Kommentar
06:01 Uhr, 02.09.2014

Managergehälter: Je höher, desto schlechter für die Aktionäre

Manager nagen nicht am Hungertuch. Das ist kein Geheimnis. Zur Begründung von überdimensionierter Entlohnung heißt es, die Manager würden einen überdurchschnittlichen Mehrwert für Aktionäre schaffen.

Die Argumentation ist grundsätzlich nachvollziehbar. Wenn es in der Praxis dann auch noch tatsächlich so wäre, dann könnte man vielleicht damit leben. Dem ist aber nicht so.

Der Zusammenhang zwischen Managergehältern und der Aktienkursentwicklung

Der Zusammenhang zwischen Gehalt und Kursentwicklung ist tendenziell schwach. Das Wall Street Journal veröffentlicht seit 2010 Daten zu Gehältern und Kursentwicklung von mehr als 300 Unternehmen. Insgesamt gibt es also mehr als 1.000 Datenpunkte. Dabei wird aufgezeigt, wie stark das Gehalt und wie stark der Kurs der Aktie gestiegen ist. Grafik 1 zeigt das Ergebnis. Die vertikale Achse zeigt die Gehaltssteigerung, die horizontale Achse zeigt die Entwicklung des Aktienkurses. Der Großteil der Punkte liegt ziemlich „nah“ an der Nulllinie in einer Range von ±50%. Es gibt darüber hinaus einige Ausreißer. So gibt es z.B. einen Punkt, der eine Gehaltssteigerung von 350% zeigt. Der Punkt liegt aber gleichzeitig auf der Achse, die die Kursentwicklung anzeigt, nur knapp im positiven Bereich. Dieser Punkt gehört zum Computerhersteller Dell im Jahr 2011. Für Aktionäre hat sich nicht viel getan. Der CEO bekam allerdings 350% mehr Geld als im Vorjahr.

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Insgesamt ist der Zusammenhang nicht linear. Man kann nicht sagen, dass sich das Gehalt verdoppelt, wenn sich der Kurs der Aktie verdoppelt. Grafik 1 zeigt Kursentwicklungen von maximal 150%. Die Gehaltsachse geht aber bis zu einem Plus von 450%. Zudem sind ziemlich viele Punkte in einem Bereich, indem der Aktienkurs gesunken ist, die Gehälter aber stiegen. In einem Fall sank der Kurs um 40%, das Gehalt des CEO stieg aber um 200%.

Betrachtet man die einzelnen Jahre, dann sieht es auch nicht wesentlich besser aus. Für 2012 sehen die Punkte auf den ersten Blick wieder ganz vernünftig verteilt aus. Im Detail sind die Zahlen wenig ermunternd. Für alle Aktien, die in 2012 eine negative Performance gezeigt haben (durchschnittliche -12%), wurden die Gehälter um durchschnittliche 12% angehoben. Den Aktien, die sich positiv entwickelten (+26%), standen Gehaltserhöhungen von 16% gegenüber. Das ist schon bemerkenswert. Die Manager, die Aktien zum Steigen bringen, bekommen nur unwesentlich mehr als diejenigen, bei denen die Aktien fallen.

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Das ist nicht in allen Jahren so „ausgeglichen.“ Im Jahr 2010 lagen die Gehälter für Aktien mit negativer Entwicklung (-13%) 8,5% über dem Vorjahr. Aktien mit positiver Performance (+30.5%) standen Gehaltssteigerungen von 40% gegenüber. Das Prinzip ist in allen Jahren gleich. Verlieren Aktien, dann gewinnen die Gehälter trotzdem. Gewinnen die Aktien, dann steigen Gehälter oft überproportional.

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Bei diesen Zusammenhängen darf man sich schon die Frage stellen, ob Manager im Vergleich zum Mehrwert, den sie den Unternehmenseigentümern bringen, gerecht entlohnt werden. Als Unternehmenseigentümer fände ich es eher befremdlich, wenn Managementgehälter um 13% steigen, ich aber mit meiner Aktie auf einem Verlust von 13% sitze. Dazu sind es auch nicht die Geringverdiener unter den Managern, die teils ordentliche Zuschläge bekommen. 2011 verdoppelte sich das Gehalt von Avon CEO Andrea Jung auf über 11 Mio. USD während die Aktie 40% nachgab. Man kann sich auch fragen, ob das Gehalt vom Monsanto CEO im Jahr 2010 von 10 auf 12 Mio. steigen musste während die Aktie noch kräftig nachgab.

Die nächste Grafik zeigt noch einmal den Zusammenhang. Die y-Achse zeigt die Veränderung des Gehaltes, die horizontale Achse zeigt die Entwicklung der Aktien. Intuitiv sollten die blaue und rote Linie von links oben nach rechts unten verlaufen. Dann wäre zumindest in der Tendenz alles in Ordnung. Für höhere Aktienperformance gäbe es mehr Gehalt. Mit viel gutem Willen sieht man diesen Zusammenhang auch. Es gibt allerdings auch viele Ausreißer und signifikante Gehaltskürzungen bei fallenden Kursen sind Mangelware.

