Kommentar
10:49 Uhr, 05.08.2011

Markt kollabiert weiter – was tun?

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  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (XETRA)

Mehr als 13% oder knapp 1.000 Punkte Kursverlust für den Dax in nur vier Tagen. Ein richtiger Schock. Während die Welt gebannt nach Washington starrte kamen die miserablen Konjunkturdaten aus den USA zu überraschend. Da konnte auch die Einigung im Schuldenstreit nichts mehr tun. Im Gegenteil, die Mischung, die sich jetzt ergeben hat, ist Gift für die Märkte. Einerseits wurde das Limit zwar angehoben, anderseits aber hat sich der Staat verpflichtet, massive Einsparungen vorzunehmen. Da zeigt sich das Dilemma, welches wir schon aus Europa kennen. Im Fall der USA ist es zwar zu befürworten, dass auch dort an Sparen gedacht wird, denn die exorbitante Schuldenlast hätte ohnehin früher oder später zu einem Kollaps geführt. Bisher konnte allerdings spekuliert werden, dass sich Länder über Schuldenorgien irgendwie aus der Krise befreien könnten. Die Logik ist nach Keynes bestechend. Im Abschwung muss der Staat durch Ausgaben die Wirtschaft stützen. Doch Defizite um 10% des BIP sind einfach zu hoch, um das mit Wachstum jemals wettzumachen. Die Rettung des Finanzsystems war schon nicht billig. Hinzu kamen die Konjunkturprogramme. Viele Staaten in Europa und nun auch die USA sind jetzt an ihre Grenzen gestoßen. Bewahrheitet sich die Befürchtung eines erneuten Wirtschaftsabschwungs gibt es keine Möglichkeit mehr große Konjunkturpakete aufzulegen. Durch den Kompromiss im US Schuldenstreit wurde der denkbare Spielraum noch weiter eingeschränkt. Mit großen Konjunkturpaketen in der Höhe von vielen hundert Milliarden Dollar ist nicht zu rechnen. Mit etwas Glück werden die Einsparungen allerdings nicht so hoch ausfallen, wie vor wenigen Tagen beschlossen. Dennoch erscheint die Marktreaktion sehr heftig. Das lässt sich vor allem dadurch erklären, dass mit einem Schlag ganz neue Szenarien auftauchen. Bisher hat die Verschuldung und die lockere Geldpolitik dem Inflationsszenario Auftrieb gegeben. Eine Stagnation der Wirtschaft oder gar ein Abschwung sowie viel zu hohe Schuldenberge und ein geschwächtes Finanzsystem gibt einem deflationärem Szenario den Vorrang. Von heut auf morgen ist dieses unwahrscheinlich erscheinende Szenario näher gerückt. Selbst die Notenbanken sind dagegen einigermaßen machtlos. Die Märkte sind bereits mit Geld geflutet und die Zinsen nahe Null. Hier inflationäre Tendenzen zu erzeugen ist fast nicht machbar.

Aber lassen wir die Kirche zunächst im Dorf. Die Angst vor einer Abwärtsspirale ist zwar nun begründeter als noch vor Wochen, aber das muss nicht heißen, dass es tatsächlich soweit kommt. Als Anleger sollte man jedoch darauf vorbereitet sein. Nach dem Crash der letzten vier Tage dürfte die Panik ein wenig abflauen. Weitere Kursverluste sind nicht auszuschließen, doch die Geschwindigkeit des Kursverfalls wird sich abschwächen. Der ADP Arbeitsmarktbericht aus den USA am Mittwoch war eigentlich überzeugend. Die tatsächlichen Daten kommen später in dieser Woche. Der US Arbeitsmarkt ist natürlich kein sehr zuverlässiger Indikator der wirtschaftlichen Entwicklung, da sowohl eine sinkende wie eine steigende Arbeitslosenrate der wirtschaftlichen Entwicklung hinterherhinkt. Die positiven Daten sollte man trotzdem nicht ganz verdrängen. Die Berichtssaison läuft bisher ausgezeichnet. Die Ergebnisse liegen größtenteils über den Erwartungen. Das zeigt bereits, dass US Unternehmen sich deutlich besser entwickeln als es die makroökonomischen Daten vermuten lassen. Das liegt am hohen Auslandsanteil am Umsatz und am schwachen Dollar. Das allein kann einen Abschwung natürlich nicht abfedern. Ob aus dem Abschwung eine Rezession wird liegt maßgeblich an den Schwellenländern, die der derzeitige Wachstumsmotor der Weltwirtschaft sind. Hier lohnt es sich, einen genauen Blick zu werfen und die Indizes der Schwellenländer zu beobachten. Betrachtet man die Indizes der Schwellenländer als eine Art Vorlaufindikator, dann sieht es düster aus. Ein grossteil der Indizes hat bereits vor sechs Monaten mit dem Abwärtstrend begonnen. Hier wird interessant, ob sich im Herbst ein Boden bildet und die Märkte wieder drehen können.

