Kommentar
13:06 Uhr, 06.02.2012

Liquidität der Notenbanken treibt alle Märkte

Viele Anleger schauen mit Staunen und großer Skepsis auf die Kursentwicklung der Aktienmärkte sowie die Entspannung aller Unternehmens- und „Risiko“-Staatsanleihen im Januar. Wir nicht – haben wir doch bereits die großen Chancen, die das Jahr 2012 bietet, zu Beginn des Jahres an dieser Stelle beschrieben.

Europa zeigte sich überraschend handlungsfähig und verabschiedete innerhalb von sieben Wochen den ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) sowie einen Stabilitätspakt mit 25 Ländern der EU, der eine Schuldengrenze in der nationalen Gesetzgebung vorsieht.

Die EZB unterstützt diesen Prozess, indem sie bereits Mitte Dezember 2011 ein unbegrenztes Dreijahres-Tender-Programm für Banken zu 1 Prozent Zinsen angeboten hat. Das gleiche Angebot wird es nochmals Ende Februar 2012 geben. Dieses Programm wurde und wird von den Märkten total unterschätzt. Es schirmt die Banken vor Liquiditätsengpässen ab und schafft Vertrauen im Interbanken-Markt. Darüber hinaus gibt es den Banken die Möglichkeit, gewissermaßen aus dem Nichts Erträge zu erwirtschaften.

Hierzu ein Beispiel: Eine italienische Bank nimmt bei der EZB 100 Milliarden Euro Kredit für 3 Jahre zu einem Prozent Zins auf. Dieses Geld legt sie in italienische Staatsanleihen zu einem Zinssatz von 4 Prozent an, welche sie wiederum bei der EZB als Sicherheit für den Kredit hinterlegt. Der Gewinn beträgt in drei Jahren 9 Milliarden Euro – ein Fressnapf-Programm für die Bankenwelt. Für die italienische Bank ist das Risiko begrenzt, denn wenn ihr Heimatstaat Pleite ginge, würde die Bank wohl kaum überleben. Als kleiner Nebeneffekt gelingt so auch die Refinanzierung der fälligen Staatsschulden in allen Euro-Ländern. Dieses Programm ist in seiner Dimension, rd. 300 Milliarden im Dezember und vielleicht 1 Billion Euro Ende Februar, viel bedeutungsvoller für die Märkte einzuschätzen, als das vielbeschworene QE II (Quantitative Easing) Programm der amerikanischen Zentralbank 2010. Eine Win-Win- Situation für alle – Glückwunsch an die EZB!

Verfolgt man die Kommentare der grundsätzlich Euro-skeptisch eingestellten angelsächsischen Analysten, so scheinen selbst diese langsam zu begreifen was das bedeutet, nachdem sie seit Monaten fordern, die EZB solle mehr tun. Da die europäischen und vor allem die deutschen Aktienmärkte zu drei Vierteln von ausländischen Investoren dominiert werden, führt diese Erkenntnis zu einem Rückfluss von Geldern in den Euroraum und auch in deutsche Aktien. Nach unserer Rechnung war der DAX-Gewinn im Januar von 9,5 Prozent der stärkste in der Geschichte des deutschen Aktienindex.

Starke Unternehmensergebnisse sprechen für positiven Trend

Unterstützt wird das positive Szenario von guten Unternehmensergebnissen. SAP vermeldet für 2011 das beste Jahr der Firmengeschichte, VW hat so viele Autos abgesetzt wie noch nie, amerikanische Banken vermelden Rekordgewinne und auch die Deutsche Bank verdiente im „Finanzkrisenjahr“ 5 Milliarden Euro. Diese Liste ließe sich unendlich fortsetzen.

Trotzdem überwiegt nach wie vor die Skepsis. Die Probleme seien nicht gelöst, das wäre nur eine Zwischenrallye, die Weltbank spricht sogar von Weltrezession. Der beste Nährboden für steigende Kurse ist, wenn kurzfristige Skepsis überwiegt und die mittelfristige Zuversicht zunimmt. Alle warten somit auf die nächste Korrektur, die dann aber nicht kommt und Anleger gezwungen werden zu erhöhten Kursen weiter zu kaufen. Die „Wall of Worry“ ist die ideale Voraussetzung für einen positiven Trend.

Und was ist mit der Rezession? Rezessionen gibt es dann, wenn beispielsweise die Wirtschaft gebrummt hat, Überkapazitäten aufgebaut wurden oder in bestimmten Teilbereichen, wie zuletzt im Immobilienmarkt, Blasen entstanden sind. Doch wo sehen wir dies? Die USA haben eine Konjunkturdelle durchschritten, Europa ist mitten drin und die Schwellenländer schwenken nach dreijähriger Bremsphase auf eine expansive Geldpolitik um. Auch in Deutschland steigen die wichtigsten Konjunkturindikatoren (sentix, ZEW und ifo) bereits zum dritten Mal in Folge. Es gibt weder im Lagerzyklus noch im Investitions- oder Konsumzyklus Übertreibungen, die es abzubauen gilt. Auch die Spareffekte der südeuropäischen Staaten werden massiv überschätzt. Denn bisher bedienten viele Ausgaben vorwiegend nur ein bestimmtes Wahlklientel und waren nicht unmittelbar konjunkturwirksam.

Gute Perspektiven auf den Aktienmärkten

Die Voraussetzungen für ein gutes Aktienjahr sind also nach wie vor gegeben. Deutschen Aktien geben wir unter Renditegesichtspunkten (rd. 20 Prozent günstiger bewertet) den Vorzug vor US-Titeln, welche wir eher als Stabilitätsbaustein im Aktienspektrum ansehen. Außerdem partizipieren die deutschen Exportwerte stärker bei einer konjunkturellen Erholung. Auch die Emerging Markets werden nach langer Zeit wieder interessant. Als Basisinvestment können Unternehmensanleihen herangezogen werden, wobei die Attraktivität sukzessive nachlässt. Von Staatsanleihen nehmen wir Abstand, da diese im Fall der Mittelmeeranrainer zu stark politisch beeinflusst sind. Ebenso von deutschen und amerikanischen Schuldtiteln, die bei Renditen für 10-Jährige von 2 Prozent und einer Inflation von 3 Prozent extrem überteuert sind, raten wir ab. Wir vermuten hier sogar eine Blase. Gold und Rohstoffe werden in einem Umfeld weiter wachsender Weltwirtschaft und viel Liquidität gut unterstützt. Die Perspektiven im Aktienmarkt sind jedoch weitaus größer. Natürlich wird es auch in diesem Jahr heftige Schwankungen geben, was einen etwas größeren Liquiditätsvorrat empfiehlt, um entsprechend reagieren zu können.

Bessere Konjunkturaussichten, günstige Unternehmen, viel Liquidität, geringe Investitionsquoten und viel Skepsis - ein noch besseres Umfeld für die Börsen ist schwer vorstellbar. Nur heftige weltpolitische Verwerfungen könnten dieses Bild im Moment trüben.

Quelle: Gecam

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