Fundamentale Nachricht
19:00 Uhr, 14.10.2015

Masterplan für die Zukunft der Welt

Naht das Ende der Globalisierung? Wird die Welt multipolarer und undemokratischer? Welche Regionen und Länder werden künftig die Weltwirtschaft dominieren? Eine Studie der Credit Suisse gibt Antworten.

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Droht ein Kollaps des internationalen Handels? Bricht die Globalisierung in sich zusammen? Nachdem der Welthandel und die internationalen Finanzströme in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen haben und die wirtschaftliche Bedeutung der Schwellenländer wie China immer größer wurde, könnte die Ära der Globalisierung nun zu Ende gehen und von zunehmendem Protektionismus abgelöst werden. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der Schweizer Großbank Credit Suisse.

Eine erste Welle der Globalisierung begann bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Große Teile der Erde wurden noch vom britischen Empire beherrscht und der Welthandel boomte. Ein jähes Ende fand diese Globalisierungswelle mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen die internationalen Handelsbeziehungen deutlich zu. Die Globalisierung gewann aber erst mit dem Aufstieg asiatischer Schwellenländer wie China gegen Ende des 20. Jahrhunderts wieder so richtig an Fahrt.

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Nach der Finanzkrise von 2008 beschleunigte sich die Verlagerung der wirtschaftlichen Aktivität noch. Während die Wirtschaft in den USA und Europa unter den Folgen der Krise litt, wurde Asien wirtschaftlich immer wichtiger.

Doch mit dem Ende des kreditfinanzierten Booms in den Schwellenländern könnten nun auch die Globalisierungstendenzen wieder deutlich abnehmen. Die Credit Suisse sieht drei mögliche Hauptszenarien für die Zukunft der Weltwirtschaft:

  • Szenario 1: Ende der Globalisierung: Immer mehr Länder schotten sich wirtschaftlich ab, neue Handelsbarrieren entstehen, der Protektionismus nimmt zu. Über einen "Währungskrieg" versuchen die Länder, sich Wettbewerbsvorteile auf Kosten der Handelspartner zu verschaffen. Fortschritte in Richtung mehr Demokratie werden rückgängig gemacht. Migrationsbewegungen werden bekämpft. Militärische Auseinandersetzungen nehmen zu. Die Armut wächst und zivile Unruhen werden häufiger. Die Wirtschaft wächst insgesamt langsamer.
  • Szenario 2: Die Welt wird multipolarer: Die Weltwirtschaft entkoppelt sich. Einige Regionen wachsen schneller, andere langsamer. Der Welthandel nimmt nicht mehr so stark zu wie in den vergangenen Jahrzehnten, dafür gewinnt aber der regionale Handel an Bedeutung. Neue regionale Finanzzentren entstehen. Für einzelne Weltregionen werden unterschiedliche "Anker-Währungen" bedeutend. Die "gelenkte Demokratie" breitet sich aus. Die EU und Asien (unter der Führung Chinas) gewinnen an Bedeutung und entwickeln sich zu Gegenpolen zu den USA. Konflikte werden zunehmend verdeckt geführt. Neue Restriktionen begrenzen die Migration. Der Lebensstandard entwickelt sich in unterschiedlichen Regionen uneinheitlich. Stark auf den internationalen Handel ausgerichtete Volkswirtschaften fallen eher zurück, Volkswirtschaften mit starker Binnenwirtschaft profitieren. In den Schwellenländern wächst die Mittelschicht weiter, der Aufstieg Asiens setzt sich fort.
  • Szenario 3: Fortsetzung der Globalisierung: Der Welthandel und die internationalen Finanzströme wachsen weiter kräftig. Die Bedeutung westlicher Großkonzerne nimmt weiter zu, gleichzeitig breitet sich auch die westliche Demokratie immer weiter aus. Der Dollar dominiert den Welthandel und bleibt "Erster unter Gleichen". Das Wirtschaftswachstum hängt immer stärker vom Zustand der Weltwirtschaft ab. Insgesamt sinken die Kapitalkosten und die Volatilität nimmt ab, in Krisenzeiten ist aber auch die Ansteckungsgefahr größer. Im Bereich der Migration setzt sich eine "Politik der offenen Türen durch". Migrationsströme werden nicht mehr bekämpft, sondern zugelassen. Auf politischer Ebene werden supranationale Institutionen immer wichtiger, die USA behalten den größten Einfluss. Insgesamt gleicht sich der Lebensstandard in vielen Regionen an, aber weniger stark globalisierte Regionen fallen zurück. Insgesamt wächst der Wohlstand.

