Makro- und Investment-Outlook 2020: Vorsicht ist angebracht
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Die Furcht vor einer globalen Rezession lässt zum Jahresende nach: Das Teilabkommen zwischen den USA und China sorgt für etwas Entspannung im Handelskonflikt, das Weiße Haus droht nicht länger mit steigenden Zöllen auf europäische Autos und in Großbritannien sind die Risiken eines „No-Deal-Brexits“ unwahrscheinlicher geworden. Zudem sind die Arbeitsmärkte weltweit solide und der Konsum stützt in den wichtigsten Wirtschaftsregionen die Konjunktur. Damit ist eine Rezession Anfang 2020 unwahrscheinlich.
Dennoch gibt Gilles Moëc, Chief Economist bei AXA Investment Managers (AXA IM), keine Entwarnung für die Weltwirtschaft: „Für 2020 gehen wir davon aus, dass das tatsächliche Bruttoinlandsprodukt (BIP)-Wachstum in den wichtigsten Wirtschaftsregionen knapp erreicht wird. 2021 wird das globale Wachstum unserer Ansicht nach so gut wie stagnieren. Der Mangel an politischer Feuerkraft wird in den kommenden zwei Jahren ein beherrschendes Thema sein.“
(Neue) Risiken bleiben bestehen
Gründe für diese Annahme gibt es einige. Zu viel Schaden wäre bereits angerichtet worden. Das chinesisch-amerikanische Teilabkommen werde zwar eine Eskalation des Handelskonflikts verhindern, aber ob eine der 2018 initiierten Zollerhöhungen so schnell zurückgenommen werde, bleibe fraglich. „Zudem sollten wir uns in Erinnerung rufen, dass der Rückgang der chinesischen Nachfrage bereits vor dem Handelskrieg begann und wahrscheinlich auch bis nach seinem Ende anhalten wird – falls es zu einem Ende kommen sollte“, so Moëc weiter. Chinas potenzielles BIP werde durch die demografischen Herausforderungen zunehmend beeinträchtigt. Der Übergang zu einem weniger kapitalintensiven Wachstumsmodell belaste darüber hinaus das Trendwachstum.
Im Euroraum haben die Unternehmensgewinne im Trend durchschnittlich nachgelassen. „Besonders auffällig ist dies in Deutschland – ein weiterer Grund, bei einem Anstieg der Unternehmensinvestitionen im nächsten Jahr vorsichtig zu sein“, so der Experte. In den USA seien die privaten Haushalte weniger verschwenderisch geworden, trotz niedriger Zinsen und geringer Arbeitslosenquote, während die Unternehmen ihre Gewinne steigern konnten. „Die Sparquote ist im dritten Quartal 2019 auf 8,1 Prozent gestiegen und damit um 0,6 Prozent höher als im Vorjahr. Wir gehen davon aus, dass dies demografische Faktoren widerspiegelt und die Konsumausgaben limitiert“, sagt Moëc.
Daneben könnten potenzielle Ereignisse für neue Verunsicherung sorgen. In den USA hätte eine Amtsenthebung von US-Präsident Donald Trump unmittelbar zur Folge, dass die radikalsten demokratischen Kandidaten in den Vorwahlen unterstützt würden. „Mit ihrem regulatorischen und steuerbelastenden Fahrplan können sie die abwartende Haltung von Unternehmen bezüglich Investitionsentscheidungen weiter verstärken“, so der Experte weiter. In Europa werde ein schmerzhafter Verhandlungsprozess über ein Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU beginnen, auch wenn ein No-Deal-Brexit wahrscheinlich vom Tisch sei und selbst wenn die Konservativen die Parlamentswahlen gewinnen. Italien konnte zwar dank der politischen Entwicklungen die Spannungen mit den europäischen Institutionen abbauen, dennoch könnte die Instabilität im Euroraum durch entmutigende Regionalwahlen und mögliche Volksabstimmungen zurückkehren. „Oft sorgen politische Impulse für mehr Wirtschaftswachstum. Wir glauben nicht, dass dies der Fall sein wird, und erwarten daher, dass das globale Wachstum gegen Ende 2020 und 2021 in einen Zustand der Quasi-Stagnation übergeht“, so Moëc.
Anleihen: Keine signifikanten Änderungen erwartet
Bezüglich Anleihen siehtChris Iggo, CIO bei AXA Investment Managers, in diesem Makroumfeld und angesichts der voraussichtlich anhaltenden niedrigen Zinssätze keine signifikanten Änderungen voraus. „Sollten die Renditen von US-Staatsanleihen auf 2,0 bis 2,5 Prozent steigen, dürften Anleger aus Europa und Japan aufgrund der niedrigen Renditen in ihren Heimatmärkten zu Käufern werden. Auf der Kreditseite gibt es trotz des langen Konjunkturzyklus nur wenige Anzeichen für eine signifikante Verschlechterung des Kreditzyklus“, so Iggo. Unternehmenswerte könnten sich weiterhin lohnen. „In Europa ist die Tatsache, dass die EZB den Kauf von Unternehmensanleihen wieder aufgenommen hat, ebenfalls eine starke Unterstützung für relativ enge Credit Spreads“, sagt Iggo. Auch das High-Yield Team von AXA IM erwartet, dass die Ausfallraten niedrig bleiben.
Angesichts des renditeschwachen Umfelds bevorzugt AXA IM Strategien, die die Volatilität begrenzen, sich auf die Rendite konzentrieren oder diversifiziert und flexibel genug sind, um durch aktive Allokation in den ertragreichsten Märkten stabile Renditen zu erzielen. Für letzteres eigenen sich insbesondere Short-Duration-Strategien. „Sie partizipieren nur gering an den Abwärtsrisiken in Bärenmärkten, während sie einen guten Teil des Aufwärtstrends abdecken, wenn sich die Märkte gut entwickeln. Dies gilt insbesondere für die höheren Beta-Teile des Marktes wie High Yield und Emerging Market Debt. Aus unserer Sicht passen diese Strategien gut zu den aktuellen Marktaussichten“, so Iggo.
Aktuelle Entwicklungen stützen positive Stimmung an den Aktienmärkten
Die Politik und die Hoffnung auf eine Lösung des Handelskrieges und des Brexits sollten die positive Stimmung an den Aktienmärkten stützen. „Wo es Spielraum für eine Aufwärtskorrektur des Wachstums gibt, z.B. in Deutschland und China bei Erholung der globalen Produktion oder Großbritannien nach einem Soft-Brexit-Deal, könnten wir eine Verbesserung der relativen Aktienmarktperformance sehen“, so Iggo. Anleger dürften an der Börse weiterhin lohnendere Gelegenheiten finden als im festverzinslichen Bereich, insbesondere in Europa, wo ein Großteil des Rentenmarktes nur negative Renditen offeriert. Daneben biete das Engagement in eine globale Inflations-Risikoprämie durch inflationsgeschützte Anleihen und europäische High-Yield-Anleihen eine nützliche Ergänzung.
„Angesichts der sich derzeit abschwächenden Risiken für die Weltwirtschaft und der weiterhin sehr niedrigen Zinssätze halten wir an unserer konstruktiven Haltung in Bezug auf Aktien für 2020 fest, mit einer Tendenz zu unterbewerteten zyklischen Entwicklungen in den USA und Titeln mit hoher Dividendenrendite sowie genügend Free Cash Flow in Europa“, schließt Moëc. 2021 werde dann voraussichtlich eine größere Herausforderung.
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