In der Panik des Moments wagt natürlich niemand daran zu denken, dass es zu Jahresende noch einmal ein wenig bergauf gehen mag. Das ist auch verständlich, denn die Charts sehen katastrophal aus. Auf dem Dax Chart erkennt man einen noch massiveren Einbruch als im März nach dem Unglück von Fukushima. Nimmt man den Märzeinbruch als Referenz für die Indikatoren zeigen sich bereits Extremwerte. Nur Ende 2008 waren die Werte höher. Daraus lässt sich zwar nicht schließen, dass der Abwärtstrend kurzzeitig beendet ist, sondern lediglich, dass sich der Abwärtstrend abschwächen dürfte. Erst nächste Woche lässt sich feststellen, ob wir gerade eine Situation wie 2008 sehen oder eher einen Einbruch nach dem Fukushima Muster. Tritt letzteres ein, ist beim Dax von einer kleinen Erholung auszugehen (blaue Linie). Kann der Dax nicht bei 6.400 Punkten abdrehen ist von einem weiteren Verlauf wie 2008 zu rechnen. Ziele lägen dann bei 5.800 und darunter. Vieles hängt von den kommenden Konjunkturdaten wie dem US Arbeitsmarktbericht ab. Kann der überzeugen, sollte kurzzeitig eine Stabilisierung eintreten. Das grün eingezeichnete Szenario ist derzeit eher unwahrscheinlich. Das favorisierte Szenario ist eine volatile Seitwärtsbewegung mit Spitzen bis 6.800 Punkten und Tiefs bei 6.300 Punkten. Trifft dies ein und stabilisieren sich die Konjunkturdaten ist erst im Herbst mit einem weiteren, klaren Trend zu rechnen.

In dieser höchst unsicheren Marktphase ist es für Anleger schwer, sich zu positionieren. Es drängen sich sofort Fragen auf, ob es sich jetzt noch lohnt short zu gehen, ob man bestehende Positionen jetzt verkaufen sollte, wo doch möglicherweise eine kleine Erholung ansteht usw. Diese Entscheidung kann Ihnen niemand abnehmen. In sehr volatilen Phasen bieten sich allerdings alternative Tradingstrategien an. Weiter unten sehen Sie eine Auflistung von „exotischen“ Optionsscheinen und Zertifikaten, die an dieser Stelle in den vergangenen Wochen besprochen wurden. Aber auch „exotische“ Strategien brauchen ein Mindestmaß an Vorhersehbarkeit. Da bietet sich derzeit vor allem die Volatilität an. Grundsätzliches zum Thema finden Sie in einem vorherigen Artikel (http://www.godmode-trader.de/nachricht/Volatilitaet-traden-wie-die-Profis-So-geht-das,a2580109.html). Unten sehen Sie einen aktuellen Chart des VIX, des Volatilitätsindex auf den S&P 500. Beim VStoxx ist das Chartbild sehr ähnlich. Die Volatilität rast geradezu auf ihr bisheriges Jahreshoch zu. Wird dies erreicht kann bei sich andeutender Marktberuhigung darauf gesetzt werden, dass die Volatilität wieder etwas fällt. Die Zertifikate DE000CZ34KR0 (VStoxx) und DE000CZ34KL3 (VIX) setzen darauf. Auf steigende Vola kann mit den Zertifikaten DE000CZ34KN9 (VIX) und DE000CZ34KT6 (VStoxx) gesetzt werden. Auf dem VIX Chart sehen Sie, wie rasch die Vola ansteigen und auch fallen kann. Die Zertifikate sind daher sehr volatil. Die long Seite legte allein am Donnerstag 30% im VStoxx zu. Egal, wann und ob Sie sich für eine Position entscheiden, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass die Scheine innerhalb weniger Tage 100% gewinnen oder 50% verlieren können. Volatilität zu handeln setzt aktives Trading voraus. Wird in den kommenden Handelstagen deutlich, dass das favorisierte Szenario mit volatiler Seitwärtsphase eintritt, kann auch ein Stay High Optionsschein auf den Dax gewählt werden. Aufgrund der hohen Vola sind diese derzeit „günstig“. Der Schein DE000SG1WK45 hat sein KO bei 5.550 Punkten und läuft bis zum 16.12.11. Bis Laufzeitende wäre eine Rendite von 45% möglich. Eine so lange Haltedauer ist unter derzeitigen Gesichtspunkten allerdings nicht ratsam. Kann sich der Dax über der Spanne von 6.300-6.400 etablieren, kann mit einer moderaten Erholung eine Rendite von 10-20% erwirtschaftet werden. Steigt der Dax im Rahmen einer Erholung bis 6.700 Punkte sind Gewinnmitnahmen sinnvoll. Absolute Bedingung für den Kauf ist jedoch eine Erholung von den massiven Einbrüchen der letzten Tage. Auf einen Stop Loss zwischen 6.200 und 6.300 Punkten sollte nicht verzichtet werden. Bedenken Sie, dass bei KO Scheinen immer die Möglichkeit eines Totalverlustes besteht.

