Lindner und Wirtschaft kritisieren EU-Lieferkettengesetz - SPD erfreut
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Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones) - Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Vertreter aus der Wirtschaft haben die Zustimmung der EU-Staaten zum Lieferkettengesetz kritisiert. Linder sagte, die Billigung trotz des Widerstands aus Deutschland sei "bedauerlich", da sie zu sehr viel praxisferner Bürokratie führe. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) befürchtet aufgrund der neuen Regelungen einen Schaden für Europas Wettbewerbsfähigkeit. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hingegen werteten die Entscheidung als positiven Schritt für die Menschenrechte. Deutschland hatte sich aufgrund des Widerstands des Regierungspartners FDP bei der Abstimmung enthalten.
"Wir hätten uns eine bürokratieärmere und praxistauglichere Lieferkettenrichtlinie gewünscht", sagte Lindner nach der Entscheidung. "Aber Ursula von der Leyen und ihre Kommission, die wollten durch die Wand." Immerhin sei das EU-Lieferkettengesetz aufgrund des Widerstands aus Deutschland abgerüstet worden.
Das EU-Lieferkettengesetz sieht vor, dass Unternehmen künftig europaweit dokumentieren müssen, dass sie mit ihren importierten Produkten aus Drittländern nicht von Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren oder dass die Produkte dort zu Umweltschäden führen.
Entwicklungshilfeministerin Schulze sieht in der Verabschiedung des Gesetzes einen "Meilenstein" zum Schutz der Menschenrechte und im Kampf gegen Kinderarbeit. Heil erklärte auf der Plattform X, der Beschluss sei "gut für die Menschenrechte und die deutsche Wirtschaft, denn dadurch schaffen wir faire Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen in Europa".
BDI sieht Rückschlag für Wettbewerbsfähigkeit
Der BDI sieht in der Zustimmung hingegen einen Rückschlag für Europas Wettbewerbsfähigkeit. Das Vorgehen der belgischen Ratspräsidentschaft und der Berichterstatterin im Europaparlament, das Projekt gegen alle Widerstände und um jeden Preis im Hinterzimmer durchzudrücken, sei beispiellos, so der Verband.
Die Entscheidung "schafft neue Hindernisse für Versorgungssicherheit und Diversifizierung der europäischen Wirtschaft. Die Richtlinie beruht auf wirklichkeitsfremden Vorstellungen und bürdet Unternehmen uneinlösbare Pflichten auf, die einen enormen bürokratischen Aufwand verursachen", kritisierte BDI-Präsident Siegfried Russwurm.
Er befürchtet, dass sich aufgrund rechtsunsicherer Bestimmungen und dadurch drohender Sanktions- und Haftungsrisiken Unternehmen aus wichtigen Drittländern zurückziehen könnten. "Menschenrechten und Umweltschutz wird durch den Rückzug europäischer Unternehmen kein Dienst erwiesen", so Russwurm.
Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) sieht in dem Beschluss einen "Sieg für die Bürokratie". Zwar sei das Ergebnis deutlich besser als der ursprüngliche Entwurf. "Das eigentliche Problem, die Weitergabe von Berichtspflichten an kleine und mittelständische Unternehmen, bleibt ungelöst. Die Belastungen des Mittelstands werden damit weiter steigen", sagte BGA-Präsident Dirk Jandura.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/jhe
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