibt es gute Gründe. Einerseits wehren sich viele mit Händen und Füßen gegen diese Zauberformel und verhindern so, dass sie sich durchsetzen kann (wie sonst soll man einem Anleger erklären, dass das veranlagte Geld bei besonders niedriger Rendite hochvolatil ist). Anderseits ist diese Gleichung in der Praxis nicht für jeden einfach nachzubilden.

Besonders die Probleme des Ansatzes in der Praxis haben mich beschäftigt. Nach einem Artikel im Traders Journal zum gleichen Thema, der die Hintergründe etwas näher beleuchtet (http://www.godmode-trader.de/nachricht/Mehr-Rendite-durch-weniger-Risiko,a2878064.html), hatten mich Leser gefragt, wie sich die Theorie in die Praxis umsetzen lässt. Die Grundidee sieht nämlich vor, nur Aktien zu kaufen, die ein besonders niedriges Risiko haben. Das Risiko wird durch Beta gemessen. Der Markt hat per Definition ein Beta von 1. Eine Aktie, die einen Wert von 2 hat, schwankt doppelt so stark wie der Markt (z.B. der Dax) und eine Aktie mit einem Wert von 0,5 ist halb so volatil wie der Vergleichsindex. Während es relativ einfach ist, Aktien zu finden, die niedrige Betawerte aufweisen, sind die Transaktionskosten je nach Depotgröße ein Problem. Um eine Mindestdiversifikation zu erhalten und kein Clusterrisiko aufzubauen (nur Aktien eines bestimmten Sektors), ist es notwendig mehr als 5 Aktien zu halten, besser noch 10. Das Risiko einer Aktie entwickelt sich mit der Zeit. Vor der Finanzkrise waren Banken vergleichsweise stabil. Seit Jahren gehören sie nun zu den risikoreichen und volatilen Werten. Es reicht daher nicht die 10 Aktien mit dem geringsten Beta zu kaufen und zu warten. Das Portfolio muss regelmäßig angepasst werden. Dadurch können pro Jahr gut und gerne 40 Transaktionen notwendig werden, im Extremfall sogar bis zu 80. Gerade für kleine Depots kommen so enorme Kosten zustande und die überproportionale Rendite der Strategie wird durch die Spesen wieder vollständig aufgefressen. Es gibt aber eine Lösung für dieses Problem.

Die Deutsche Börse bietet über die DaxPlus Indexfamilie mehrere Indizes an, die dem Konzept sehr nahe kommen. Diese Minimum Varianz Indizes gibt es für mehrere Länder, darunter Japan, Frankreich, Deutschland, die USA und die Schweiz. Die Indizes selbst sind nicht handelbar. Einige der Länderindizes werden jedoch mit Indexzertifikaten abgebildet. Für den deutschen Markt stehen Aktien aus dem Dax zur Auswahl. Die Einzelwerte gehen unterschiedlich gewichtet in den Minimum Varianz Index ein. Eine Aktie kann dabei höchstens einen Anteil von 10% haben, sodass mit mindestens 10 Aktien eine gute Diversifikation gewährleistet ist. Die Auswahl erfolgt aufgrund der Volatilität der Aktien und der Korrelation zueinander. Daraus ergibt sich die Gewichtung der Aktien, wobei nicht notwendigerweise alle Dax Werte berücksichtigt werden, da das optimale Gewicht einiger Aktien der Berechnung nach bei 0% liegt. Die Indexwerte werden jedes Quartal angepasst, also Aktien ersetzt bzw. neu gewichtet.

Wie schlägt sich nun die Anlagestrategie in der Praxis? Die beiden Charts zeigen den Minimum Varianz Index für Deutschland und die USA im Vergleich zu ihrer Benchmark Dax und S&P 500. Seit Auflage Mitte 2007 konnte der Index für Deutschland 40% zulegen. Der Dax kommt im Vergleichszeitraum auf ein Minus von 5%. Der US Index schlägt sich ähnlich gut. Hier beträgt das Plus 30% im Vergleich zu einem Minus von 4% beim S&P 500. Auf den Charts ist ebenfalls gut zu erkennen, dass der Bärenmarkt 2008/09 gut überstanden wurde. Der Drawdown betrug hier zwar immer noch 30%, im Vergleich zum über 50%-igen Kursverlust der Vergleichsindizes ist das jedoch bemerkenswert.

Die Strategie „mehr Rendite durch weniger Risiko“ widerspricht der Lehre, dass mehr Rendite mit mehr Risiko verbunden sein muss – und dennoch scheint sie zu funktionieren. Erfreulich ist zudem die Einfachheit der Anlageidee. Sie ist leicht nachvollziehbar und generiert eine ansehnliche Überrendite. Anleger können die Minimum Varianz Indizes für den Deutschen und amerikanischen Markt über Indexzertifikate nachbilden (DE000AA0KFZ2 für den deutsche und DE000AA0KF14 für den US Markt). Zertifikate auf die anderen Indizes für Frankreich und Japan sind leider nicht verfügbar. Zu beachten ist, dass der amerikanische Index in Dollar notiert und das Zertifikat nicht währungsgesichert ist. Als Anleger ist man hier einem Wechselkursrisiko ausgesetzt.

Stellt sich noch die Frage, ob das nicht alles Zufall sein könnte. Mit endgültiger Sicherheit lässt sich das nicht klären. Die zugrunde liegende Logik ist aber bestechend. Das Prinzip besagt, dass Aktien mit geringer Volatilität besser performen als Aktien mit hoher Volatilität. Das Schwankungsmaß gilt als Gradmesser für Risiko. Dieses Risiko kann sowohl positiv als auch negativ sein. Hohe Volatilität kann theoretisch sowohl auf stark steigende als auch auf stark fallende Kurse hindeuten. Empirisch zeigt sich allerdings vor allem der Zusammenhang von hoher Schwankungsbreite und fallenden Kursen und niedriger Schwankungsbreite mit steigenden Kursen. Nicht umsonst werden die Volatilitätsindizes als Angstindikatoren bezeichnet. Neben dieser Beobachtung kann man ebenfalls festhalten, dass Aktien, die wild hin und her springen, geringe Chancen auf einen eindeutigen Trend haben. Charttechnisch macht das also durchaus Sinn.

Ein Blick auf die anderen Indizes der Schweiz, Japan und Frankreich zeigt aber auch, dass Minimum Varianz Portfolios keine Erfolgsgarantie darstellen. Der schweizer Index hat seit Auflage zwar nicht schlechter abgeschnitten als der Vergleichsindex SMI, aber auch nicht wesentlich besser. Die Outperformance liegt hier bei gerade einmal 5%. In Frankreich liegt die Outperformance bei 10%. Für Japan liegt die Überrendite bei immerhin knapp 20%. Diese Indizes stehen noch deutlich unter ihren Hochs von 2007, vor allem der französische Leitindex CAC40 und der Nikkei. Obwohl es eine Outperformance gegeben hat, stehen auch die Minimum Varianz Indizes noch unter ihren Hochs und verbuchen damit über den Zeitraum noch Verluste. Auf gutes Timing darf also nicht verzichtet werden. Derzeit sind die Longszenarien vor allem für den US und deutschen Markt intakt (solange der Dax über 6.800 notiert ist mit einer Fortsetzung des Aufwärtstrends zu rechnen). Rücksetzter bieten Einstiegsgelegenheiten. Auf einen Stop Loss sollte jedoch nicht verzichtet werden. Wegen der mittel- bis langfristig unsicheren Lage und der immer wiederkehrenden Eurokrise ist es ratsam den Stop Loss regelmäßig nachzuziehen.

Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte:Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse investiert.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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