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Es kommt noch dicker

Wenn sich Manager ein höheres Gehalt genehmigen, dann sollten Aktionäre hellhörig werden. Es droht eine Underperformance der Aktie. Dieses Phänomen ist besonders ausgeprägt bei Star-Managern, die wirklich sehr überdurchschnittliche viel verdienen. Hier reden wir über 20 bis 100 Mio. USD pro Jahr. Solche Gehälter sind Ausnahmeerscheinungen. Es trifft aber auf einige Dutzend Manager zu. Jetzt sind nicht alle Gehälter miteinander vergleichbar. Ein bekannter und guter Manager wird bei einem Großunternehmen wie Disney mehr verdienen als bei der Supermarktkette um die Ecke, wenn es nicht gerade Wal Mart ist.

Es ist aber egal wie man es dreht und wendet. Das Problem bzw. die Ungleichverteilung bleibt bestehen. Sie spitzt sich sogar noch zu. Eine aufwendige Untersuchung in den USA hat die Aktienkurs- und Gehaltsentwicklung von 1994 bis 2011 von den größten 1.500 Unternehmen beleuchtet. Das Ergebnis ist in der nächsten Abbildung zu sehen. Die zwei Linien zeigen die Kursentwicklung der Aktien relativ zur Vergleichsgruppe. Für Microsoft wäre die Vergleichsgruppe Softwarehersteller. Die rote Linie zeigt die Underperformance der Aktien zur Benchmark, wenn die Manager besonders hoch bezahlt sind (Top 10%). Die blaue Linie zeigt die Performance jener Unternehmen, die von den am schlechtesten bezahlten Managern geleitet werden (Bottom 10%). Die Underperformance bei geringem Gehalt ist begrenzt und bewegt sich über einen Zeitraum von 3 Jahren bei 2%. Die Underperformance bei Überbezahlung ist jedoch ziemlich signifikant. Die Performance der Benchmark wird im dritten Jahr deutlich unterboten.

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Woher kommt die Underperformance?

Dafür gibt es mehrere Erklärungsansätze. Ein Teil der Entlohnung erfolgt zeitverzögert. Eigentlich sollten solche Regelungen dazu dienen, Manager zu motivieren, nicht nur kurzfristig zu handeln. Wird ein Großteil des Bonus bzw. von Aktienoptionen erst nach 2 oder 3 Jahren fällig, dann reicht es nicht, nur auf das nächste Quartal zu schauen. Absurderweise führt diese zeitverzögerte Entlohnung dazu, dass hochbezahlte Manager nicht sehr handlungsfreudig sind. Wenn das Unternehmen grundsätzlich läuft, wieso sollten sie dann etwas ändern?

Änderung bringt das Risiko mit sich, dass sich die Dinge auch verschlechtern könnten. Dieses Risiko wollen Manager nicht eingehen, wenn in 2 Jahren ein gigantischer Bonus wartet. Sie tun also lieber weniger als mehr. Eine Produktneueinführung könnte schief gehen. Das würde den Aktienkurs belasten, die Optionen dann ggf. wertlos werden. Teilweise werden auch Investitionen zurückgehalten, denn auch jede Investition ist bis zu einem gewissen Grad ein Risiko.

Es gibt auch Manager, die in einen gewissen Aktionismus verfallen. Dabei greifen sie dann auf bewährte Rezepte zurück. Das sind meist Übernahmen und Fusionen. Das erweckt den Anschein von Management, ist für Aktionäre aber selten ein Gewinn. Fusionen schaffen normalerweise keinen Wert, sondern schmälern ihn.

Anleger sollten daher aufpassen, wenn Manager von Unternehmen, deren Aktien sie halten, übermäßig hohe Boni erhalten oder ein neuer Star-Manager berufen wird. Die Wahrscheinlichkeit für eine Underperformance der Aktie ist groß, weil entweder nichts getan wird oder unsinnige Übernahmen angekündigt werden.

Viel Erfolg

Clemens Schmale

1 Kommentar

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  • Investor
    Investor

    Herr Schmale,

    sehr gute Analyse.

    Mir würde noch ein Chart fehlen, daß Gehälter gegen Gewinn pro Aktie zeigt. Die meisten Gehälter haben eine variable Komponente, die vom Gewinn pro Aktie abhängt. Deshalb gibt es auch die vielen Aktienrückkaufprogramme und nicht die Ausschüttung der Gewinne als Dividende.

    Was ist aus Ihrer Sicht der Grund, daß die Aktionäre und Aufsichtsräte diese Gehälter genehmigen? Hat es damit zu tun, daß es nur wenige Netzwerke gibt, die die meisten Stimmrechte kontrollieren via Fonds, ETF, usw. Verschiedene Untersuchungen deuten darauf hin, daß es Oligarchie Netzwerke über Firmengrenzen hinweg geben könnte.

    12:06 Uhr, 02.09.2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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