"Die Globalisierung war in den vergangenen 20 Jahren die stärkste wirtschaftliche Kraft. Im Zuge dieser Entwicklung bildeten sich Weltstädte heraus, kleinere Staaten verzeichneten Erfolge, und der Wohlstand in den Schwellenländern nahm zu", betont Michael O’Sullivan, Chief Investment Officer für Großbritannien und die Region EEMEA im Private Banking & Wealth Management der Credit Suisse.

Nach Einschätzung der Credit Suisse deuten die jüngsten Entwicklungen auf eine stärker multipolar geprägte Welt hin (Szenario 2). Grenzübergreifende Unternehmensinvestitionen sind bereits rückläufig. Auch die Ausbreitung des Modells der westlichen Demokratie scheint zuletzt an Grenzen gestoßen zu sein. Regionale Institutionen gewinnen an Bedeutung gegenüber globalen Institutionen. So hat China unter Beteiligung zahlreicher anderer Staaten mit der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) im vergangenen Jahr eine Entwicklungsbank gegründet, die im Wettbewerb zu den US-dominierten Institutionen Weltbank und Internationaler Währungsfonds steht. Statt neue Regeln für den Welthandel zu vereinbaren, werden mehr bilaterale Handelsvereinbarungen und Freihandelsabkommen zwischen einzelnen Länderblöcken vereinbart.

Unterdessen setzt sich der Aufstieg Asiens fort. Unternehmen aus den Schwellenländern werden immer wichtiger und sorgen für zunehmende Konkurrenz für die multinationalen Konzerne aus westlichen Ländern. Nach Einschätzung der Credit Suisse dürfte sich der Aufstieg Asiens fortsetzen. China und Indien könnten wieder zu den wichtigsten Wirtschaftsmächten der Welt aufsteigen und damit den Status zurückgewinnen, den sie bereits vor einigen Jahrhunderten innehatten.

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10 Kommentare

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  • 2 Antworten anzeigen
  • Investor
    Investor

    Die 3 Szenarien sind aus meiner Sicht augenwischerei:

    1. Ende der Globalisierung

    Durch die Freihandelszonen ist dieses Szenario schon beendet.

    2. Multipolare Welt

    Dieses Szenario ignoriert, daß heute die Menschen nicht mehr in den wirtschaftlichen schwachen Regionen bleiben sondern migrieren. In 30J werden 75% aller Menschen der Erde zwischen 16-25J in Afrika leben, von denen rd 40% auswandern (ca 800m in Richtung Europa) wollen.

    3. Globalisierung

    Dieses Szenario ignoriert, daß die Globalisierung auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird. Dies funktioniert nur solange, bis die Menschen nicht wandern. Dann wird die Politik gezwungen sein, die großen Firmen zu zerschlagen oder gegen ihre Bevölkerung vor zu gehen.

    Aus meiner Seite ist es nicht die Frage, ob sich die wirtschaftlichen Ungleichgewichte in der Welt ausgleichen. Es ist eher eine Frage, auf welchen Weg und wie gewalttätig dies passiert und wie lange es dauert.

    22:47 Uhr, 14.10.2015
    1 Antwort anzeigen
  • Marco Soda
    Marco Soda

    Achse D-RUS-CN,

    was rauchen Sie, dat Zeuch muß jut sein

    20:23 Uhr, 14.10.2015
  • fehu001
    fehu001

    Was kommen wird, das ist die Achse D-RUS-CN, wo man inzwischen auch die weisen Perser mit einbeziehen muss. Diese Achse wird in ihrer Rechtschaffenheit und ihrer Friedfertigkeit dafür sorgen, dass wir uns und unser kollektives Sehen wieder mehr muslemisch, buddistisch ausrichten.

    20:20 Uhr, 14.10.2015
  • Ludwig van B.
    Ludwig van B.

    Sehr spannender Artikel.

    Er gibt einem einen kleinen Einblick in die Planspiele, welche von den Denkfabriken (Banken, Versicherungen, etc.) als zukünftige Szenarien durchgespielt werden.

    19:15 Uhr, 14.10.2015

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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