Kommentar
08:17 Uhr, 06.06.2016

Marktberuhigung? Heute spricht Janet Yellen

Heute um 18.30 Uhr hat US-Notenbankpräsidentin die Chance auf Schadensbegrenzung. Nach dem Desaster in der vergangenen Woche ist das auch dringend notwendig.

Mit viel Aufwand hatte die Notenbank die Markterwartung im Mai bezüglich des nächsten Zinsschritts nach oben geschraubt. Gut ablesen kann man die Markterwartung anhand des CME FedWatch Tools. Dieses berechnet die Wahrscheinlichkeit eines Zinsanstiegs aufgrund der Fed Funds Futures. Die Fed Fund Futures sind Terminkontrakte auf den Leitzins.

Vor gut einem Monat ging der Markt nicht einmal annähernd von einer Zinsanhebung im Sommer aus. Für Juni lag die Wahrscheinlichkeit bei 7,5 % und für Juli bei 21,7 %. Die Notenbank zeigte sich über diese Sicherheit des Marktes besorgt. Die Erwartungen wurden gemanagt, indem Notenbanker in ihren regelmäßigen Reden von einer Zinsanhebung im Sommer sprachen.
Auch Janet Yellen ließ in einer Rede vor nicht einmal zwei Wochen durchblicken, dass ein Zinsschritt „in den kommenden Monaten“ angebracht sei. Das war einmal.

Vergangenen Freitag änderte sich alles. Der Arbeitsmarktbericht für den Monat Mai war ziemlich düster. Nur 38.000 Stellen wurden geschaffen. Man kann die Daten drehen und wenden wie man will, sie waren nicht gut genug, um einen Zinsschritt im Juni zu rechtfertigen.

Die Erwartung des Marktes machte daraufhin eine 180° Wende. Die Wahrscheinlichkeit für einen Zinsschritt im Juni fiel nach dem Arbeitsmarktbericht auf 3,8 %. Eine Zinserhöhung im Juli ist noch nicht ganz vom Tisch, doch relativ unwahrscheinlich.

Es dauerte am Freitag nicht lange, bis sich der erste Notenbanker zu Wort meldete und sich dafür aussprach mit dem nächsten Zinsschritt zu warten. Nicht nur der Markt vollzog eine prompte 180° Wende, sondern auch so mancher Notenbanker. Das wirft Fragen auf.

Keiner weiß genau, was die Zahlen des Arbeitsmarktberichtes bedeuten. Es kann ein einmaliger Ausrutscher gewesen sein, dem man nicht zu viel Bedeutung beimessen sollte. Für diese Art der neutralen Bewertung ist es nun aber zu spät. Notenbanker haben sich schnell geäußert und klargemacht, was sie für richtig halten.
Es wirkt nicht gerade vertrauenserweckend, wenn Notenbanker innerhalb von Stunden einen so klaren Schwenk machen. Man fragt sich auch, ob die Notenbank mit all ihren Analysten wirklich so unwissend sein konnte diese Entwicklung nicht zu erahnen.

Stellt sich mit dem kommenden Arbeitsmarktbericht heraus, dass sich der Trend auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich umkehrt, dann wirft es ein schlechtes Licht auf die Notenbank. Sie hat mitten in der Trendumkehr die Erwartungen auf einen Zinsschritt geschürt. Kann und darf eine Notenbank so blind sein?

Janet Yellen hat heute die Möglichkeit, Schadensbegrenzung zu betreiben. Sie hält am Abend eine Rede, in der sie ihre Sichtweise darlegen kann. Höchstwahrscheinlich wird sie bei ihrer Aussage bleiben, dass es „in den kommenden Monaten“ zu einer Zinsanhebung kommen wird. Sie wird jedoch die Bedingungen dafür deutlich herausstreichen. Die Bedingungen sind klar. Der Arbeitsmarkt muss weiter rund laufen.

Persönlich gehe ich derzeit noch davon aus, dass die Zahlen für Mai ein Ausrutscher waren. Ich gehe von einer nachlassenden Dynamik des Arbeitsmarktes aus, doch nicht von einer Trendwende. Werden in den USA mehr als 100.000 Stellen pro Monat geschaffen, dann reicht das, um die Arbeitslosenrate zu senken. Das ist bei einer Quote von weniger als 5 % alles, was die Notenbank braucht, um die Zinsen anzuheben.

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4 Kommentare

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  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Die Kapriolen der US-Statistiker und der FED lassen mehrere Schlussfolgerungen zu:

    1. Unvermögen

    2. Arglistige Täuschung

    3. Panik

    Durchstöbert man die Kommentare der Marktbeobacher, stellt man fest das es nicht wenige gibt, die eine Kombination aller 3 genannten Schlussfolgerungen für möglich halten und von einem massiven Vertrauensverlust in die FED in naher Zukunft ausgehen.

    09:32 Uhr, 06.06.2016
    1 Antwort anzeigen
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Die Maerchenoma, auch der Gott des Geldes genannt ,wird wieder murmeln und die welt der trader erstarrt in Ehrfurcht. unglaublich was so eine omma vermag. Noch unglaublicher , das man , wie sonst ueblich diese zahlen nicht geschoehnt hat. Ich denke wir sehen 2017 ein weiteres Ruendchen QE. Zinserhoehung....uahahaha. Wer glaubt denn. sowas

    08:35 Uhr, 06.06.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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