Kommentar
12:45 Uhr, 23.08.2011

Konjunkturaussichten trüben sich ein

In den USA deuten verschiedene Frühindikatoren auf eine weitere Eintrübung der Konjunkturaussichten hin. Auch in Deutschland schwächt sich das Wachstum ab. Nach zunächst freundlichem Wochenstart reagierten die internationalen Aktienmärkten erneut mit deutlichen Kursabschlägen. Die Technologiekonzerne Google und Hewlett-Packard bauen derweil ihre Geschäftsmodelle um.

Konjunkturaussichten trüben sich ein

In den USA haben sich die Konjunkturaussichten weiter eingetrübt. In der vergangenen Woche fielen mit dem Empire State sowie dem Philly Fed Index gleich zwei vielbeachtete Frühindikatoren schwächer als erwartet aus. Insbesondere die von der Federal Reserve Bank of Philadelphia (Philly Fed) durchgeführte Befragung wies auf ein pessimistischeres Stimmungsbild unter den Unternehmen hin. Der Index brach auf einen Wert von -30,7 Punkten ein. Im Vormonat hatte der Indikator noch bei +3,2 Punkten gelegen. Trotz robuster realwirtschaftlichen Zahlen für Juli beispielsweise stieg die Industrieproduktion um 0,9 Prozent gegenüber dem Vormonat deuten die zukunftsgerichteten Daten somit auf eine deutliche Abschwächung in den USA hin. Gleichzeitig kletterten Import-, Produzenten- und Konsumentenpreise überraschend stark. Der Wachstums-Inflationsmix hat sich damit weiter verschlechtert.

Darüber hinaus wurde das Wachstum für Deutschland im zweiten Quartal bekannt gegeben. Danach legte das Brutto-Inlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal lediglich um 0,1 Prozent zu. Analysten hatten mit einer dynamischeren Expansion gerechnet. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts bremsten insbesondere der private Verbrauch sowie die Bauinvestitionen die Entwicklung.

Weltweit erneute Kursabschläge

Die Aktienmärke reagierten mit Kurseinbrüchen auf die enttäuschenden Konjunkturdaten. Nach einem freundlichen Wochenstart kam es im weiteren Verlauf zu deutlichen Abschlägen. Im Wochenvergleich gab der MSCI World um 4,6 Prozent nach. Besonders stark betroffen war der als konjunktursensibel geltende deutsche Leitindex. Der DAX verlor auf Wochensicht 8,6 Prozent. Allein am Donnerstag sank das Börsenbarometer um 5,8 Prozent. Es handelte sich dabei um den größten Tagesverlust seit November 2008, dem Höhepunkt der Finanzkrise. Vor allem zyklische Werte waren mit erheblichen Kursrückgängen konfrontiert. Größter DAX-Verlierer war HeidelbergCement mit einem Wochenverlust von 15,5 Prozent. Ebenfalls stark betroffen zeigte sich die Aktie des Stahlunternehmens ThyssenKrupp mit einem Abschlag von knapp 15 Prozent.

Auf europäischer Ebene fielen die Verluste per saldo etwas geringer aus. Der EURO STOXX 50 notierte um 6,4 Prozent leichter. Überdurchschnittlich stark gab dabei die Börse in Mailand nach. Der italienische Leitindex FTSE MIB reduzierte sich um 8,1 Prozent. Vor allem Finanztitel standen unter Verkaufsdruck. In den USA kam es ebenfalls zu erheblichen Kursverlusten. Der marktbreite S&P 500 verlor 4,7 Prozent. Vergleichsweise moderat verlief hingegen die Entwicklung in den Schwellenländern. Der MSCI Emerging Markets verzeichnete eine Abschwächung um 2,1 Prozent.

US-Technologiekonzerne im Umbruch

Die Technologieunternehmen Google und Hewlett-Packard (HP) gaben umfangreiche Pläne zur Weiterentwicklung bzw. Neuausrichtung ihrer Geschäftsmodelle bekannt. Google will dazu die Handysparte von Motorola für 12,5 Mrd. US-Dollar übernehmen. Zusätzlich zu den Fertigungskapazitäten für Mobilfunkgeräte erlangt Google mit dem Kauf vor allem Zugriff auf rund 17.000 begehrte Patente. Damit soll Android, das Smartphone-Betriebssystem von Google, gestärkt werden. Das Programm gilt als größter Konkurrent für Marktführer Apple im zukunftsträchtigen Geschäft mit internetfähigen Mobiltelefonen. An der Börse wurde die Transaktion mit Skepsis aufgenommen. Die Google-Aktie verlor im Wochenverlauf 12,9 Prozent.

Einen drastischen Umbau plant derweil HP. Der größte PC-Hersteller der Welt will sich von seinem Geschäft mit Heimcomputern, Tablets und Smartphones trennen. Bislang steuert das Konsumentengeschäft rund ein Drittel zum Konzernumsatz bei. Allerdings sind die Gewinnspannen gering, da vor allem asiatische Konkurrenten in den vergangenen Jahren aggressiv in den weitgehend gesättigten Markt eingetreten sind. HP-Chef Apotheker will das Geschäft daher stärker auf Firmenkunden und Software ausrichten. Einen Baustein für die neue Firmenstrategie soll Autonomy bilden. Die britische Softwareschmiede gilt als Spezialist für Datenanalyse und -strukturierung und arbeitet hauptsächlich für Großunternehmen und Regierungen. HP hatte Autonomy unlängst zu einem Preis von umgerechnet 8,2 Mrd. Euro erworben und damit einen deutlichen Aufschlag gegenüber dem Börsenwert von rund 7 Mrd. Euro gezahlt. Bislang ungeklärt ist der Verbleib des Konsumentengeschäfts von HP, inklusive der erst kürzlich auf den Markt gebrachten Tablet- und Smartphone-Produkte sowie des zugehörigen Betriebssystems webOS. Nachdem Rivale Google Teile von Motorola erworben hat, könnten dessen Kunden nach Meinung von Branchenbeobachtern einen Interessenskonflikt fürchten und sich auf die Suche nach Alternativen begeben. Mit webOS wäre nun ein Konkurrenzprogramm verfügbar. Die HP-Aktie gab im Wochenverlauf spürbar nach und verlor knapp 27 Prozent an Wert.

Ausblick

Fällt die Weltwirtschaft erneut zurück in die Rezession? Neben den Schuldenproblemen beiderseits des Atlantiks bewegt vor allem diese Frage derzeit die Aktienmärkte. Mit besonderem Interesse werden daher die in dieser Woche zur Veröffentlichung anstehenden Frühindikatoren erwartet. Darüber hinaus hält der Chef der US-Notenbank Fed, Ben Bernanke, am Freitag eine Rede vor Notenbankern aus aller Welt beim jährlichen Treffen der Zentralbanken in Jackson Hole, Wyoming. Vor dem Hintergrund der staatlichen Budgetprobleme, schwächelnder Konjunktur und steigender Inflationsraten erhoffen sich die Marktteilnehmer von den Ausführungen Bernankes Aufschluss über den weiteren geldpolitischen Kurs der USA.

Quelle: Union Investment

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