Kommentar
12:06 Uhr, 05.08.2022

Kräftige Kursausschläge nach den Zahlen von Uber, Advanced Micro Devices und PayPal – Wie geht’s weiter bei diesen Technologieaktien?

Nachdem die Ergebnisse von Alphabet in der Vorwoche für Euphorie im Tech-Sektor gesorgt hatten, haben zuletzt einige andere Unternehmen Zahlen präsentiert. Wie bullisch die Stimmung in dem Bereich inzwischen ist zeigt, dass etliche Aktien selbst enttäuschende Ausblicke der Firmen schnell wegstecken.

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Die Party am US-Aktienmarkt nimmt Fahrt auf. Neben den guten Quartalszahlen und Ausblicken der führenden US-Technologiefirmen, wie Apple und Amazon, trägt dazu gerade auch die Aussicht auf eine Kehrtwende der Fed nach der jüngsten Sitzung bei. Laut der Einschätzung vieler Investoren könnte die Fed wegen den zunehmenden Rezessionssignalen bei der nächsten Sitzung am 21. September die Leitzinsen nicht mehr so stark anheben wie bei der jüngsten, als die Zinsen um 75 Basispunkte (0,75 Prozentpunkte) angehoben worden waren auf 2,25 bis 2,50 Prozent.

In einem Umfeld sinkender Zinsen für zehnjährige US-Anleihen greifen Investoren üblicherweise gerade bei Growth-Aktien, sprich den Technologieaktien kräftig zu, nach dem Motto: je schwächer die US-Konjunktur ist, umso mehr braucht man Aktien von Growth-Unternehmen, also Unternehmen mit starkem Wachstum, gerade auf der Umsatzseite. Daher ist der Nasdaq Composite in den vergangenen Tagen deutlich stärker gestiegen als der S&P500.

Da sehen Investoren darüber hinweg, dass die sinkenden US-Zinsen nicht nur eine deutliche Konjunkturabkühlung, sondern eine Rezession widerspiegeln dürften, die das Geschäft der Technologiefirmen erheblich belasten sollte. Nach den guten Ausblicken von Amazon und Apple in der Vorwoche ist diese Sorge aber zumindest kurzfristig in den Hintergrund gerückt, weshalb die Tech-Aktien auf der Überholspur sind.

Bullischer Ausblick von Uber

Umso mehr haben Investoren die Zahlen von Uber Technologies gefeiert. Der Fahrtdienstleister, der zudem über die Tochter UberEats Essen ausliefert, hat im vergangenen Quartal die Bruttobuchungen um 33 Prozent auf 29,1 Mrd. Dollar gesteigert. Dabei ist der Umsatz um 105 Prozent auf 8,1 Mrd. Dollar nach oben geschossen, währungsbereinigt waren es sogar 111 Prozent. Das lag weit über den Schätzungen der Analysten von 7,4 Mrd. Dollar.

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Zudem erreichte der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) 364 Mio. Dollar, was ebenfalls weit über den Erwartungen lag. Im Vorjahr war noch ein Ebitda-Verlust von 509 Mio. Dollar zu Buche gestanden. Vorstandschef Dara Khosrowshahi sagte daher stolz, dass der Konzern nun einen Free Cashflow von 382 Mio. Dollar erwirtschaftet habe. Der Free Cashflow wird errechnet, indem man vom Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit die Investitionen abzieht.

Gleichzeitig ist die Zahl der monatlich aktiven User auf 122 Mio. geklettert. Uber kommt zugute, dass der Konzern im Gegensatz zum Rivalen Lyft noch einen Essenlieferdienst betreibt, womit jeder zusätzliche Umsatz die Profitabilität erhöht. Im laufenden Quartal soll sie sich weiter verbessern. Bei einem Anstieg der Bruttobuchungen auf 29 bis 30 Mrd. Dollar soll das bereinigte Ebitda laut Khosrowshahi auf 440 bis 470 Mio. Dollar zulegen. Das liegt deutlich über den Schätzungen von knapp über 390 Mio. Dollar. Wachstumsmotor gegenüber dem Vorquartal soll vor allem das Fahrdienstleistungsgeschäft sein, während die Bruttobuchungen im Bereich Essenlieferungen stabil bleiben sollen.

