Kreditverbriefungen werden wieder salonfähig
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Zugegeben, auch uns hat die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrer Entscheidung, den Leitzins vor Wochenfrist auf das neue Rekordtief von 0,05% zu senken, überrascht. Doch immerhin sieht damit nun selbst EZB-Chef Mario Draghi seine Mittel in puncto Zinssenkungen als ausgereizt an. Der Leitzins sei inzwischen „an der unteren Grenze, an der technische Anpassungen nicht länger möglich sein werden“, sagte er. Anschließend deutete er sogleich die Möglichkeiten zu weiteren „unkonventionellen Maßnahmen im Rahmen des EZB-Mandats“ an - sollte es nötig werden, auf die Risiken einer zu langen Periode niedriger Inflation zu reagieren. Damit bereitet Draghi den Boden für jene Finanzgeschäfte, die durch die Finanzkrise in Verruf geraten waren: Den Markt für Kreditverbriefungen.
Im Kampf gegen eine drohende Deflation hatte der EZB-Rat den Leitzins vergangene Woche auf das neue Rekordtief von 0,05% gesenkt, nachdem der Schlüsselsatz für die Versorgung des Bankensystems mit Zentralbankgeld erst im Juni auf 0,15% reduziert worden war. Den Einlagensatz, zu dem Banken bei der EZB kurzfristig Geld parken können, senkte die EZB auf minus 0,2%. Damit dürfte nun das Ende der Fahnenstange in Sachen Zinssenkungen erreicht sein, weshalb Draghi und Co. an anderen Werkzeugen basteln, um die Deflation bannen zu können. Erst kürzlich hatte die EZB angekündigt, dem Markt für verbriefte Mittelstandskredite neues Leben einzuhauchen, indem sie europäischen Banken gebündelte Kreditforderungen abkaufen möchte. Nicht von Ungefähr berichtet in diesem Kontext die Nachrichtenagentur Reuters mit Bezug auf Insider von Plänen der EZB, die den Aufkauf von Kreditverbriefungen (Asset Backed Securities) und Covered Bonds in einem Volumen von 500 Mrd. € vorsehen.
Flankiert wird die EZB von den Regierungen in Berlin und Paris, die ebenfalls für eine Wiederbelebung des Marktes für Kreditverbriefungen die Trommel rühren. Damit soll die anhaltende Kreditknappheit in weiten Teilen Europas bekämpft und die lahmende Konjunktur in Euroland angekurbelt werden.
Vor Beginn der Finanzmarktkrise 2007 wurden Kreditforderungen gebündelt und als forderungsbesicherte Wertpapiere an Investoren verkauft - als so genannte Asset Backed Securities (ABS). Doch auch wenn die Kreditverbriefungen vielfach als einer der Auslöser der Finanzmarktkrise gelten, müssen diese nicht automatisch als Teufelszeug verschrien werden. Entscheidend wird bei einer Renaissance des Marktes für Kreditverbriefungen die Qualität der Papiere sein. Dabei gilt es, ein klares Regelwerk zu etablieren, das sich an den börslichen Überwachungsmechanismen orientiert und eine Standardisierbarkeit sowie eine hohe Transparenz der Produkte vorsieht. Auch das Aschenputtel-Prinzip „Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen“, wonach Banken nur ausfallgefährdete Darlehen verbriefen und gute Kredite in den Büchern behalten, muss ausgeschlossen werden.
Sollte es gelingen, ein diesen Prinzipien verpflichtendes Regelwerk für hochwertige Verbriefungen zu initiieren, wäre zumindest die Basis für einen ABS-Markt geschaffen, der mit der Zockerei aus Zeiten vor der Finanzmarktkrise nichts mehr zu tun hätte. Die EZB wird damit freilich dem Spannungsfeld zwischen Geldmarktpolitik und Finanzmarktstabilität nicht entkommen können und bewegt sich, wie es Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber ausgedrückt hat, weiter in einem „Minenfeld von politischen Interessenskonflikten“.
Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten der Baader Bank
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