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15:50 Uhr, 01.08.2006

Markt für Containerschiffe im Aufwind<br />

Lloyd Fonds sieht positive Signale am Markt für Containerschiffe und hält die Warnungen vor einer Baisse am Chartermarkt für übertrieben. Das Hamburger Emissionshaus verweist insbesondere auf die derzeit steigenden Charterraten bei wieder längeren Vertragslaufzeiten, der starken Ordertätigkeit der Reedereien und ein weiter dynamisches Handelswachstum nicht nur in Asien.

"Verständlich, aber unbegründet" nennt Dr. Torsten Teichert, Vorstandsvorsitzender des Emissionshauses Lloyd Fonds AG, die pessimistische Stimmung, die sich in Teilen der Schifffahrtsbranche ab Mitte 2005 breit machte. Zuvor waren die Charterraten für Containerschiffe ab Juni 2005 über alle Größenklassen hinweg erstmals seit zweieinhalb Jahren wieder zurückgegangen. Gleichzeitig verringerte sich die Laufzeit neu abgeschlossener Charterverträge, beispielsweise bei Frachtern zwischen 2.300 und 3.400 TEU (ein TEU entspricht einem Standardcontainer) laut dem Index der Hamburg Shipbrokers' Association (Hamburg Index) von durchschnittlich 72 auf nur noch 24 Monate im Dezember 2005. Zwei Indikatoren dafür, dass der Markt eine Entspannung bei der extrem knappen Frachtkapazität für Container erwartete und sich Hoffnungen auf einen weiteren Rückgang der Charterraten machte.

"Bei dem Preisrückgang ab Mitte 2005 handelte es sich nicht um eine strukturelle Krise, sondern um eine leichte Korrektur des Marktes, der von einer extremen Überhitzung auf ein immer noch sehr hohes Niveau zurückgegangen ist. Betrachtet man den langfristigen Durchschnitt der Charterraten aus den letzten acht Jahren, liegen wir immer noch erheblich über dem Kurs von rund 990 Punkten. Und wir sind weit entfernt von der echten Krise Anfang 2002, als die Raten kurzfristig auf etwa 450 Punkte zurückgingen", so Teichert.

Der Trend habe sich zudem bereits umgekehrt. Sowohl die neuesten Charterabschlüsse als auch Fundamentaldaten wie Schiffsbestellungen, Neubau- und Secondhandpreise für ältere Containerfrachter zeigten, dass die Containerschifffahrt sich längst wieder im Aufwind befindet. "Drei unserer 2.800 TEU-Schiffe haben gerade neue Charterverträge über vier Jahre geschlossen und die Raten von 18.000 auf rund 21.400 US-Dollar erhöht", sagt Teichert. Ein Trend, den auch Howe Robinson bestätigt. Bis Mai 2006 zog der Charterindex um 100 Punkte auf rund 1.300 Punkte an. Auch der Harpex zeigt eine Verdoppelung der durchschnittlichen Charterdauer von 21 auf 42 Monate für diese Größenklasse, ein klares Zeichen, dass das Warten auf noch günstigere Kurse vorbei ist.

Den Grund für den zeitweiligen Rückgang der Charterraten sieht Teichert vor allem in der Sorge vor der hohen Zahl neu gebauter Schiffe, die in den Jahren 2007 und 2008 ausgeliefert werden sowie in der europäischen Ungläubigkeit angesichts des ungebrochenen Wirtschaftsbooms in Asien. So hatte die Schiffsbranche bis Mitte 2005 durch starke Ordertätigkeit die Werftkapazitäten auf mehrere Jahre ausgebucht. Anfang 2006 lag der Auftragsbestand an Containerfrachtern bei insgesamt 1.226 Schiffen, davon entfielen rund ein Viertel der Orders auf Schiffe der Größenklasse über 5.000 TEU. Für 2006 rechnet das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) mit einem Wachstum der Stellplatzkapazität um und 11,3 Prozent, für 2007 wird ein Wachstum von rund 14,9 Prozent vorhergesagt. Dem gegenüber stehen jedoch ein weiterhin stark wachsender Welthandel sowie eine weiter zunehmende Containerisierung, die auch die Nachfrage weiter erhöhen.

Das ISL erwartet in den nächsten zehn Jahren ein Containerwachstum von jährlich 9 Prozent, die britischen Schifffahrtsexperten von Drewry prognostizieren bis 2010 sogar ein jährliches Wachstum von 9,7 Prozent auf einen Gesamtumschlag von 627 Milliarden TEU im Jahr. Zusätzlich sieht man bereits heute neue Effekte, die die Nachfrage nach Frachtkapazität weiter anheizen werden. Dazu gehört das Transshipment genannte mehrfache Umladen eines Containers, das dazu führt, dass der Containerumschlag und damit die Nachfrage nach Stellplätzen sogar noch schneller wachsen als der Containerhandel. Zudem haben die hohen Frachtraten der letzten Jahre dazu geführt, dass Schiffe länger im Dienst blieben. Das ISL rechnet damit, dass rund 10 Prozent der aktuellen Tonnage in den nächsten Jahren zur Verschrottung ansteht und damit zusätzlichen Druck von den Charterraten nimmt.

Auch Marktinsider sehen die Zukunft der Containerfrachter positiv. So habe die Ordertätigkeit insbesondere der Reedereien für den Eigenbedarf in den letzten Monaten wieder deutlich angezogen und freie Werftkapazität sofort mit Bauaufträgen belegt. Von den 236 Bestellungen seit Januar 2006 entfallen 129 auf große Schiffe über 4.250 TEU. Das größte derzeit bestellte Schiff, ein 12.000 TEU Containerfrachter, sei sogar für die heutigen Containerbrücken zu groß, ein Zeichen der starken Zuversicht der Branche in das Nachfragewachstum und den Ausbau der Infrastruktur. Passend dazu habe China gerade angekündigt, seine Umschlagskapazitäten auf 130 Milliarden TEU pro Jahr fast zu verdoppeln. Dazu sollen bis 2010 jährlich 6 Milliarden US-Dollar allein in den Ausbau der Häfen fließen und zwei völlig neue Häfen entstehen.

Entsprechend hält Teichert auch den aktuell starken Fokus auf Nischenmärkte unter den Schiffsfonds wie Bulker, Tanker oder Reefer für übertrieben: "Eine Diversifizierung ist bei großen Portfolien immer sinnvoll. Aber Containerschiffe werden das wichtigste und größte Segment innerhalb der Schiffsbeteiligungen bleiben. Und wer sich heute an einem langjährig vercharterten Schiff beteiligt, wird von den zwischenzeitlichen Höhen und Tiefen des Spotmarktes ohnehin nicht viel mitbekommen."

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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