Wie könnte es mit der Aktie weitergehen? Analysten sagen für 2023 eine Verdoppelung des Ebitda auf 3,3 Mrd. Dollar vorher, während Uber beim Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) den Turnaround schaffen und knapp 201 Mio. Dollar erwirtschaften soll. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen ist der Konzern mit einem Börsenwert von herben 63,1 Mrd. Dollar meiner Meinung nach extrem hoch bewertet. Wegen der guten Stimmung für Techwerte im Allgemeinen und dem guten Ausblick von Uber im Speziellen, dürfte die Aktie allerdings dennoch auf Erholungskurs bleiben.

Großaktionär drängt PayPal zu kräftigen Kostensenkungen

Ebenso wie bei Uber haben Investoren auch die Vorlage der Ergebnisse von PayPal mit kräftigen Kursgewinnen gefeiert. Der Zahlungsabwickler hat gemeldet, dass im zweiten Quartal das Zahlungsvolumen um 9 Prozent auf 339,8 Mrd. Dollar gestiegen ist, währungsbereinigt lag das Plus bei 13 Prozent. Dabei legte der Umsatz um 9 Prozent auf 6,8 Mrd. Dollar zu (währungsbereinigt 10 Prozent).

Geradezu euphorisch reagierten Anleger auf die Nachricht, dass der aktivistische Investor Elliott Investment Management mit 2 Mrd. Dollar bei PayPal eingestiegen ist, und den Konzern zu kräftigen Kostensenkungen drängt. PayPal-Chef Dan Schulman hat angekündigt, dass die jüngsten Kostensenkungen im Gesamtjahr zu Einsparungen von 900 Mio. Dollar führen werden. Im kommenden Jahr sollen sie sich inklusive neuer Maßnahmen sogar auf 1,3 Mrd. Dollar summieren. Zudem hat der Konzern ein neues Aktienrückkaufprogramm von 15 Mrd. Dollar aufgelegt, wovon rund 4,0 Mrd. Dollar auf das laufende Jahr entfallen sollen.

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Der Ausblick des neuen Finanzchefs Blake Jorgensen, der zuvor in ähnlicher Position bei Electronic Arts, Levi Strauss & Co., sowie bei Yahoo! Aktiv war, kann sich ebenfalls sehen lassen. Der Umsatz soll im laufenden Quartal 6,8 Mrd Dollar erreichen, das entspräche einem Plus von 10 Prozent (währungsbereinigt 12 Prozent). Zudem bestätigte Jorgensen die Erlösprognose für das Gesamtjahr. Außerdem hob er den Ausblick für den bereinigten Gewinn je Aktie leicht an von 3,81 bis 3,93 Dollar auf 3,87 bis 3,97 Dollar, im Vergleich zu 4,60 Dollar für 2021.

Nach dem US-Bilanzierungsstandard GAAP sollen es allerdings nur 1,52 bis 1,62 Dollar werden, nach 3,52 Dollar für 2021. Die herbe Lücke zwischen dem bereinigten Gewinn je Aktie und der GAAP-Zahl beruht vor allem auf der aktienbasierten Vergütung von Mitarbeitern, sowie den dazugehörigen Sozialversicherungsbeiträgen. Aber keine Sorge, die Analysten und Investoren schauen – wie in Aufschwungsphasen an den Börsen üblich – „natürlich“ auf den bereinigten Gewinn je Aktie.

Laut dem Konsens der Analysten soll der Gewinn je Anteilsschein im kommenden Jahr um mehr als 20 Prozent nach oben schießen. Mit einem 2023er-KGV von 20,5 ist PayPal zwar nicht gerade günstig. Die leichte Erhöhung der Gewinnprognose und die Erwartung, dass der neue Großaktionär in den nächsten Jahren auf eine deutliche Steigerung der Profitabilität und der Weitergabe des Cashs an die Anteilseigner drängen wird, sollte die PayPal-Aktie dennoch weiter beflügeln.

