Kommentar
07:30 Uhr, 03.08.2007

Man muss wissen, wann man aussteigen sollte

Eine der Lieblingsbeschäftigungen in meiner Freizeit ist das Pokerspielen, das kann ich völlig umsonst online tun. Wenn ich ein Casino besuche und Poker spiele, dann gewinne ich für gewöhnlich sogar Geld. Wie dem auch sei, als ich begonnen habe online zu spielen, und dabei Spielgeld eingesetzt habe, hatte ich große Schwierigkeiten Geld zu gewinnen. Und das ergab für mich ganz einfach keinen Sinn, weil ich wusste, dass die meisten meiner Gegner sehr schlechte Pokerspieler waren. Doch warum konnte ich kein Geld verdienen?

Eines Tages las ich dann ein Pokerbuch eines Profis, der meinte, dass er genau dieselbe Erfahrung bei Low-Limit Games in Las Vegas (also Spiele mit niedrigen Einsätzen) gemacht hatte. Er sagte, dass wenn er eine gute Hand hatte, für gewöhnlich fünf oder sechs weitere schwache Spieler mit ihm mitgingen. Einer von diesen Spielern hatte dann typischerweise Glück bei den Gemeinschaftskarten und er wurde geschlagen.

Als er dann herausgefunden hatte, was passiert war, verlor er nur noch sehr selten. Und sein Geheimnis lag darin zu wissen, wann er auszusteigen hatte. Bei Texas Hold’em werden jedem Spieler zwei verdeckte Karten zugeteilt. Dies sind die speziellen Karten für jeden Spieler, auf die nur er zurückgreifen kann, obwohl fünf weitere Karten (Gemeinschaftskarten) offen gelegt werden. Aus einer Kombination der ersten beiden Karten mit den fünf Gemeinschaftskarten wird dann eine möglichst starke Hand geformt. Die ersten Einsätze folgen für gewöhnlich nachdem man seine „Pocket Cards“, also die ersten beiden Karten gesehen hat. Nachdem der Flop aufgedeckt wurde (die ersten drei der Gemeinschaftskarten), bzw. nach der vierten und fünften Karte kommt es erneut zu Einsätzen.

Schlechte Spieler spielen für gewöhnlich viele ihrer Starthände, die ihnen zugeteilt wurden. Wenn sie schlecht genug sind, dann wird einer dieser Spieler mit den Gemeinschaftskarten so viel Glück haben, dass er alle anderen Spieler damit besiegt. Die Lösung dieses Problems liegt nun also darin, nur sehr starke Starthände zu spielen, also Hände die rein statistisch gesehen in 30 % (oder öfter) der Fälle zu einem Gewinn des Potts führen. Das bedeutet, dass man in etwa 80 % aller Fälle aussteigen sollte. Sie sollten diese Hände niemals spielen und in den meisten Fällen kostet es sie gar nichts diese Hände nicht zu spielen.

Einer der großen Vorteile, den wir als Trader haben liegt darin, dass wir nicht gezwungen sind zu traden. Und nicht zu traden ist sogar kostenlos. Die allgemeine Lösung besteht nun also darin, lediglich außergewöhnliche Trades einzugehen. Und dies sind für gewöhnlich entweder Trades, die sich bereits zu ihren Gunsten bewegen noch bevor sie eingestiegen sind oder Trades die so stark untergewichtet sind, dass Sie ein Investment für einen Bruchteil dessen erwerben können, das es eigentlich wert ist.

Eine der stärksten Hände beim Poker ist eine Ass-König Kombination derselben Farbe. Bei einem Spiel mit 10 Personen gewinnt man mit solch einer Hand typischerweise in 68,6 % aller Fälle. Es bedarf für gewöhnlich jedoch einiger Hilfe um zu gewinnen. Nehmen wir an, dass Sie eine Ass-König Kombination in Herz zugeteilt bekommen auf die sie gleich setzen um noch ein paar weitere Karten sehen zu können. Die nächsten drei Karten sind eine Kreuz 3, ein Karo Junge, sowie eine Pick 7. Diese drei Karten haben Ihnen gar nicht geholfen. Sie haben jetzt nicht einmal ein Paar in der Hand und es gibt nur noch 2 weitere Karten, die aufgedeckt werden. Jetzt sehen die Chancen nicht gerade rosig aus, dass dies eine der 68,6 % der Ass-König Kombination derselben Farbe sein wird, die gewinnen. Sie sollte diese Hand wegwerfen, vor allem wenn die anderen Spieler beginnen hohe Einsätze zu tätigen. Und noch einmal, an dieser Stelle ist es für Sie noch nicht teuer diese Hand wegzuwerfen, der Betrag beschränkt sich nämlich auf Ihren ursprünglichen Einsatz.

Dasselbe passiert bei einem Aktieninvestment. Sie kaufen die Aktie weil sie gestiegen ist. Nichtsdestotrotz beginnt der Kurs der Aktie genau nach Ihrem Investment leicht zu fallen. nach einigen Wochen ist der Kurs der Aktie um 5 % gefallen. An dieser Stelle verhält es sich genau so wie bei einer schlechten Pokerhand – sie sollte ganz einfach aussteigen. Die Chancen scheinen – im Moment – gerade nicht zu ihren Gunsten zu stehen.

Schlechte Spieler wählen für gewöhnlich schon schlechte Karten aus, mit denen sie beginnen, und sie spielen gegen Spieler mit guten Karten, die jedoch keinerlei Unterstützung aus den Gemeinschaftskarten erhalten. Wenn Sie, was Wahrscheinlichkeiten betrifft, konservativer werden, und nur die besten Hände spielen, dann werden Sie normalerweise die meisten dieser Hände gewinnen, und nur geringe Verluste hinnehmen müssen.

Eine der goldenen Regeln des Tradings schreibt vor, seine Verluste zu begrenzen. Das bedeutet so viel wie das Aussteigen aus Trades, die den Anschein erwecken sich nicht zu Ihren Gunsten zu entwickeln.

TJ-Fazit:

Beim Trading und beim Pokern gibt es sehr viele Parallelen. Wichtig ist jedoch immer einen kühlen Kopf zu bewahren.

Beim Pokern und beim Traden spielt das eigene Ego eine sehr wichtige Rolle. Wenn man mit einer starken Hand verliert, bedeutet das nicht, dass man ein schlechter Spieler wäre.

Begrenze Deine Verluste. Diese goldene Regel des Tradings gilt nicht nur beim Trading, sondern auch beim Pokern, und sie ist ebenso schwierig umzusetzen.

Autor: Van K. Tharp, Ph.D. Dieser Fachartikel wurde im Tradersjournal veröffentlicht.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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