Kommentar
09:59 Uhr, 20.10.2006

Lateinamerika – Höhere Wettbewerbsfähigkeit erfordert höhere Investitionen

Unabhängig davon, ob Lula da Silva oder sein Herausforderer Geraldo Alckmin die Präsidentschaftsstichwahl am 29. Oktober gewinnt, die Herausforderung ist eindeutig: das Umfeld für inund ausländische Investitionen muss weiter verbessert werden. Gemäß des Genfer World Economic Forum sticht bislang lediglich Chile mit effizienten Institutionen und Märkten in der Region hervor. Die erreichte Wettbewerbsfähigkeit ist demnach sogar höher als in Spanien oder Tschechien. Brasiliens Position wird hingegen weiterhin durch eine finanzpolitisch angespannte Situation belastet. Letztlich ist diese zusammen mit der nach wie vor hohen Verschuldung der Grund für die sehr hohen Realzinsen. Da jedoch von seiten der Rohstoffpreise und der Konjunktur der Druck auf die Inflationsentwicklung nachlässt, dürfte die Notenbank den neuen Spielraum für eine spürbare Lockerung der Geldpolitik nutzen. Längerfristig kann dieser Trend aber nur durch strukturelle Verbesserungen untermauert werden. Deshalb muss der neue Präsident vor allem darauf abzielen, den Abbau der Verschuldung voranzutreiben und den finanzpolitischen Handlungsspielraum zu erhöhen. Bislang sind rund 90% aller Staatseinnahmen bereits ausgabenseitig vorgeplant. Nur über Reformen, bspw in der Sozialversicherung, lässt sich dieser Prozentsatz reduzieren. Hierfür ist jedoch ein starkes Wählermandat notwendig, so dass in diesem Zusammenhang die Bedeutung der anstehenden Wahlen im Oktober deutlich wird, auch wenn die grundsätzlich vorsichtige finanzpolitische Ausrichtung beider Kandidaten positiv ist. Längerfristig niedrigere Zinsen sind ein wesentlicher Faktor, der die Investitionstätigkeit der Unternehmen stimulieren kann. Das Potenzial bzw. der Nachholbedarf Brasiliens wird durch die im Emerging Market Vergleich geringe Investitionsquote von knapp unter 20% verdeutlicht. Hinzu kommt, dass der Zufluss an Direktinvestitionen erst begonnen hat etwas zuzulegen. Das Niveau ist mit rund 1,8% des BIP in diesem Jahr noch recht gering. Im kommenden Jahr erwarten wir einen Anstieg auf rund 2,0%. Niedrigere Zinsen und stärkere Auslandsinvestitionen sind die richtige Mischung, die über eine Belebung der binnenwirtschaftlichen Dynamik das BIP-Wachstum auch bei abnehmenden außenwirtschaftlichen Impulsen stabilisieren kann. Die Genfer Studie geht aber noch darüber hinaus und verweist auf die zentrale Bedeutung verbesserter Institutionen, ohne die das Wachstumspotenzial nur schwer genutzt werden kann.

Quelle: Cominvest

Die cominvest Asset Management GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main wurde im Jahr 2002 durch Zusammenlegung der inländischen Asset Management-Aktivitäten der Commerzbank AG gegründet und ist seitdem eine hundertprozentige Tochter der Commerzbank. Aktuell verwaltet sie 55 Milliarden Euro, wovon 44% auf Privatkunden und 56% auf institutionelle Investoren entfallen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf europäischen Aktien- und Rentenfonds.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

Mehr Experten