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17:15 Uhr, 08.10.2008

Konzertierte Leitzinssenkung: Notenbanken werden zu Notbanken

Externe Quelle: Nord/LB

Um 13.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit haben die Federal Reserve, die EZB, die Bank of England, die Bank of Canada und die Schwedische Riksbank ihre jeweiligen Leitzinsen in einer konzertierten Aktion um 50 Basispunkte gesenkt. Die Schweizer Nationalbank ermäßigte zeitgleich den LIBOR-Zielsatz um 25 Basispunkte, die Bank of China nahm die Reserve Requirement Rate um 50 und die 1-Year Lending Rate um 27 Basispunkte zurück. Bereits zuvor hatte die Bank of Australia die Cash Target Rate um 100 Basispunkte gesenkt. Als einzige große Notenbank nahm die Bank of Japan keine Leitzinsänderung vor.

Auch wenn die jüngsten Äußerungen von Ben Bernanke und Jean Claude Trichet mit einer gehörigen Portion Phantasie vielleicht in Richtung eines sich ankündigenden Zinsschrittes interpretiert werden konnten, kamen die heute Mittag verkündeten Maßnahmen doch wie ein Paukenschlag. Vor nicht ganz einer Woche hatte Reuters Volkswirte von 60 Banken, darunter auch uns, danach befragt, für wie wahrscheinlich eine abgestimmte Zinssenkung der großen Notenbanken angesehen wird. Im Median wurde einem solchen Schritt eine Wahrscheinlichkeit von 30 Prozent beigemessen – aber das ist jetzt ja auch schon einige Tage her. Überraschende Ereignisse von großer Tragweite lösen entsprechende Marktreaktionen aus: Der DAX konnte im unmittelbaren Angesicht der Meldungen um 13.00 Uhr rund 150 Punkte zulegen, der Bund Future lief spiegelbildlich in der Spitze um knapp 100 Ticks nach unten, der Euro verteuerte sich gegenüber dem US-Dollar in einer ersten Kursbewegung um rund einen Cent. An der Chicago Board of Trade lief der Dow Jones Industrial Index Future zunächst um rund 400 Punkte nach oben. Hüben wie drüben sind die Kurse inzwischen aber bereits in die Nähe ihrer Ausgangsniveaus von heute Vormittag zurückgekehrt. Für den ersten Augenblick bleibt also nicht viel mehr als ein kurzer Strohfeuereffekt und gemessen an den heftigen Bewegungen der vergangenen Tage war der noch nicht einmal besonders groß.

Die unmittelbaren Auswirkungen der Zinssenkungen auf die angespannte Liquiditätsverfassung der Märkte dürfen angesichts träger geldpolitischer Transmissionsmechanismen gerade auch in dieser Dosierung getrost als vernachlässigbar angesehen werden. Über den Tag hinaus stellt sich vielmehr die entscheidende Frage, ob der heutige Schritt der Notenbanken dabei hilft, das mehr und mehr schwindende Vertrauen der Märkte zumindest aufzufangen und möglicherweise sogar zu stabilisieren. Eine denkbare Antwort wäre die, dass die Notenbanken es mit ihrer Rolle als „Notbanken“, also als verlässlicher Lender of Last Resort, ernst meinen und dies vor allem darüber sehr unmissverständlich zum Ausdruck gebracht haben, dass sie sich auf ein gemeinsames Handeln verständigen konnten. Flapsig formuliert könnte die Botschaft also lauten: Wie viele Schwierigkeiten die Banken auch immer vor der Tür und im Keller haben mögen, die Notenbanken werden sie schon wegräumen. Eine andere und durchaus bedenkliche Interpretation könnte aber auch dahin gehen, dass die heutigen Maßnahmen in die Nähe einer Verzweiflungstat zu rücken sind. Da muss man sich dann auch fragen dürfen, welches As die Geldpolitik denn noch auf der Hand hat, wenn es schon so weit gekommen ist.

Fazit: Die konzertierte Leitzinssenkung der großen Notenbanken kam überraschend und damit wie ein Paukenschlag. Erste positive Marktreaktionen sind inzwischen schon wieder verpufft. Die geldpolitischen Entscheidungsträger haben die jüngsten Maßnahmen in seltener Einigkeit ergriffen. Das ist erfreulich und dokumentiert die Verantwortung, die man für die globalen Finanzmärkte und die Weltwirtschaft zu übernehmen bereit ist. Ob die Notenbankaktionen dazu beitragen können, das Vertrauen der Marktteilnehmer zu stabilisieren oder eher als Verzweiflungstat gewertet werden müssen, ist ein offene Frage. Wir hoffen sehr auf einen guten Ausgang.

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Über den Experten

André Rain
André Rain
Technischer Analyst und Trader

André Rain ist seit dem Jahr 2000 im Aktienhandel aktiv. Hier startete er bereits mit seiner autodidaktischen Ausbildung in Chartanalyse. Die Faszination für die Charttechnik führte ihn im Mai 2005 zu GodmodeTrader, dem Vorgänger-Portal von stock3.com, wo er als Technischer Analyst mit Schwerpunkten auf Aktien- und Indexanalysen tätig ist. Seit 2004 handelt er privat intensiv Aktien und Hebelzertifikate im kurzfristigen Zeitfenster von wenigen Minuten bis mehreren Stunden. Dabei hat er sich auf den Handelsstil des Ausbruchstradings spezialisiert, mit dem er an kurzen, dynamischen Marktbewegungen partizipiert. Seiner Meinung nach ist der Chart das beste Instrument zur Auswertung und Prognose von Bewegungen an den Finanzmärkten.

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