Kommentar
15:30 Uhr, 02.03.2021

Konjunktur wieder im freien Fall

Anleger an den Aktienmärkten setzen weiter auf eine baldige Erholung von der Pandemie. Quasi-Echtzeitdaten zur Wirtschaftsaktivität in Deutschland zeigen allerdings, dass diese Hoffnung verfrüht sein könnte.

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  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Kursstand: 14.082,00 Pkt (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • DAX - WKN: 846900 - ISIN: DE0008469008 - Kurs: 14.082,00 Pkt (XETRA)

Der wöchentliche Aktivitätsindex (WAI) der Bundesbank soll die Entwicklung der Konjunktur in Deutschland annähernd in Echtzeit abbilden. Neben traditionellen Datenreihen wie der monatlichen Industrieproduktion sowie dem vierteljährlichen Bruttoinlandsprodukt (BIP) fließen in den WAI verschiedene Indikatoren ein, die ohne große zeitliche Verzögerung in wöchentlicher Frequenz zur Verfügung stehen. Dazu gehören unter anderem der Stromverbrauch, das Passantenaufkommen in Einkaufsstraßen, die Anzahl der weltweiten Flüge, Fahrten von Lkws in Deutschland oder Google-Suchanfragen zum Beispiel nach Arbeitslosigkeit.

Der WAI ist so konstruiert, dass sein langfristiger Mittelwert bei null liegt. Der WAI entspricht der trendbereinigten Wachstumsrate der wirtschaftlichen Aktivität in den letzten 13 Wochen (ungefähr ein Quartal) gegenüber den vorangegangenen 13 Wochen. Ein Wert von größer null bedeutet eine überdurchschnittlich stark steigende Aktivität in der Realwirtschaft, ein Wert unter null eine überdurchschnittlich stark sinkende Aktivität.

Zunächst zeigte sich die Konjunktur noch relativ widerstandsfähig gegenüber dem aktuellen Lockdown. Der WAI ging bereits seit September 2020 mehr oder weniger kontinuierlich zurück, dies war nach der starken Erholung vom ersten Lockdown wegen des Basiseffekts aber auch nicht anders zu erwarten. Der WAI bildet wie erläutert immer die Veränderung gegenüber den vorangegangenen 13 Wochen ab. Mit dem Jahreswechsel fiel der WAI bereits wieder in den negativen Bereich.

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In der vergangenen Woche hat sich die Talfahrt deutlich beschleunigt. Für die achte Kalenderwoche bis zum 28. Februar lag der WAI bei minus 1,1 Punkten, wie die Bundesbank am Montag mitteilte. In der Woche zuvor hatte er bei minus 0,7 gelegen. Die trendbereinigte Wirtschaftsaktivität der 13 Wochen bis zum 28. Februar lag also um 1,1 Prozentpunkte unter der Aktivität in den 13 Wochen zuvor. Die (nicht trendbereinigte) WAI-implizierte BIP-Wachstumsrate für die letzten dreizehn Wochen bis zum 28. Februar gegenüber den vorangegangenen dreizehn Wochen lag bei minus 1,8 Prozent.

Ein noch deutlich aktuelleres Bild der Konjunkturentwicklung erhält man, wenn man die Veränderung des WAIs gegenüber der Vorwoche abbildet. Bei dieser Betrachtung wurde der Nullpunkt bereits wieder im September unterschritten und in der vergangenen Woche der am stärksten negative Wert seit Mai 2020 verzeichnet. Der Rückgang der Wirtschaftsaktivität findet nun wieder in einem Tempo statt, wie er zuvor nur im ersten Lockdown aufgetreten war.

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Fazit: Während die Aktienmärkte weiter relativ hoffnungsfroh in die Zukunft blicken, zeichnen Quasi-Echtzeitdaten zur Konjunkturentwicklung aktuell ein anderes Bild: Die Konjunktur, die sich bisher als relativ widerstandsfähig gegenüber dem Lockdown präsentierte, befindet sich inzwischen wieder im freien Fall und kontrahiert nun wieder in einem Tempo, wie es zuvor nur im ersten Lockdown zu beobachten war.

Link: Wöchentlicher Aktivitätsindex für die deutsche Wirtschaft


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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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