Kommentar
13:41 Uhr, 21.05.2008

Lateinamerika bleibt auch 2008 ein attraktives Anlageziel

Lateinamerika bietet nach wie vor einen attraktiven Hintergrund für Geldanlagen. Die Bewertungen waren schon vor der jüngsten Korrektur relativ günstig, jetzt sind sie es umso mehr. Das vorwärts gerichtete Kurs-Gewinn-Verhältnis ging in der Region auf zehn bis elf zurück, was selbst bei enttäuschenden Gewinnen einige Unterstützung bieten sollte. Das Binnenwachstum gewinnt immer mehr an Bedeutung, ein Erstarken der lateinamerikanischen Mittelschicht ist besonders in Brasilien und Mexiko sichtbar. Brasiliens makroökonomische Bemühungen führten sogar zu einer Aufwertung des Ratings für langfristige Auslandsschulden, denen die Agentur Standard & Poor´s nun Investmentqualität („investment grade“) bescheinigt.

Der Kontinent profitiert von stabilen makroökonomischen Verhältnissen, die auf strukturelle Veränderungen im öffentlichen Sektor zurückzuführen sind. Die niedrige Inflation, gegenüber dem US-Dollar aufwertende Währungen und niedrige Schulden im öffentlichen und privaten Sektor stehen in scharfem Kontrast zum Szenario vergangener Jahre, als die volatilen Währungen der Region zur Schwäche tendierten und monatliche Inflationsraten zweistellig waren. Der beste Beleg für die neue Ära ist die brasilianische Inflationsrate: Die Politik der Zentralbank führte zu mehr Beschäftigung und Reallohnwachstum, während niedrigere Zinsen den Zugang zu Krediten und die Verfügbarkeit verbesserten, sodass die einheimische Wirtschaft stärker wachsen konnte.

Vor allem der Zeitpunkt der Aufwertung der langfristigen Auslandsschulden Brasiliens durch S&P überraschte allerdings viele Anleger, über den eigentlichen Schritt war jedoch bereits seit Ende 2006 spekuliert worden. Ein wichtiger Grund für die Ratingverbesserung war, dass Brasilien im Januar erstmals zum Nettoauslandsgläubiger avancierte. Nachdem dies bekannt wurde, starteten internationale Investoren in Brasilien eine starke Aktien- und Anleiherallye. Die inländische Kreditverfügbarkeit wird dadurch ebenso unterstützt wie die Nachfragedynamik, doch höhere Zinsen könnten die Folge sein. Im April stiegen die brasilianischen Zinsen bereits, zum ersten Mal seit fünf Jahren. Auch in anderen Schwellenländern sorgen sich Zentralbanken, dass eine solide Binnennachfrage, kombiniert mit steigenden Rohstoffpreisen, die Inflation anheizen könnte. Noch bleibt die Inflation in Brasilien aber unterhalb der Zielmarke, die Zentralbank betreibt also Vorsorge. Deswegen dürfte die angelaufene Zinsstraffung kaum aggressiv werden oder lange anhalten.

Brasilien kann – wie nur wenige andere Länder – seine Ackerflächen ausweiten, ohne Wälder oder Schutzgebiete zu beeinträchtigen. Die staatlich kontrollierte Petrobrás, das größte Unternehmen des Landes, macht im MSCI-Lateinamerika-Index etwa 19 Prozent aus, es gehört zu den Favoriten, wenn man in Schwellenländern auf den Ölpreis setzen will. Petrobrás wird weniger stark besteuert als beispielsweise russische Ölfirmen, und im vergangenen November vermeldete das Unternehmen die mögliche Entdeckung eines der größten Ölfelder der jüngeren Geschichte. Durch diesen Fund könnte Brasilien zu einem der zehn größten Ölexporteure der Welt werden, während Petrobrás und seine Aktionäre mit sehr attraktiven Ertragsraten rechnen dürfen, selbst wenn die Investitionsausgaben in den ersten Jahren der Ausbeutung des Feldes steigen werden.

Alles in allem bietet Lateinamerika Investoren attraktive Anlagemöglichkeiten, weil die Region weiterhin vom starken Rohstoffzyklus profitiert. Immer wichtiger wird aber auch das Binnenwachstum. Mit einem Anteil von etwa 75 Prozent ist Brasiliens Binnenmarkt der Schwerpunkt des BGF Latin American Fund. Das Land nimmt eine Führungsrolle in Lateinamerika ein – Grund hierfür ist vor allem das wachsende Bruttoinlandsprodukt. Viele Aktien wurden in den letzten Monaten übermäßig abgestraft. Wenn sich der Markt mittelfristig wieder Fundamentaldaten zuwendet, dürften sie jedoch überdurchschnittliche Erträge liefern. Am stärksten übergewichtet hat der Fonds unter anderem den Bausektor, Konsumwerte, Gesundheits- und Softwaretitel. Die größten Untergewichtungen bestehen bei Öl- und Materialwerten. Der Fonds investiert auch in Mexiko und Chile, doch dort wurden zuletzt Positionen abgebaut, weil Binnenwirtschaft und Bewertung in beiden Ländern weniger attraktiv erscheinen als in anderen Märkten der Region. Peru wurde dagegen erstmals aufgrund seiner starken wirtschaftlichen Aktivität und attraktiver Bewertungsniveaus in das Portfolio aufgenommen.

Quelle: BlackRock

BlackRock ist eine der größten börsennotierten Investment-Management-Firmen weltweit. Per Ende Dezember 2007 beliefen sich die verwalteten Kundengelder von BlackRock insgesamt auf 1,357 Billionen US-Dollar. Das Unternehmen verwaltet Vermögenswerte für institutionelle und private Investoren weltweit mit einer breiten Palette von Anlageprodukten aus den Bereichen Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Geldmarkt- und alternative Investments.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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