Viel Erfolg

Clemens Schmale

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Markt-kollabiert-weiter-was-tun-Kommentar-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-2

Zum Schluss möchte ich Ihnen noch die Bilanz meiner Tradevorstellungen vom Juli und der noch laufenden Positionen aus dem Juni präsentieren. Sollten Sie Trades nachgebildet haben, kann es natürlich sein, dass diese von meinen persönlichen abweichen. Dort, wo ich konkrete Renditeziele genannt hatte, habe ich diese in Klammern hinter die aktuelle Performance geschrieben. Sollten Sie (noch) einen der angeführten Outperformance Scheine halten, bieten sich Erholungen zum Verkauf an. Erdgas bewegt sich leider immer noch in einer Range zwischen 4 und 5 USD. Ein Rutsch unter 4 USD würde weitere Verluste bedeuten. Erholungen in den Bereich 4,30-4,60 können zur Verlustbegrenzung genutzt werden.

Laufende Trades

Power OS auf Gold DE000TB9MTS3: +55% (158%)

Ikarus Dax/EuroStoxx DE000DR0Q3X0: -3% (10%)

Ikarus Dax/EuroStoxx DE000SEB3R46: +0% (10%)

Ikarus Dax/EuroStoxx DE000UB8HX98: +0% (10%)

Alpha Dax/IBEX DE000DZ2MW77: +0% (20%)

Faktor Tracker auf Erdgas DE000CZ34JM3: -50% (60%)

Futres Spread Brent DE000DZ2RCE3: -2%

Alpha Brent/WTI DE000SG12KE0: -5% (20%)

Futures-Spread Gold DE000DZ2RDR3: +6%

Abgeschlossene Trades:

Stay High Brent DE000SG183Q3: +20% (20%)

Stay High Brent DE000SG12J09: +16% (15%)

Stay High Brent DE000SG12JY0: +10% (9%)

Alpha Dax/MIB DE000DZ2QT86: +25% (20%)

Faktor Tracker Vola long DE000CZ34KL3: +30%

Hit OS EUR/CHF DE000CK1LJY9: +33% (30%)

Outperformance Dax DE000DE27XH1: -6% (10-15%)

Outperformance Dax DE000CG8RGT3: -3% (10-15%)

Outperformance Daimler DE000DZ2Z8Q3: -10% (10-15%)

Outperformance Daimler DE000DZ2Z8R1: -10% (10-15%)

Alpha Gold long/Dow Jones short DE000DZ2RGA2: +47%

Stay Low Dax DE000SG2BJM1: +10% (10%)

Stay Low Dax DE000SG117Q1: +15% (15%)

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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