Advanced Micro Devices enttäuscht mit Prognose

Hingegen haben Investoren alles andere als begeistert auf den Ausblick von Advanced Micro Devices (AMD) reagiert, woraufhin die Aktie kurz eingebrochen war. Der nach Intel weltweit zweitgrößte Hersteller von Mikroprozessoren hat zwar in den vergangenen Quartalen Marktanteile gegenüber Intel gewonnen und dabei gerade von der Nachfrage nach Server-Chips für Rechenzentren profitiert. Zudem hat Vorstandschefin Lisa Su bei der Vorlage der Quartalszahlen die Umsatzprognose des Konzerns von 26,3 Mrd. Dollar für das Gesamtjahr bestätigt, was einem Wachstum von 60 Prozent entspricht. Neben der Übernahme von Xilinx Mitte Februar ist dafür vor allem die Nachfrage nach Server-Chips verantwortlich.

Advanced Micro Devices Inc.
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Allerdings hat Su für das laufende Quartal – trotz eines geplanten Anstiegs um knapp 55 Prozent - einen Umsatz von lediglich 6,7 Mrd. Dollar prognostiziert, das lag unter den Erwartungen der Analysten von 6,81 Mrd. Dollar. Die Vorstandschefin räumte ein, dass der Absatzrückgang im PC-Segment, dem wichtigsten Umsatzlieferanten von AMD, stärker sei als erwartet. Sie geht nun davon aus, dass das Geschäft in dem Bereich im „mittleren Zehner-Prozent-Bereich“ zurückgehen wird, vor drei Monaten hatte Su noch ein Minus im oberen einstelligen Prozentbereich für 2022 vorhergesagt. Die neue Prognose hat bei Investoren die Sorge geschürt, dass die Lagervorräte von AMD von zuletzt insgesamt 2,6 Mrd. Dollar zu groß sein könnten für die deutliche Abschwächung des Marktumfelds.

Im zweiten Quartal hat AMD den Umsatz um 70 Prozent auf den Rekord von 6,55 Mrd. Dollar gesteigert und die Erwartungen von 6,53 Mrd. Dollar leicht übertroffen. Der bereinigte Gewinn je Aktie traf die Schätzungen genau. Dass ebenso wie bei PayPal auch bei AMD eine „kleine“ Lücke zwischen dem bereinigten Gewinn je Aktie und dem GAAP-Gewinn ist, sollte niemanden überraschen. Ersterer war im vergangenen Quartal um 67 Prozent auf 1,05 Dollar nach oben geschossen, letzterer hingegen um 53 Prozent auf 0,27 Dollar eingebrochen. Neben dem kräftigen Kostenanstieg ist dafür nicht zuletzt die höhere Aktienanzahl aufgrund der Xilinx-Übernahme verantwortlich.

In einem Umfeld, in dem sich die Stimmung für die US-Tech-Werte seit dem Start der Quartalssaison und gerade der scheinbaren Kehrtwende der Fed stark verbessert hat, sollte die AMD-Aktie die schlechten Nachrichten allerdings schnell wegstecken und schon sehr bald den Anfang Juli gestarteten Erholungskurs fortsetzen. Auch wenn das Papier mit einem 2023er-KGV von 21,5 für ein zyklisches Geschäft alles andere als günstig ist, zumal die Gewinnschätzungen für die nächsten paar Quartale auf sehr wackeligen Beinen stehen, wenn nicht nur die US-Wirtschaft, sondern auch die Weltwirtschaft in eine Rezession abrutschen sollten, was leider jeden Tag wahrscheinlicher wird.

In der kommenden Woche flaut die Quartalssaison bei den US-Techs schnell ab.

Dann werden sich die Augen der Investoren auf kleinere Unternehmen richten, so legt am Montag, 8. August der Spielehersteller Take-Two Interactive die Ergebnisse vor. Am 11. August zieht der Hersteller von Elektroautos Rivian nach. Derzeit ist allerdings kein Grund absehbar, weshalb die Stimmung für die US-Techs nicht gut bleiben sollte. Oder sollte genau dieser Umstand Anleger stutzig machen?

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