Kommentar
08:11 Uhr, 29.05.2015

Mega-Übernahmen: Warnsignal!

Fusionen und Übernahmen haben in diesem Jahr Hochkonjunktur. Was auf den ersten Blick häufig gut klingt, muss man als Anleger sehr skeptisch sehen.

Erwähnte Instrumente

  • Broadcom Corp.
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  • Broadcom Inc.
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Vorgestern wurde berichtet, dass der Chiphersteller Avago den Mitbewerber Broadcom übernehmen will. Die Transaktion soll 37 Mrd. USD wert sein. Das ist eine ordentliche Summe, vor allem, wenn man sich die Fundamentaldaten einmal ansieht.

Broadcom Corp
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Avago will die Hälfte des Volumens in Cash aufbringen, die andere Hälfte in Aktien. Für Avago macht das Sinn. Die Aktie hat sich in den letzten 18 Monaten fast verdreifacht. Das Unternehmen ist bei einem Umsatz von ca. 5 Mrd. an der Börse über 36 Mrd. wert. Die Dividendenrendite liegt bei mageren 1%. Das liegt unter anderem daran, dass Avagos Gewinn überschaubar ist. Im Vergleich zum Buchwert zahlen Anleger mehr als das Zehnfache für die Aktie. Kurz gesagt: die Avago Aktie steht ziemlich hoch.

Avago Technologies Ltd
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Wenn ein Unternehmen eine sehr hohe Bewertung hat, dann macht es Sinn Übernahmen mit Aktien zu bezahlen. Aktien sind in diesem Fall Geld. Durch die Überbewertung der eigenen Aktien ist es jedoch günstig mit eigenen Aktien andere Unternehmen zu kaufen, die weniger stark überbewertet sind.

Vor einem Jahr hätte Avago an die Broadcom Aktionäre noch die doppelte Anzahl an Aktien für die Transaktion anbieten müssen. Heute, da der sich der Kurs der Aktie verdoppelt hat, ist es nur noch die Hälfte. Würde Avago die Transaktion komplett in Cash abwickeln, dann hätten sie vergangenes ungefähr genauso viel zahlen müssen wie heute. Durch die Finanzierung über Aktien wird die Transaktion so günstiger.

Durch die Bezahlung in Aktien kauft Avago realen Wert im Tausch gegen eigene Aktien. Diese haben natürlich auch einen Wert, bei einem KGV von 70, einem Kurs-Buchwert Verhältnis von 10 und einem Kurs Umsatz Verhältnis von 7 darf man schon anzweifeln, ob dieser Wert fair ist.

Günstig ist der Kauf trotz Bezahlung in Aktien nicht. Avago zahlt 37 Mrd. USD für ein Unternehmen, dessen Umsatz bei ca. 9 Mrd. stagniert. Das KGV steht bei 50, das Kurs Umsatz Verhältnis bei 4 und das Kurs Buchwert Verhältnis bei 3,5. Das ist alles besser als bei Avago, allerdings sind die Wachstumsperspektiven von Broadcom begrenzt.

Um den Punkt mit dem Kauf durch Aktien noch einmal zu verdeutlichen: Avago kauft mit seinen Aktien, die ein KGV von 70 haben, Aktien von Broadcom mit einem KGV von 50. Das ist schon ein guter Deal...

Solche Deals sind oft dann zu beobachten, wenn die Aktienkurse wirklich hoch stehen. Unternehmen hatten mehrere Jahre Zeit während des Wirtschaftsaufschwungs Geld anzuhäufen. Wenn die Kassen groß und die Kurse hoch genug sind, dann wird es ernst. Das Übernahmefieber greift um sich. Viel Sinn macht das nicht. Gerade bei diesen beiden Unternehmen. Das eine wächst nicht mehr und das andere (Avago) sieht auf dem Papier nur so gut aus, weil sie andere Unternehmen am laufenden Band übernehmen.

Avago hat in den vergangenen 4 Jahren an die 8 Mrd. für Übernahmen ausgegeben. Ohne diese Übernahmen wäre Avago vermutlich kaum gewachsen, vermutlich sogar geschrumpft. Für Avago ist der einzige Weg nach vorne über Übernahmen zu wachsen. Das sind dann auf dem Papier gut aus. Dahinter steckt meist nicht viel.

Je höher die Aktienkurse stehen, desto mehr Übernahmen, die nichts bringen, werden durchgezogen. Das ist oft der letzte Exzess vor einer Trendumkehr. Einige Übernahmen der letzten Monate haben Sinn gemacht. Dieser Deal aber ist schon fast unverschämt. Die Börse feiert das. Als Broadcom Aktionär würde ich auch feiern. Am zusammengelegten Unternehmen würde ich jedoch keine Aktie halten wollen.

Jedes Unternehmen für sich hat keine überzeugende Story. Wieso sollten aus zwei Unternehmen ohne Investmentstory plötzlich eines mit einer überzeugenden Story werden? Das einzige, was Avago zu bieten hat ist als Übernahmemaschine zu agieren. Die Schulden werden damit immer größer. Das kombinierte Unternehmen wird Schulden in der Höhe von 17 Mrd. haben. Der kombinierte Umsatz wird bei ca. 13 Mrd. und der Gewinn bei einer Milliarde liegen. Die Marktkapitalisierung steht derzeit bei knapp 70 Mrd. kombiniert.

Selbst wenn die beiden Unternehmen organisch wachsen könnten ist die Bewertung drastisch überzogen. Investoren hoffen auf einen neuen Boom der Chipbranche, weil immer mehr Geräte vernetzt sind. Grundsätzlich ist der Chipmarkt ein Wachstumsmarkt, aber das haben inzwischen viele Unternehmen erkannt. Jeden zweiten Tag kommt ein neuer Mitbewerber auf den Markt. Das ist kein Umfeld, indem Unternehmen mit KGVs von 70 ein Kauf sind.

Zusammengefasst heißt das: der Markt kann die Übernahme noch so sehr feiern, ich halte sie für unsinnig und die Bewertungen für jenseitig. Solche Deals sind der Ausdruck eines zu Ende gehenden Bullenmarktes. Etwas ausführlicher hatte ich darüber schon einmal vor knapp einem Jahr geschrieben.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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