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12:30 Uhr, 14.05.2010

Konjunkturoptimismus: wenig Potenzial für Verbesserungen, viel Spielraum für Verschlechterung

Externe Quelle: UniCredit

Der zyklische konjunkturelle Rückenwind für die Aktienmärkte wird schwächer werden. Wichtige ökonomische Sentiment-Indikatoren (wie z.B. die ifo Erwartungen) bewegen sich in der Zone vergangener Hochpunkte. Die Schlüsselfrage, die sich für einen Investor stellt lautet: „Wie wahrscheinlich ist es, dass sich der gegenwärtige Konjunkturoptimismus auf Sicht der kommenden 3-6 Monate noch weiter steigern lassen wird“. In unseren Augen sind die Chancen gering und eine Verschlechterung sehr wahrscheinlich. Der Konjunkturoptimismus wird durch den nachlassenden Impuls vom Lagerhaltungszyklus gebremst. Darüber hinaus zeigen die Schuldenkrise der EWU-Länder und die Strategien zu ihrer Überwindung, dass stärkere Sparmaßnahmen zunächst die Konjunkturaussichten für 2011 belasten werden. Auch andere Länder beginnen der Defizitreduzierung einen größeren Stellenwert einzuräumen. Der neue britische Premierminister Cameron hat Sofortmaßnahmen zur Reduzierung des Defizits angekündigt und selbst die australische (!) Regierung hat mit explizitem Verweis auf die europäischen Ereignisse diese Woche angekündigt, dass sie die Budgetkonsolidierung forcieren wollen. Die Erfahrung aus vergangenen Zyklen hat gezeigt, dass Aktieninvestments im Umfeld eines oberen Wendepunktes im Konjunkturoptimismus ein unattraktives Chance/Risiko- Verhältnisses auf Sicht der nächsten Monate aufweisen. Die Indizes aus der Gruppe der Wachstumsstärksten Ländern konnten in 2010 die bisherigen Höchstkurse nicht signifikant überbieten und eine schwächere Performance wäre ein Indiz für schwächere Konjunkturkraft.

In den vergangenen Jahren bedeutete ein fester USD ein schlechtes Umfeld für Aktieninvestments. Die Signale die von dem festen USD für den europäischen Aktienmarkt ausgehen sind ambivalent. Die Grafik oben zeigt, dass sich in Phasen einer USD-Stärke der Euro STOXX 50 in den vergangenen Jahren schlechter entwickelt hat als in den gegenteiligen Phasen (USD-Wechselkurs als Indikator für höhere Risikoaversion der Investoren). Auf der anderen Seite bedeutet ein fester USD für sich isoliert betrachtet (ceteris paribus) natürlich auch positive Impulse für Konjunktur und Unternehmensgewinne. Die Bedeutung des Wechselkurses für den Gewinntrend der Unternehmen wird jedoch in unseren Augen oft überschätzt. Zudem ist davon auszugehen, dass infolge von in der Vergangenheit getätigten Währungsabsicherungen die positiven Effekte eines niedrigeren Euro-Kurses erst mit (großer) Zeitverzögerung spürbar werden sollten. Darüber hinaus werden die Unternehmen natürlich auch durch höhere Importkosten belastet.

EWU: Die Regierungen versuchen, mit einem neuen Rettungspaket Zeit für die Umsetzung von Reformen zu gewinnen. Am 9. Mai haben die Staats- und Regierungschefs ein neues EUR 750Mrd. schweres Rettungspaket beschlossen und die EZB hat den selektiven Kauf von Staatsanleihen am Sekundärmarkt beschlossen. Diese Beschlüsse der Staatsund Regierungschefs und der EZB haben die EWU-Krise auf eine neue Stufe gehoben. Dies gilt im Hinblick auf die Höhe der eingesetzten Geldsummen und Instrument, die Bandbreite der Szenarien für das mittel- bis langfristige ökonomische Umfeld und die damit verbundenen Risiken. In unserem Strategy Flash vom 27. April haben wir hervorgehoben, dass der Rettungsplan für Griechenland wirken kann aber das sich die Eurozone insgesamt nicht durch das "gegenseitige Leihen von Geld" retten kann wenn mehrere Länder gleichzeitig in Schwierigkeiten kommen sollten. Mit den neuen Beschlüssen (Begebung von EU-Anleihen in begrenztem Umfang, Begebung von Anleihen eines SPV die von den Mitgliedsländern garantiert werden) versucht man "neue Wege" zu gehen. Aber auch die Garantien des besten Schuldners würden ihren ökonomischen Wert verlieren wenn seine Leistungsfähigkeit überstrapaziert wird. Umfangreiche und kontinuierliche Käufe von Staatsanleihen durch die EZB würden den Charakter der EWU verändern (Risiko einer "Inflationsgemeinschaft") und die politischen Spannungen unter den Mitgliedsländern erhöhen die das Vertrauen in den Euro belasten.

Solange die Ursachen für die Spannungen in der EWU nicht beseitigt sind besteht das Risiko, das sie zu einer Glaubwürdigkeitskrise eskalieren könnten. In unseren Augen zählen folgende Aspekte zu den Entwicklungen die für Investoren aufschlussreiche Informationen über die Entwicklung der Risiken geben:

- Reformen: Eine zügige Umsetzung von Reformen (Defizit, Wettbewerbsfähigkeit) würde das Vertrauen in die Fähigkeit zur mittelfristigen Beseitigung der Ursachen der Spannungen in der EWU stärken. Die jüngsten Beschlüsse von Spanien sind ermutigend. Risiko: Sollte es Anzeichen dafür geben, das der Reformwille vor dem Hintergrund jüngster Käufe von Staatsanleihen durch das Eurosystem nachlassen sollte wäre dies sehr negativ. Dies gilt insbesondere für die Umsetzung der Reformen in Griechenland.

- EZB: In welchem Umfang kauft das Eurosystem Staatsanleihen?

- Währungen: Eine weitere Abschwächung des Euro- Wechselkurses wäre ein Misstrauensvotum inländischer und ausländischer Investoren gegenüber dem Euro. Ein deutlicher Anstieg des Goldpreises (in USD und Euro) wäre ebenfalls ein Zeichen für bestehende Risiken.

- Aktienmärkte: Wie entwickeln sich die Aktienindizes der europäischen Länder mit dem größten fiskalischen Anpassungsbedarf (Griechenland, Portugal, Spanien)? Neue Tiefstkurse in diesen Indizes würden in Einklang mit unserer These einer nachlassenden konjunkturellen Unterstützung für die Aktienmärkte stehen. Und auch die anderen europäischen Indizes könnten sich nicht auf Dauer davon abkoppeln.

Strategie: Wir erwarten niedrigere Aktienkurse in den kommenden Monaten – Kapitalerhalt sollte Priorität haben. Nach unserer Einschätzung wird sich der Euro STOXX 50 in den kommenden Monaten (im besten Fall) in einem breiten Seitwärtstrend bewegen in dessen Verlauf jedoch die Lows der letzten Woche noch unterschritten werden. Darüber hinaus besteht ein klares Risiko, dass die Spannungen in der EWU zur Glaubwürdigkeitskrise eskalieren könnten, mit deutlichem Druck auf die Aktienkurse.

Fazit: Das Chance/Risiko-Verhältnis für Aktienengagements verschlechtert sich aus zyklischen Gründen. Die Risken werden durch die Spannungen in der EWU zusätzlich akzentuiert. Risikokontrolle (Kapitalerhalt) sollte in den kommenden Monaten im Vordergrund stehen.

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