Kommentar
12:21 Uhr, 26.10.2021

Löst China die Energiekrise Europas?

Eine Energiekrise erfasst gleich die ganze Welt. Plötzlich herrscht ein Mangel an allem, ob Erdgas, Kohle oder sogar Öl.

In den Schlagzeilen werden Europa und zum Teil China als Leidtragende der Energiekrise genannt. Das greift zu kurz. Überall auf der Welt herrscht ein gewisser Mangel. In Indien reichen die Kohlevorräte gerade einmal vier Tage. Viel darf nicht geschehen, sonst geht das Licht aus. Auch in Europa sind Kohlepreise rasant gestiegen. Wichtiger als Kohle ist allerdings Erdgas. Im Gegensatz zu Kohle und Öl lässt sich dieses nicht so einfach in großen Mengen aus neuen Quellen importieren. Die Anzahl an Schiffen, die Flüssiggas transportieren können, ist stark begrenzt und Pipelines können nicht über Nacht gebaut werden. Das spielt Russland sicherlich in die Hände. Die viel kritisierte Nord Stream 2 Pipeline hatte wohl noch nie so gute Chancen wie jetzt. Erdgas fehlt jedoch nicht nur, weil die Lieferungen nicht ganz so hoch sind wie gedacht. Die Nachfrage war und ist überdurchschnittlich hoch. Die Infrastruktur, ob Pipelines oder überhaupt an der Quelle, um Rohstoffe zu fördern, wurde in den vergangenen Jahren vernachlässigt. Die Infrastruktur ist nicht darauf ausgelegt mit hoher Nachfragevolatilität zurechtzukommen. Das wird überall auf der Welt gespürt. China spürt dies insbesondere am Kohlepreis. Ein Großteil der Stromproduktion kommt aus Kohle. Der Preis hat sich in diesem Jahr vervielfacht. Gleichzeitig ist der Strompreis für Geschäftskunden gesunken. Dieser Preistrend hat bereits vor der Krise begonnen.


Sind die Strompreise festgelegt, aber der Preis des Energielieferanten nicht, droht Stromproduzenten schnell das Aus. In Europa sind bereits mehrere Versorger in die Insolvenz gegangen. Als gute Lösung kann man das weder für die Wirtschaft noch für Haushalte halten.

Nun reicht es China. Es wurden Interventionen angedroht. Prompt fiel der Kohlepreis. In Europa setzte die Korrektur bereits eine Woche früher ein. Dennoch sollte auch der europäische Preis mittelfristig profitieren.

Bereits vor einem halben Jahr griff China schon einmal bei einem Rohstoff ein. Damals war es Eisenerz. Der Preis sackte ab, erholte sich kurzfristig wieder. Heute steht der Preis mehr als 50 % unter dem Hoch. In den USA und anderen Teilen der Welt folgte der Eisenerzpreis.

Obwohl „nur“ China intervenierte, wurde gleich der Weltmarkt beeinflusst und der Preis nach unten gedrückt. Zugegeben, bei Eisenerz spielt auch die Immobilienkrise eine Rolle. Es muss sich erst zeigen, ob China bei Kohle genauso erfolgreich sein wird.

Der Einfluss Chinas auf Rohstoffpreise ist jedoch nicht zu unterschätzen. Will Peking tiefe Preise, bekommt es diese früher oder später auch. Das hat Auswirkungen auf die ganze Welt. Damit ist das Problem zu niedriger Mengen grundsätzlich nicht behoben, aber zumindest explodiert der Preis nicht weiter und Haushalte und Unternehmen werden entlastet.


Gilt ein Rohstoff erst als knapp, kaufen diejenigen, die ihn brauchen (z.B. Versorger), und Spekulanten ohne Halt ein. Steigt der Preis erst weiter, greift Panik um sich und jeder kauft, was er kriegen kann, egal zu welchem Preis.
China bricht diesen Zyklus über Interventionsandrohungen. Preise sinken, nicht etwa, weil plötzlich mehr Rohstoffe vorhanden sind oder weniger benötigt werden, sondern weil eine sich aufschaukelnde Spekulation beendet wird. So löst China vielleicht nicht die Energiekrise, macht sie aber leistbarer bzw. sorgt dafür, dass Preise wieder auf ein vernünftiges Niveau fallen. Gas mag in Europa knapp sein, aber es ist wirklich nicht so knapp, dass es eine Versechsfachung des Preises rechtfertigt.

Clemens Schmale


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1 Kommentar

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  • mariahellwig
    mariahellwig

    "Gas mag in Europa knapp sein, aber es ist wirklich nicht so knapp, dass es eine Versechsfachung des Preises rechtfertigt."

    Naja, dass Niveau war vorher einfach sehr niedrig. Zudem ist Gas ein Energieträger der Zukunft, daraus lässt sich durch Pyrolyse Wasserstoff gewinnen.Der Preis aktuell ist nicht zu hoch, lediglich die Geschwindigkeit des Anstiegs ist aussergeöhnlich

    10:00 Uhr, 27.10.2021

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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