Kommentar
12:18 Uhr, 20.05.2022

Konsum auf Kredit: Dank rasant steigender Zinsen eine große Sorge

Erst gaben Regierungen mit vollen Händen Geld aus, um einen pandemiebedingten Wirtschaftscrash zu verhindern, jetzt sind es die Verbraucher.

In diesem Konjunkturzyklus läuft alles ein wenig schneller ab. Die Rezession im Frühjahr 2020 war kurz. Das war nicht zuletzt den Staatsausgaben zu verdanken. In den USA waren die Ausgaben am offensichtlichsten. Über 800 Mrd. Dollar wurden über Schecks direkt an Haushalte ausbezahlt. Arbeitslosengeld konnte zudem länger bezogen werden und es wurde zeitweise um 600 Dollar pro Woche aufgestockt. Unternehmen wurden bezahlt, um Jobs zu erhalten. Für viele Kredite galt vorübergehend ein Moratorium. Wer trotz Hilfen seine Miete nicht zahlen konnte, war geschützt. Zwangsräumungen wurden ausgesetzt. Insgesamt beliefen sich die Hilfen auf 5 Billionen Dollar oder 25 % der Wirtschaftsleistung. Wer vor der Pandemie nicht wusste, wie Helikoptergeld aussieht, weiß es spätestens jetzt.

Beim Verteilen von fünf Billionen Dollar mit der Gießkanne ist es kein Wunder, dass sich die Wirtschaft schnell erholte. Vor allem der Privatkonsum schob die Wirtschaft an. Der Güterkonsum stieg sprunghaft an und liegt noch immer deutlich über Trend. Inzwischen liegt auch der Dienstleistungskonsum nicht nur über dem Vorkrisenniveau, sondern ebenfalls über Trend (Grafik 1).


Jeder fragt sich, wie lange dieses hohe Konsumtempo beibehalten werden kann. Oft wird angeführt, dass Haushalte auch viel gespart haben. Ein Teil des staatlichen Geldes wurde aus die Seite gelegt. Inzwischen liegen die monatlichen Sparbeträge unter Trend (graue Line, Grafik 1). Obwohl weniger gespart wird, sind noch zwei Billionen aus den ersten Pandemiequartalen vorhanden. Damit lässt sich noch viel Konsum finanzieren.

Die Sache ist jedoch komplizierter. Das Ersparte ist ungleich verteilt. Die Schichten mit geringen Einkommen haben das in der Pandemie Ersparte größtenteils aufgebraucht. Alle anderen Einkommensgruppen dürften wie in früheren Perioden das zusätzlich Ersparte über viele Jahre abbauen, wenn überhaupt. Woher kommt dann das hohe Konsumtempo, wenn nicht aus dem Ersparten? – Kredit.

Die Kreditnachfrage steigt vor allem bei Konsumkrediten (Kreditkarte, Autokredite). Für einige Kreditarten ist die Historie kurz. Nichtsdestotrotz ist die hohe Nachfrage nach Konsumkrediten bemerkenswert, insbesondere bei Kreditkarten (Grafik 2).


Banken sind derzeit noch bereit, den Kredit auch zu vergeben. Die Vergabekriterien sind noch locker (Grafik 3). Eine Trendwende deutet sich bereits an. Noch sind die Vergabekriterien aber alles andere als strikt. Wer will, bekommt Kredit.

Haushalte nutzen diese Möglichkeit. Im vergangenen Quartal stiegen revolvierende Konsumkredite (größtenteils Kreditkarten) um fast 60 Mrd. Dollar an (Grafik 4). Das ist ein Rekord. Es ist der mit Abstand größte Betrag der Geschichte. Auch relativ zur Wirtschaftsleistung ist der Anstieg sehr groß und der sechstgrößte der gesamten Datenhistorie seit 1943.

Der Konsum schiebt die Wirtschaft an. Das klingt zwar gut, doch die Basis ist ungesund. Viel Konsum wird nicht aus Einkommen oder Ersparnissen finanziert, sondern auf Kredit. Allein für Kreditkartenschulden müssen Amerikaner bereits jetzt mehr als 100 Mrd. an Zinsen pro Jahr zahlen. In einer Phase, in der die Zinsen rasant ansteigen, ist der Konsum auf Kredit eine Sorge.

Clemens Schmale


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    Aus meiner Sicht

    Herr Bernecker vertritt die Ansicht, dass es (noch) eines finalen Momentes bzgl. der Kursverluste bedarf.
    Also einen Skandal und / oder Pleite, um die Kursverluste aufzuhalten.
    Vielleicht ist es dieser: Privat-Kredit.

    13:05 Uhr, 20.05.2022

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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